Am Freitag, den 08.08.2025, hat die NÜRNBERGER bekannt gegeben, dass sie sich in Verhandlungen über eine „strategische Zusammenarbeit“ mit der Vienna Insurance Group (VIG), der führenden Versicherungsgruppe in Zentral- und Osteuropa befindet. Demnach strebt die VIG die „Übernahme einer kontrollierenden Mehrheitsbeteiligung“, also von mehr als 50%, an, wie die beiden Unternehmen übereinstimmend in Pressemitteilungen verkündet haben.
Eine entsprechende Due-Diligence-Prüfung sei der nächste Schritt, erklärt die NÜRNBERGER. Während der Hauptversammlung im Mai dieses Jahres hatte die NÜRNBERGER, die im Geschäftsjahr 2024 ein Konzernergebnis von -77 Mio. Euro hinnehmen musste, erklärt, dass die Franken ihre Unabhängigkeitsstrategie einer „ergebnisoffenen Prüfung“ unterziehen wollten.
Deshalb fiel die Entscheidung auf die VIG
Man habe überprüfen wollen, ob „die vom Unternehmen verfolgte Strategie der Unabhängigkeit auch angesichts der derzeitigen Transformation für die Zukunft im Unternehmensinteresse liegt oder der Weiterentwicklung bedarf und welche Handlungsoptionen die Gesellschaft hat“. Vor diesem Hintergrund habe das Unternehmen in den letzten Wochen mit mehreren Versicherern über einen Einstieg als Investor bei der NÜRNBERGER gesprochen, heißt es in der Pressemitteilung vom Freitag.
Nach Auswertung der Gespräche habe sich der Vorstand entschieden, zunächst die Gespräche mit der VIG zu vertiefen. Beweggründe für die Entscheidung für die VIG seien strategische Optionen, finanzielle Investmentindikatoren sowie die Zusagen der VIG zur Standortsicherung und zum Erhalt der Marke und der Identität der NÜRNBERGER.
Derzeit sei „das Ergebnis der Prüfungen und der Verhandlungen über Einzelheiten einer Transaktion ebenso offen wie deren Zustandekommen“. Eine Entscheidung über eine mögliche Beteiligung soll voraussichtlich im vierten Quartal fallen.
NÜRNBERGER-Aktie klettert nach Bekanntmachung nach oben
Die Übernahme wäre ein Gewinn für die österreichische VIG, die in Deutschland bereits über ihre Tochtergesellschaft InterRisk vertreten ist. Die NÜRNBERGER könnte als deutscher Erstversicherer zur weiteren Diversifikation des Portfolios beitragen, erklärt die VIG.
Nachrichten über den potenziellen Verkauf gaben am Freitag der Aktie der NÜRNBERGER deutlichen Rückenwind. War sie am Freitagmorgen noch mit 52,60 Euro in den Handelstag gestartet, lag sie um etwa 10 Uhr bereits um die 60 Euro, ein Anstieg von etwa 14%.
Der Unternehmenswert der NÜRNBERGER an der Börse liegt bei etwas über 600 Mio. Euro. Sie hat eine Reihe von großen Aktionären aus der Branche. Laut Geschäftsbericht der NÜRNBERGER Beteiligungs-AG 2024 ist die Munich Re mit 19,1%, die Neue SEBA Beteiligungsgesellschaft mit 18,9% beteiligt. Weitere Anteilseigner sind die Versicherungskammer Bayern mit 16,3% sowie die japanische Daido Life Insurance Company mit 15%.
So geriet die NÜRNBERGER in Schieflage
Das negative Konzernergebnis 2024 führte der Versicherer vor allem auf das tiefrote Ergebnis in der Schaden- und Unfallsparte zurück. Hier fuhren die Franken ein Minus von 157,4 Mio. Euro ein. Verantwortlich seien insbesondere die „stark gestiegenen Schadenaufwendungen aufgrund von Inflation und Großschäden, die Abwicklung von Vorjahresschäden sowie vorgenommene Reservestärkungen“ gewesen, wie der Konzern im April mitgeteilt hatte.
Im Juni gab Vorstandsmitglied Andreas Politycki im AssCompact Interview zudem zu, dass viele der Tarife des Versicherers in der Schaden- und Unfallsparte mit Blick aufs Neugeschäft aus heutiger Sicht zu knapp kalkuliert waren. Auch Naturkatastrophen und Großschäden haben sich belastend auf die Bilanzen ausgewirkt.
NÜRNBERGER auf Sanierungskurs
Derzeit befindet sich das Unternehmen auf Sanierungskurs. Im Mai konnte CEO Harald Rosenberger bereits die ersten Erfolge verkünden, unter anderem mit einer Schaden-Kosten-Quote von unter 100% in der Kfz-Versicherung für das erste Quartal 2025. Zu dem Zeitpunkt erklärte Rosenberger, ein Konzernergebnis von 40 Mio. Euro für das laufende Jahr anzustreben. In der Schadenversicherung ist der erklärte Plan, im Jahr 2027 wieder auf einen grünen Zweig zu kommen.
Zu den Neuigkeiten wollte sich die NÜRNBERGER auf AssCompact Nachfrage am Freitagmorgen über die Ad-hoc-Meldung und Pressemitteilung hinaus nicht äußern. (js)
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