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23. Oktober 2019
Nahversorgungsimmobilien: Rendite aus boomendem Lebensmitteleinzelhandel

Nahversorgungsimmobilien: Rendite aus boomendem Lebensmitteleinzelhandel

Nahversorgungsimmobilien sind mit einem Gesamtwert rund 250 Mrd. Euro an etwa 28.000 Standorten einer der größten Teilmärkte der deutschen Immobilienwirtschaft. Hohe Wachstumsraten, Produktinnovationen und neue Ladenkonzepte machen sie auch für Anleger zunehmend interessanter.

Von Manuel Jahn, Head of Business Development der Habona Invest GmbH

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Sektor der Nahversorgungsimmobilien in den letzten Jahren drastisch an Bedeutung gewonnen. Der Handel mit Gütern des täglichen Bedarfs überrascht mit hohen Wachstumsraten, erfolgreichen Produktinnovationen und neuen Ladenkonzepten. Allein in den letzten zehn Jahren haben Supermarkt & Co. durch Ausbau und Modernisierung ihrer Ladennetze und Sortimente Umsätze um fast 40 Mrd. Euro steigern können. Ein gewaltiges Wachstumsfeld auch für die Immobilienwirtschaft.

Nahversorgungsimmobilie als lohnendes Investment?

Überdurchschnittliche Wachstumsraten in den Nahversorgungsbranchen stehen ganz im Gegensatz zur Entwicklung im klassischen Einzelhandel in den Innenstädten oder Shoppingcentern, die von nachlassenden Kundenfrequenzen und Umsatzabflüssen in den Onlinehandel betroffen sind. Große Einkaufszentren sehen sich zudem immer größeren politischen Widerständen gegenüber. Welche Ursachen und Trends sind verantwortlich für die Wachstumsdynamik und das Entwicklungspotenzial von Nahversorgungsimmobilien?

1. Megatrend Demografie

Schon heute ist erkennbar, wie sich im Zuge des demografischen Wandels auch die Konsummuster verändern. Die vielfach angenommene Schrumpfung der Bevölkerung wird dagegen ausfallen. Aufgrund der Zuwanderung aus dem Ausland werden auch im Jahr 2035 noch mindestens 83 Millionen Menschen in Deutschland leben. Gleichwohl wird die Gesellschaft unvermindert altern. Denn auch Zuwanderer werden älter und verändern ihre Konsumansprüche. Sicherheit, Gesundheit, Genuss und Tradition sind nicht nur Zielvorstellungen der Älteren, denn in einer alternden Gesellschaft werden auch die Jüngeren mit in die Pflicht genommen. Massenkonsum und unreflektierte Bedarfsdeckung weichen individueller Vorsorge und hohen Qualitätserwartungen.

2. Verlust der Mitte

Höhere Qualitätsansprüche und individuellere Nachfragemuster führen dazu, dass Angebote der Mitte kaum mehr Interesse wecken. Das Internet stellt besonders bei innenstadttypischen Einzelhandelssortimenten wie Mode, Elektronik und Büchern eine bessere Alternative dar. Von wenigen, klar positionierten Ladenangeboten abgesehen, verliert der stationäre Nonfood-Handel substanziell an Boden. Ganz anders das Food-Segment: Lebensmittel sollen nicht mehr vor allem billig sein, sondern ein gutes Gefühl geben. Dies hat den Food-Umsatz stark wachsen lassen. Bio, Regional, Frische, Convenience oder Superfood erfreuen aber nicht nur die Kunden, sondern auch die Anbieter, die mit teureren Produkten auch höhere Margen erzielen.

3. Der neue Konsum: schnell, bequem, kultiviert

Die im gesellschaftlichen Wandel verankerten Treiber werden durch technologische Innovationen noch erheblich verstärkt. So werden mit dem allgegenwärtigen Smartphone Bedürfnisse im Hier und Jetzt geweckt, Wartezeiten, Umwege oder Extrafahrten nicht mehr akzeptiert. Einkaufen ist ein Zeitfaktor, der in Zukunft noch mehr abgewogen wird. Die stetig steigende Erwerbstätigenquote der älteren Jahrgänge und insbesondere bei Frauen führt zu einer wachsenden Kaufkraft von Kunden, die mehr Qualität und mehr Erlebnis wollen, dafür aber wenig Zeit aufbringen wollen.

4. Megatrend Convenience

Zu wenig Zeit, zu viel Information, zu viel Angebot? Der beschleunigte Lebensstil zwingt Menschen, alltägliche Aufgaben möglichst schnell und mühelos zu erledigen. Die Lösung heißt auch im Handel: Convenience. Gewinner dieses Trends sind kuratierte Angebote mit ausgefeilten Sortimenten, aber vor allem: verkehrsgünstige Formate in der Nähe von Wohn- und Arbeitsstätten. Diese Entwicklungen fordern schnelle Konzepte sowie zentrale, gut erreichbare Standorte, die weitere Erledigungen ermöglichen oder in den Tagesablauf gut integriert werden können. Wohnortnahen Immobilien gehört daher die Zukunft.

Investor’s Darling statt Mauerblümchen

Angeschoben durch Modernisierung und neue Formate von Edeka, Rewe oder Lidl & Schwarz werden Standorte mit anderen Nahversorgungsnutzungen wie Drogeriemärkte, Gastronomie oder Ärztehäuser arrondiert und ausgebaut. Eine Spielwiese auch für institutionelle Investoren, die Nahversorgungsimmobilien lange wenig Beachtung schenkten, nun aber nach geeigneten Portfolien aus Supermärkten, Discountern und größeren Nahversorgungszentren suchen.

Wegen dem gewachsenen Investoreninteresse und der günstigen Fundamentaldaten haben sich die Kaufpreise seit 2012 um rund 5% jährlich erhöht. Der Preisanstieg korrespondiert aber mit einem deutlichen Trading-up der Gebäude. Neben der gestiegenen Langlebigkeit des Gebäudes ist auch die Bindung des Mieters an den Standort gewachsen. Gute Nahversorgungsstandorte sind nicht nur durch 15-jährige Mietverträge, sondern auch durch millionenschwere Eigeninvestitionen der Mieter gekennzeichnet. Selbst Green Building Standards gehören heute zum Repertoire von Edeka, Rewe oder Lidl.

Eintagsfliege oder struktureller Umbruch?

Der Lebensmitteleinzelhandel macht vor, wie die Veränderungen im Konsum erfolgreich gemeistert werden: Wie in keinem anderen Einzelhandelssegment wurden die Verbraucherwünsche umgesetzt, Filialen entstaubt und Sortimente modernisiert. Neue Läden rücken räumlich wie gedanklich näher an den Kunden und erfüllen deren Wunsch nach kurzen Wegen.

Politik und Verwaltung erkennen, dass eine gute Nahversorgung wichtig für die Lebensqualität der Wohnbevölkerung und damit für die Attraktivität von Städten und Quartieren ist. Und so mausern sich immer mehr Standorte zu beliebten Treffpunkten der Nachbarschaft. Online-Resilienz, bonitätsstarke Mieter, langfristige Mietverträge und stabile Mietrenditen sind die harte Währung von Nahversorgungsimmobilien. Mit einem spezialisierten Asset-Management-Ansatz gelingt es Investoren auch dauerhaft, überdurchschnittliche Renditen bei überschaubarem Risiko zu erzielen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2019, Seite 82f und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Manuel Jahn