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21. Mai 2021
Ombudsmann: Beschwerden in der Reiseversicherung stark gestiegen

Ombudsmann: Beschwerden in der Reiseversicherung stark gestiegen

Den Ombudsmann für Versicherungen haben im Jahr 2020 insgesamt 13.235 zulässige Beschwerden erreicht, was einen leichten Anstieg darstellt. Pandemiebedingt sind die Eingaben in der Reiseversicherung signifikant angestiegen. Über alle Sparten hinweg seien jedoch Abhilfebereitschaft und Verständnis spürbar gewesen.

Der Ombudsmann für Versicherungen, Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier, ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts und am Bundesgerichtshof, stellte am 20.05.2021 seinen Jahresbericht 2020 vor. Die Verbraucherschlichtungsstelle behandelt seit fast 20 Jahren Beschwerden aus allen Versicherungssparten, ausgenommen der Privaten Krankenversicherung. Der aktuelle sei der dickste Jahresbericht, der bisher erstellt worden sei, so der Ombudsmann.

Vermittlerbeschwerden machen geringen Anteil aus

Im Jahr 2020 erreichten die Schlichtungsstelle 18.133 Beschwerden, von denen 13.235 zulässig waren, was gegenüber 2019 einen leichten Anstieg von 1,8% darstellt. Von den eingegangenen Beschwerden waren 298 gegen Vermittler gerichtet, 106 davon waren letztendlich zulässig, was einen leichten Anstieg von 1,6% im Vergleich zu 2019 bedeutet.

Rechtsschutzversicherung weiterhin Spitzenreiter

Beschwerden zur Lebensversicherung und aus der Hausratversicherung gingen insgesamt um rund 10% zurück, gefolgt von der Allgemeinen Haftpflichtversicherung mit ca. 8% Rückgang. Zuwachs war dagegen in der Kfz-Kasko (+16%) und -Haftpflichtversicherung (+10%) festzustellen. Oftmals bezogen sich die Fälle darauf, dass Berufspendler in Zeiten der Pandemie häufig von den öffentlichen Verkehrsmitteln auf das eigene Auto umgestiegen seien, wodurch dann die jeweils vertraglich vereinbarte Jahresfahrleistung überschritten worden sei. Auch Beschwerden zur Rechtsschutzversicherung (+8%) nahmen wieder zu, hier waren noch immer die Folgen der Dieselabgasaffäre zu spüren. Diese Sparte weist seit fünf Jahren die meisten Beschwerden auf (3.463).

Reiseversicherung: Ca. 80% mehr Beschwerdeeingaben

Die vielen kleineren Sparten, die unter „Sonstige Beschwerden“ statistisch erfasst werden, erhöhten sich ebenfalls deutlich (+15%), wobei die dazu zählende Reiseversicherung allein um fast 80% zulegte. Dieser signifikante Anstieg von Eingaben in der Reiseversicherung war laut Schluckebier die auffälligste Auswirkung der Covid-19-Pandemie auf die Beschwerdethemen und -bearbeitung. Hier forderten Beschwerdeführer die Erstattung der Beiträge zur Reiseversicherung, da diese aufgrund der Stornierung der Reise durch den Veranstalter hinfällig geworden seien. Zudem ging es um die Frage, ob Versicherer die Stornokosten von Reisen übernehmen mussten, von denen die Versicherungsnehmer aufgrund der pandemiebedingten Reisebeschränkungen oder der Sorge, an Covid-19 zu erkranken, zurückgetreten waren. Teilweise reklamierten Versicherer fehlende ärztliche Attestierungen des Rücktrittsgrundes oder diejenigen, die nach lediglich telefonischer Kontaktaufnahme mit dem Arzt erfolgten, was die Beschwerdeführer wiederum mit den Einschränkungen aufgrund des Lockdowns erklärten.

BSV kein großes Thema

Das in der Öffentlichkeit zeitweise breit diskutierte Regulierungsverhalten in der Betriebsunterbrechungs- und Betriebsschließungsversicherung habe sich hingegen dem Ombudsmann zufolge nicht nennenswert auf seine Tätigkeit ausgewirkt, da die Schlichtung auf Beschwerden von Verbrauchern ausgerichtet sei. Auch die Abläufe in der Beschwerdebearbeitung wurden im Berichtsjahr von der Pandemie nicht negativ beeinträchtigt: Laut Dr. Horst Hiort, der zum letzten Mal über die Statistik informierte, da er im Januar 2022 im Alter von 63 Jahren nach dann über 18 Jahren seine Tätigkeit als Geschäftsführer des Versicherungsombudsmann e. V. beenden wird, habe die durchschnittliche Verfahrensdauer bei den im Jahr 2020 beendeten Fällen trotz der Pandemie um 10% weiter verkürzt werden können. Von der Einlegung einer Beschwerde bis zum Verfahrensabschluss vergingen bei zulässigen Eingaben durchschnittlich nur 70 Tage, obwohl die Beteiligten jeweils Gelegenheit erhalten, zu dem Vortrag der anderen Seite Stellung zu nehmen.

Abhilfebereitschaft, Verständnis, Liquiditätsschwierigkeiten

Grundsätzlich sei im Jahr 2020 eine große Abhilfebereitschaft vonseiten der Unternehmen zu spüren gewesen. Aber auch die Beschwerdeführer hätten mit Verständnis reagiert, wenn sie trotz ausbleibenden Erfolgs ihrer Beschwerde die entsprechenden Erläuterungen und Begründungen bekommen hätten. Darüber hinaus sei über alle Sparten hinweg zu bemerken gewesen, dass die Beschwerdeführer größtenteils an einer möglichst schnellen Problemlösung interessiert gewesen seien, was sie jeweils mit pandemiebedingten Liquiditätsschwierigkeiten begründet hätten.

Der Jahresbericht 2020 des Versicherungsombudsmannes ist hier zu finden. (ad)

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