Ein Artikel von Dr. Alexander Ströhl, AssCompact
Nachhaltiges Investieren liegt im Trend. Nachhaltige Aktienfonds sammeln seit Jahren immer höhere Investments bei vielen Anlegerinnen und Anlegern ein. Erst 2021 hat laut dem aktuellen Marktbericht „Nachhaltige Geldanlagen 2022“ des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) das Gesamtvolumen ethisch-ökologischer Investments mit rund 501 Mrd. Euro einen neuen Rekordwert erreicht. Gleichzeitig waren nach Angaben des Berichts im deutschen Markt über 450 nachhaltige Publikumsfonds gemeldet. Woran also können sich Anlegerinnen und Anleger bei der Auswahl „grüner“ Fonds orientieren?
Ethisch-ökologische Kapitalanlage durch Fondsinvestment
Besonders einfach gelingt ein ethisch-ökologisches Investment für Privatanlegerinnen und -anleger mit aktiv gemanagten Fonds oder ihren passiven Pendants, den Exchange Traded Funds (ETFs), die die Kursentwicklung eines bestimmten Börsenindex – zum Beispiel des Weltaktienindex „MSCI World“ mit rund 1.600 Unternehmen aus den Industriestaaten – abbilden. Allerdings spielt – anders als bei aktiv gemanagten Fonds – die Nachhaltigkeit eines Unternehmens für eine Aufnahme in den MSCI World an sich keine Rolle.
In der Regel versehen die ETF-Anbieter ihre „grünen“ Aktienfonds daher zunächst mit dem Akronym „ESG“. Bei einer nachhaltigen Kapitalanlage stehen also nicht nur umweltbezogene Aspekte wie Klimaschutz und -anpassung im Vordergrund (E für Environmental), sondern auch sozial-ethische Aspekte wie Menschen- und Arbeitsrechte (S für Social) oder Aspekte einer guten Unternehmensführung wie Vermeidung und Bekämpfung von Korruption (G für Governance).
ESG-Index-Familie im Überblick
Fondsanbieter haben mittlerweile verschiedene Varianten des Referenzindex MSCI World entwickelt, die in unterschiedlicher Intensität Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Dazu wird in der Regel das ESG-Kürzel mit zusätzlichen Signalwörtern verknüpft. In der Bezeichnung des ETF finden sich dann Verbindungen wie „ESG Screened“ (ESG gefiltert), „ESG Enhanced“ (ESG verbessert) „ESG Leaders“ (ESG-Vorreiter) oder auch „SRI“ (gesellschaftlich verantwortliches Investment). Doch worin unterscheiden sich die unterschiedlichen ESG-Aktienfonds?
- In ESG-Screened-Aktienfonds werden laut dem Indexanbieter MSCI Unternehmen ausgeschlossen, die Umsätze in den Bereichen Tabak, Kohlekraft oder Ölsande machen, sowie alle Firmen, die gegen die Prinzipien des UN Global Compact (UNGC) – den Leitlinien für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung – verstoßen. Grundsätzlich enthalten ESG-Screened-Aktienfonds auch keine Hersteller von kontroversen, nuklearen und zivilen Waffen. Bei den Umsätzen in den genannten kritischen Branchen gilt allerdings ein Schwellenwert von 5%. Das bedeutet, dass ein Unternehmen des Fonds durchaus in einem der ausgeschlossenen Bereiche aktiv sein kann, die Umsätze aber 5% und weniger am Gesamtumsatz des Unternehmens betragen. ESG-Screened-Aktienfonds enthalten noch etwa 1.500 Aktienpositionen.
- Bei ESG-Enhanced-Aktienfonds werden kontroverse Branchen und Unternehmen vollständig ausgeschlossen. Die Auswahl der verbleibenden Indexmitglieder erfolgt aber nun nicht mehr einzig nach deren Marktkapitalisierung, sondern auch auf Basis einer vom Indexanbieter erstellten ESG-Bilanz. Das bedeutet: Unternehmen mit einem besseren ESG-Rating werden höher gewichtet als jene mit schwächeren Nachhaltigkeitseigenschaften. ESG-Enhanced-Aktienfonds enthalten noch rund 1.300 Unternehmen.
