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Steuern & Recht
25. Februar 2019
PKV: Was das Urteil zur Tarifwechselberatung bedeutet

PKV: Was das Urteil zur Tarifwechselberatung bedeutet

Der BGH hat letzten Sommer endlich für rechtliche Klarheit im Hinblick auf die Maklertätigkeit bei der Tarifwechselberatung in der PKV gesorgt. Angelika Römhild, Rechtsanwältin beim BVK, wirft nun einen Blick auf die praktischen Auswirkungen des Urteils für Makler.

Die Bewertung der Maklertätigkeit beim PKV-Tarifwechsel hat seit Jahren für gerichtliche Auseinandersetzungen gesorgt, und trug zur Beschäftigung von Landgerichten und Oberlandesgerichten bei. Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sah sich veranlasst, in die Diskussion einzugreifen und ein Statement abzugeben.

Zum Sachverhalt des vom BGH entschiedenen Streitfalls: Die klagende Versicherungsvermittlerin wurde seitens des Beklagten schriftlich beauftragt, Einsparmöglichkeiten bei seiner privaten Krankenversicherungsgesellschaft zu recherchieren. In der als „Dienstleistungsvereinbarung“ bezeichneten Vereinbarung der Parteien war geregelt, dass der Kunde der Klägerin eine Vergütung in Höhe des neunfachen Betrages seiner monatlichen Einsparung zzgl. Mehrwertsteuer zu zahlen hätte, wenn er in einen von ihr recherchierten, günstigeren, Tarif seines privaten Krankenversicherers wechselte. Auf Vorschlag der Vermittlerin wechselte der Kunde in einen für ihn günstigeren Tarif, wollte die ihm daraufhin ausgestellte Rechnung allerdings nicht bezahlen und widerrief seine in der Dienstleistungsvereinbarung abgegebene Erklärung.

Vereinbarung zum Tarifwechsel stellt Maklervertrag dar

Der BGH folgte den Ausführungen des Berufungsgerichts und entschied, dass die Klage begründet ist:

  • Die getroffene Vereinbarung stellt einen Versicherungsmaklervertrag im Sinne von § 59 Abs. 3 VVG dar.
  • Dieser Versicherungsmaklervertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nichtig.

In seinen Entscheidungsgründen nahm das Gericht zunächst Bezug auf § 59 Abs. 3 S. 1 VVG. Danach ist Versicherungsmakler, wer gewerbsmäßig für den Auftraggeber die Vermittlung oder den Abschluss von Versicherungsverträgen übernimmt, ohne von einem Versicherer oder von einem Versicherungsvertreter damit betraut zu sein.

Der BGH erläuterte, dass diese Bestimmung der Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung dient. Nach dieser Richtlinie ist Versicherungsvermittler jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt. Versicherungsvermittlung ist danach das Anbieten, Vorschlagen und Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei der Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall.

Nach Ansicht des BGH hatte das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass die Klägerin gemäß der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarung als Versicherungsmaklerin tätig werden sollte und tätig geworden ist. Da die Klägerin dem Kunden den Wechsel in einen anderen Tarif seines privaten Krankenversicherers empfohlen hatte, hat sie damit nicht nur „die Möglichkeit zum Abschluss eines Versicherungsvertrags namhaft gemacht“ (was keine Versicherungsvermittlung darstellen würde), sondern sie hat für den beklagten Kunden „ein konkretes Angebot zum Abschluss eines geänderten Krankenversicherungsvertrags eingeholt“.

  • Fehlende Befugnis zur Abgabe von Vertragserklärungen steht der Einordnung als Maklerin nicht entgegen.
  • Abschluss eines neuen Versicherungsvertrags ist keine Voraussetzung.

