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23. September 2025
Originäre Pflichten für alle Vermittler beim Produktvertrieb

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Originäre Pflichten für alle Vermittler beim Produktvertrieb

Originäre Pflichten für alle Vermittler beim Produktvertrieb

Die BaFin hat bereits 2023 ein Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten veröffentlicht. Dieses betrifft auch Versicherungsmakler. Doch was heißt das eigentlich genau? AssCompact Kolumnist Hans-Ludger Sandkühler klärt auf.

Kürzlich sorgte ein Gastbeitrag mit dem Titel „Das BaFin-Merkblatt zum Wohlverhalten geht auch Makler an“ für Irritationen bei Versicherungsmaklern. In dem Beitrag heißt es, die Vorstellungen der BaFin zum Wohlverhalten richten sich nicht nur an LV-Unternehmen, denn über die Vorschriften der Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) seien auch Vermittler erfasst. Insbesondere Makler träfen aus der IDD eigene Pflichten in Form sogenannter Versicherungsvertriebsvorkehrungen. Der Kundennutzen stehe im Fokus der BaFin und „schlage damit auf die Prozesse der Vermittler durch“. Irritationen deshalb, weil die BaFin für die Aufsicht über Vermittler gar nicht zuständig ist, weil die Vorschriften der IDD an die Mitgliedsstaaten der EU adressiert sind und im Übrigen keine Sondervorschriften für Makler enthalten. Dennoch sind die Aussagen über die Pflichten der Vermittler über Vorkehrungen für den Produktvertrieb im Ergebnis richtig. Sie ergeben sich aber unmittelbar aus § 14 Abs. 1 VersVermV und der Delegierten Verordnung (POG) der Europäischen Kommission.

Anforderungen an Produkthersteller

Artikel 25 der IDD verpflichtet Versicherungsunternehmen und -vermittler, die Versicherungsprodukte zum Verkauf an Kunden konzipieren, zur Einführung eines sogenannten Produktfreigabeverfahrens. Darin müssen für jedes Produkt ein bestimmter Zielmarkt und ein angemessener Kundennutzen festgelegt werden. Die Produkthersteller müssen weiter gewährleisten, dass das Produkt den Bedürfnissen des Zielmarkts entspricht, und dies regelmäßig überprüfen sowie den Vermittlern sachgerechte Informationen zur Verfügung stellen. Vermittler müssen Vorkehrungen treffen, um diese Informationen zu erhalten und zu verstehen.

Im deutschen Recht setzt § 23 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) die Vorgaben der IDD für Versicherungsunternehmen sehr allgemein gehalten um. Die Vorgaben für Vermittler setzt § 14 Abs. 1 VersVermV ebenfalls sehr allgemein um.

Delegierte Verordnung der Europäischen Kommission

Zu Artikel 25 IDD hat die Europäische Kommission eine Delegierte Verordnung erlassen. Deren Inhalte sind sowohl für Versicherer wie auch für Versicherungsvermittler verbindlich. Sie legen konkretisierend Kriterien und praktische Einzelheiten für das Produktfreigabeverfahren fest. Die Verordnung gilt unmittelbar (ohne weitere Umsetzung!) in jedem Mitgliedsstaat der EU. Im deutschen Recht ergänzt sie § 23 VAG und § 14 Abs. 1 VersVermV.

Wichtig: Versicherungsvermittler, die bei der Konzeption und Entwicklung einzelner Versicherungsprodukte einen entscheidenden Einfluss haben, gelten als Hersteller und müssen ebenfalls ein Produktgenehmigungsverfahren einrichten. Und: Wenn Vermittler nicht als Hersteller gelten, müssen sie in jedem Fall Produktvertriebsvorkehrungen treffen.

Struktur der Delegierten Verordnung

In Kapitel I werden Gegenstand und Anwendungsbereich der Verordnung beschrieben. Ferner wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen ein Versicherungsvermittler in Anbetracht seines Einflusses auf die Entscheidungsfindung hinsichtlich der Konzeption und Entwicklung eines bestimmten Versicherungsprodukts als Hersteller anzusehen ist. In Kapitel II wird die zentrale Pflicht der Hersteller begründet, für alle neu entwickelten Versicherungsprodukte sowie für weitreichende Anpassungen bestehender Versicherungsprodukte ein Produktfreigabeverfahren aufrechtzuerhalten, umzusetzen und zu überprüfen. In Kapitel III werden die Anforderungen an Versicherungsvertreiber, die Versicherungsprodukte verkaufen, die nicht von ihnen hergestellt wurden, festgelegt.

Versicherungsvermittler gelten als Hersteller, wenn eine Gesamtanalyse ihrer Tätigkeiten zeigt, dass sie bei der Konzeption und Entwicklung eines Versicherungsprodukts für den Markt über Entscheidungsbefugnisse verfügen.

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