AssCompact suche
Home
Immobilien
13. Februar 2024
Niedrige Wohneigentumsquote „kein Skandal“
house model and house key on table

Niedrige Wohneigentumsquote „kein Skandal“

Die Wohneigentumsquote in Deutschland liegt weit unterhalb des EU-weiten Durchschnitts, während die Mietquote hoch ist. Dies wird von Fachleuten kritisiert. Ein Experte von Colliers wiederum verweist auf die Vorteile einer hohen Mietquote für Investoren. Zudem seien Vergleiche mit anderen Ländern oft irreführend.

Nach Angaben von Eurostat beträgt die Wohneigentumsquote hierzulande 47%. Das sind 22% weniger als der Durchschnitt aller EU-Staaten. Die Mietquote dagegen liegt bei 53%, was häufig als gesellschaftlicher Nachteil angeprangert wird. Schließlich gilt der Erwerb von Wohneigentum nach wie vor als sicherste Form der Altersvorsorge. Felix von Saucken, Head of Residential bei Colliers, sagt dazu: „Es ist richtig und wichtig, dass sich insbesondere junge Menschen vermehrt mit den Möglichkeiten von Wohninvestments beschäftigen sollten, um Eigentum zu bilden. Viele sind von den vermeintlich hohen Einstiegspreisen abgeschreckt und fokussieren sich deshalb nicht auf die langfristigen Vorteile.

Mieten in Deutschland attraktiver als in anderen Ländern

Saucken erklärt weiter: „Genauso richtig ist aber, dass der deutsche Mietmarkt im internationalen Vergleich ein außergewöhnlich hohes Maß an Mieterschutz und Markttransparenz bietet. Das Mieten einer Wohnung ist in Deutschland daher deutlich attraktiver als in den meisten anderen europäischen Ländern und dieser Punkt wird in der Analyse häufig ausgeblendet.“

Geringere Bevölkerungsdichte im östlichen Europa

Länder im östlichen Europa weisen eine deutlich höhere Wohneigentumsquote als die hierzulande auf. Rumänien führt mit einer Quote von 94,8% die europäische Rangliste an. Es folgen die Slowakei, Serbien, Kroatien, Montenegro und Ungarn – alle mit einer Quote von über 90%. In eher ländlich geprägten Regionen liegt die Wohneigentumsquote per se höher als in eher städtisch geprägten Regionen. Die Bevölkerungsdichte ist in Rumänien aber eine andere als in Deutschland. „Rumänien beispielsweise hat 86 Einwohner pro Quadratkilometer, in Deutschland sind es 234“, erläutert Saucken.

Die hohen Eigentumsquoten in den östlichen Ländern würden dem Experten von Colliers zufolge auch gesellschaftliche Nachteile mit sich bringen. So gebe es in den Städten kaum Mietwohnungen, was die Mobilität gerade von jungen Menschen einschränke. Laut Saucken lässt sich die hohe soziale Mobilität in Deutschland aufgrund eines lebendigen Mietmarkts auch als Vorteil werten, der es erleichtert, eine gute Ausbildung zu machen oder die Karriere bzw. den Job zu wechseln.

Der Blick ins Nachbarland Polen

Polen wird oft als vorbildliches Beispiel zur Altersvorsorge durch Immobilieninvestments herangezogen. Die Wohneigentumsquote in Polen beträgt 87%. Verglichen mit Deutschland sind die Anschaffungskosten für Wohneigentum im Nachbarland deutlich niedriger. Jedoch bieten die polnischen Wohnungen im Schnitt über 19 m2 weniger Fläche pro Person als die Wohnungen am deutschen Markt, da viele Ein- und Zweizimmerwohnungen errichtet werden. Saucken hält es für fraglich, dass sich die deutschen Nutzer von Wohnungen mit den polnischen Standards anfreunden könnten.

Andere Finanzierungskonditionen und Förderungen in Spanien

Um zu unterstreichen, dass Vergleiche mit anderen Ländern irreführend sein können, führt der Experte von Saucken auch das Beispiel Spanien an. Auch in den südeuropäischen Ländern ist die Wohneigentumsquote deutlich höher als in Deutschland. In Portugal beträgt sie 78%, in Spanien 76% und in Italien 74%. In Spanien hätten beispielsweise die Banken aber andere Standards zur Finanzierung von Wohneigentum als in Deutschland. Laut Saucken sei man in Spanien beim Thema Eigenkapital weniger restriktiv. In Zeiten der lockeren Geldpolitik sei es in Spanien keine Seltenheit, einen Wohnungskauf zu 100% mit einem Bankdarlehen zu finanzieren.

„Die sorgfältige Finanzierungsprüfung deutscher Banken bei Wohninvestments hat unter anderem dazu geführt, dass Deutschland besser durch die Finanzkrise von 2008 gekommen ist als andere europäische Staaten. Daher sollten wir hier von den hohen deutschen Standards auch nicht abweichen, um Kreditausfallrisiken weiterhin niedrig zu halten und den Finanzmarkt zu stabilisieren“, meint Saucken.

Hohe Mietquote macht Markt interessant für Investoren

„Ein guter Mieterschutz ist die Basis für den stabilen Wohnmarkt in Deutschland. Trotz geringerer Eigentumsquoten müssen wir daher den Vergleich zu anderen europäischen Ländern nicht scheuen“, so Saucken weiter. „Der deutsche Markt bietet in Summe beides: Planbarkeit für Mieter und für Investoren.“

Die hohe Mietquote verhilft dem Wohnmarkt in Deutschland seiner Ansicht nach zu einem Sonderstatus, der ihn für nationale und internationale Investoren gefragt macht. Einerseits seien Mieter durch ein ausgewogenes Mietrecht und einen transparenten Mietspiegel vor Willkür der Eigentümer geschützt, andererseits verfügen die Eigentümer über wirtschaftlich vertretbare Hebel zur kontinuierlichen Mietsteigerung.

Das Ziel, die Eigentumsquote in Deutschland durch eine bessere Finanzbildung bei jungen Menschen zu steigern, lasse sich Saucken zufolge mit diesem Sonderstatus ohne Weiteres vereinen. (tik)

Bild: © ARAMYAN – stock.adobe.com