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27. Mai 2022
Nachwuchs gewinnen mit überlegtem Ausbildungskonzept
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Nachwuchs gewinnen mit überlegtem Ausbildungskonzept

In der Versicherungsbranche herrscht Nachwuchsmangel. Maklerbetriebe sollten sich daher eigene Ausbildungskonzepte aufbauen, empfiehlt Ronald Perschke von GOING PUBLIC!. Er erklärt, wo der Nachwuchs herkommt, wie eine Ausbildung im Maklerbetrieb funktioniert und wie sich diese Investition lohnt.

Ein Beitrag von Ronald Perschke, Vorstand GOING PUBLIC!, Akademie für Finanzberatung AG

In fast allen Wirtschaftsbranchen herrscht Nachwuchsmangel. Das gilt besonders für die Versicherungs- und Finanzbranche. Der hohe Altersdurchschnitt führt zu einem Rückgang der vorhandenen Vermittler, zugleich wurde die Gewinnung von Nachwuchs immer mehr zurückgefahren. Die Ausbildungsquote bei Banken und Versicherungen liegt aktuell noch bei 4% bis 6,2%. Weniger als ein Fünftel davon wird in Maklerbetrieben oder Agenturen ausgebildet.

Ein allgemein entspannter Arbeitsmarkt, das relativ schlechte Image der Branche und eher überzogene Erwartungen, Beratung durch Digitalisierung ersetzen zu können, führen dazu, dass qualifizierte junge Menschen für unsere wichtige Branche schwerer zu begeistern sind. Dabei wird oft übersehen, dass Finanzprodukte nicht „sexy“ und oftmals komplex sind, also aktiv verkauft und beraten werden müssen.

Die geringe Ausbildungsquote bei Vermittlern ist vor allem darin begründet, dass in der Vergangenheit stark auf die Gewinnung von Mitarbeitern „aus dem Markt“ gesetzt wurde. Aus den genannten Gründen wird das aber immer schwieriger und – aufgrund des entspannten Arbeitsmarktes – tendenziell auch teurer. Deshalb empfiehlt es sich für Maklerbetriebe, mehr eigene Ausbildungskonzepte aufzubauen und die eigene Nachwuchsgewinnung selbst in die Hand zu nehmen.

Die Nachwuchsgewinnung in die Hand nehmen

Dafür bietet sich das Berufsbild „Kaufleute für Versicherungen und Finanzanlagen“ (IHK) sowie ein Bachelor-Studium mit Versicherungs- und Finanzausrichtung an. Beides lässt sich auch flexibel kombinieren, wenn man geeignete Bewerber für ein solches „duales Qualifizierungsmodell“ hat.

Seit 2008 hat GOING PUBLIC! (GP) mit Praxispartnern, den IHKs sowie der Hochschule Kaiserslautern (HSKL) schrittweise das „Premium-Ausbildungskonzept“ entwickelt. Im Gegensatz zum klassischen Ausbildungsweg absolvieren die Azubis den Schulanteil an der Akademie von GP. Sie beenden die Ausbildung aber mit dem gleichen Abschluss bei der IHK. Dadurch, dass GP Träger der Ausbildung ist, können sie diese an den Anforderungen des Vermittlerbetriebs ausrichten. So verbringt der Nachwuchs 80% seiner Ausbildungszeit im Betrieb. Die Azubis sind somit über drei Jahre Ausbildung ca. 100 Tage mehr im Betrieb als bei staatlichen Modellen, wodurch sich das Schulgeld schnell refinanziert.

Für ambitionierte Nachwuchskräfte mit Abitur steht in Kooperation mit der HSKL der berufsintegrierte Fernstudiengang „Bachelor of Arts – Fachrichtung Finanzberatung für Unternehmen und Privatkunden“ zur Verfügung. Dieser lässt sich mit der Berufsausbildung verzahnen, entweder gleich zu Beginn oder zeitversetzt.

Modernes Lehr- und Lernkonzept

In allen Modellen konzentriert sich der Maklerbetrieb auf die praktische Ausbildung. GP bzw. die Hochschule entlasten den Praxispartner von vielen formellen Pflichten der Ausbildungsorganisation und achten auf eine gute Verzahnung von Theorie und Praxis.

Dozenten aus der Praxis, Fokus auf die für die Ausbildung wichtigen Inhalte und hybrides Lernen mit einer digital erprobten Lernplattform sind integrale Bestandteile des Lehr- und Lernkonzepts.

Suchwege für Makler- und Vermittlerbetriebe

Der favorisierte Weg zur Nachwuchsgewinnung sollte zunächst das eigene Netzwerk sein: Mitarbeiter, Kunden, Umfeld. Regionale Einrichtungen wie Schulen, Arbeitsagenturen usw. können angesprochen und zum Beispiel Praktika offeriert werden. Bei streuenden Suchwegen wie Anzeigen, Messen etc. ist der Vermittler meist so stark im Wettbewerb zu größeren Unternehmen, dass es sich nicht lohnt, weil man finanziell und in der Professionalität dort oft nicht mithalten kann.

Durch das Premium-Ausbildungskonzept kann der Vermittlerbetrieb auf sich aufmerksam machen und die Ausbildungskompetenz zum Beispiel auf der eigenen Homepage darstellen.

Bei der Bewerberauswahl – gerade aus dem persönlichen Umfeld – sollte man sich selbst und auch dem Bewerber gegenüber ehrlich sein: Ist derjenige wirklich für die beruflichen Anforderungen des sehr kommunikativen und vertriebsorientierten Vermittlerberufes geeignet? Schon oft wurden aus einem Gefallen heraus Azubis eingestellt und aus einer Fehlauswahl entwickelte sich die Ansicht: „Ausbildung funktioniert ja doch nicht.“ Die Eignung kann man recht gut über eine Kombination aus Auswahlgespräch, Probearbeit oder Assessment-Center testen. Hat der Makler dabei wenig Erfahrung, kann GP den Prozess begleiten. Die Investition zahlt sich bei gelungener Auswahl schnell aus, da man auf diesem Weg langjährig zufriedene Mitarbeiter selbst prägen und binden kann. Ausbildung ist zunächst immer eine Investition von Zeit und Geld. Dazu muss man bereit sein. In einer mehrjährigen Ausbildung erhält man spätestens im Laufe des zweiten Jahres so viel zurück, dass sich die Investition schon innerhalb der Ausbildungszeit rechnet.

Langfristige Bindung guter Nachwuchskräfte

Motivierte junge Leute suchen Perspektiven. Das heißt Verantwortung, Erfolgsaussichten und Weiterbildungsmöglichkeiten im Betrieb. Zum Beispiel über die Qualifikationsstufen Fachwirt/Bachelor/Master kann man junge Leute an das eigene Unternehmen binden und erfolgreiche Ausbildung damit noch krönen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 108f., und in unserem ePaper.

Bild: © Blue Planet Studio – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Ronald Perschke