- ESG-Leaders-Aktienfonds streben eine basierend auf der Marktkapitalisierung 50%-ige Abdeckung aller Sektoren des Ursprungsindex MSCI World an. Allerdings werden nur Unternehmen ausgewählt, die innerhalb ihrer Vergleichsgruppe ein besonders hohes ESG-Rating erhalten haben. In dieses Rating fließen daneben auch Verbesserungen oder Verschlechterungen bei der unternehmensbezogenen Nachhaltigkeitswende mit ein. Unternehmen kontroverser Branchen werden vollständig ausgeschlossen. ESG-Leaders-Aktienfonds umfassen noch etwa rund 720 Unternehmen.
- SRI-Aktienfonds sind entsprechend den Nachhaltigkeitsanforderungen am strengsten aufgestellt. Sie enthalten basierend auf der Marktkapitalisierung des Ursprungsindex lediglich die nachhaltigsten 25% der Unternehmen einer jeden Branche. Die anschließende Gewichtung erfolgt nach Marktkapitalisierung. Allerdings verbleiben in SRI-Fonds lediglich rund 370 Aktienpositionen, sodass der Diversifizierungsgrad für die Anlegerin beziehungsweise für den Anleger nun doch erheblich geringer ausfällt.
Nachhaltigkeitsnote bei ETFs lediglich mittel
Eine weitere Orientierungsmöglichkeit für Anlegerinnen und Anleger stellt eine Nachhaltigkeitsnote dar, die zum Beispiel vom Finanzmagazin ECOreporter, der Ratingagentur Morningstar oder von Stiftung Warentest vergeben wird. Bei der Stiftung Warentest bekommen ETFs mit dem Schwerpunkt Aktienfonds Welt, die die Warentester als „erste Wahl“ und damit als markttypisch bezeichnen, allerdings nur die Nachhaltigkeitsnote „mittel“. Zu diesen nachhaltigen und markttypischen ETFs zählen unter anderem Amundi MSCI World SRI Filtered PAB, BNP Easy MSCI World SRI S-Series PAB 5% Capped, UBS MSCI ACWI SRI Low Carbon Select 5% Issuer Capped oder auch iShares MSCI World SRI Select Reduced Fossil Fuels. Unterschieden wird von den Testern bei der Nachhaltigkeitsbewertung auf Basis der Ausschlusskriterien und Auswahlstrategien des Fonds zwischen „sehr hoch“, „hoch“, „mittel“, „niedrig“ und „sehr niedrig“. Keiner der analysierten ETFs erreicht danach die beiden besten Nachhaltigkeitsnoten.
Beste Nachhaltigkeitsnoten gibt es für aktive Aktienfonds
Anders das Bild bei den aktiv gemanagten Fonds: Hier gab die Stiftung Warentest gleich vier Produkten die beste Nachhaltigkeitsnote „sehr hoch“: Hierzu zählen Ökoworld ÖkoVision Classic, Security Superior 6 Global Challenges, Universal GLS Bank Aktienfonds sowie Warburg WI Global Challenges Index. Der Anlageerfolg dieser aktiv gemanagten Fonds wird aber als „erheblich schlechter“, „merklich schlechter“ oder „etwas schlechter“ als der Markt bewertet. Damit schneidet ihr Anlageerfolg zum Teil deutlich schwächer als bei nachhaltigen ETFs ab.
Allerdings kann es passieren, dass bestimmte ausgesuchte Nachhaltigkeitsfonds bei der Hausbank oder Direktbank, bei der man seine Finanzgeschäfte abwickelt, nicht oder nicht mit Rabatt beim Kauf zu bekommen sind. Privatanlegerinnen und Privatanleger sollten bei der Auswahl geeigneter Fondsprodukte deshalb eine gewisse Flexibilität mitbringen.
Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2022, S. 58 f., und in unserem ePaper.
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Bild: © blacksalmon – stock.adobe.com
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