Das Gericht führte weiter aus, dass die Tätigkeit eines Versicherungsvermittlers zwar die Einholung des Angebots eines Versicherers zum Abschluss eines Versicherungsvertrags durch den Makler voraussetzt, nicht aber auch dessen Abschluss durch eine Vertragserklärung des Versicherungsmaklers. Zu folgern sei dies aus der Formulierung des § 59 Abs. 3 Satz 1 VVG „die Vermittlung oder den Abschluss“. Wiederrum unter Bezugnahme auf die oben genannte Richtlinie stellte der BGH klar, dass dem Begriff der Versicherungsvermittlung neben dem Abschließen von Versicherungsverträgen auch darauf abzielende Vorbereitungsarbeiten unterfallen.

Keine weitere Betreuung durch den Makler Voraussetzung

Der Einordnung der Vereinbarung als Versicherungsmaklervertrag steht nach den Darlegungen des BGH weiterhin nicht entgegen, dass bei einem Tarifwechsel gemäß § 204 VVG im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer kein neuer Versicherungsvertrag geschlossen, sondern der bisherige Versicherungsvertrag unter Wechsel des Tarifs fortgesetzt wird. Die Vorschrift des § 204 VVG dient dem Schutz des Versicherungsnehmers, dem damit die im Herkunftstarif erworbenen Rechte und die dort aufgebaute Altersrückstellung erhalten bleiben (so das Gericht).

Keine Auswirkung auf das Rechtsverhältnis

Wie der BGH betont, hat diese Tatsache jedoch keine Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsvermittler. Dieser hat in solchen Fällen ebenso wie in Fällen, in denen es um die Vermittlung oder den Abschluss nicht nur geänderter, sondern gänzlich neuer Verträge geht, auf einen adäquaten Versicherungsschutz zu besseren Bedingungen hinzuwirken. In beiden Fallkonstellationen gehe es um das Beschaffen und Gestalten von Versicherungsschutz für einen anderen und um das Durchführen von Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen.

  • Der Bewertung der Vereinbarung als Versicherungsmaklervertrag steht nicht entgegen, dass diese Vereinbarung keine laufende weitere Betreuung des Kunden durch den Makler umfasst.
  • Der Qualifizierung der Vereinbarung als Versicherungsmaklervertrag steht nicht entgegen, dass der Versicherungsmakler nach § 60 Abs. 1 Satz 1 VVG seinem Rat eine hinreichende Zahl von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und von Versicherern zugrunde zu legen hat.
  • Die vorliegende Vereinbarung war nicht wegen Verstoßes gegen das RDG nach § 134 BGB in Verbindung mit § 3 RDG nichtig.

Der BGH wies in seinen Gründen weiter darauf hin, dass das Geschäft des Versicherungsmaklers in der Hauptsache in der Vermittlung und dem Abschluss von Versicherungsverträgen besteht. Es könne zwar auch die versicherungstechnische Betreuung der Verträge umfassen, also als Dauerschuldverhältnis fortbestehen. Das Gericht betonte jedoch, dass das Fehlen einer Vereinbarung über eine dauernde Betreuung in einem Versicherungsmaklervertrag, nicht dazu führt, dass damit kein solcher Vertrag vorliegt.

Kritik: Honorarexzesse bei Versicherungsmaklern?

Im Hinblick auf die in § 60 Abs. 1 festgelegten Forderungen führte das Gericht aus, dass diese Verpflichtung dann nicht besteht, wenn der Versicherungsmakler im Einzelfall den Versicherungsnehmer vor der Abgabe seiner Vertragserklärung ausdrücklich auf eine eingeschränkte Versicherer- und Vertragsauswahl hinweist. Im vorliegenden Fall war eindeutig erkennbar, dass die Klägerin auftragsgemäß lediglich Einsparmöglichkeiten bei dem privaten Krankenversicherer des Beklagten zu ermitteln hatte.

Die fehlende Kollision mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) begründete der BGH damit, dass die Überprüfung der Tarife gemäß RDG erlaubt war, weil es sich dabei im Verhältnis zu der Maklerleistung als Hauptleistung dem Inhalt und Umfang nach um eine Nebenleistung handelte, die zum Berufsbild des Versicherungsmaklers gehört.

  • Die Vereinbarung war auch nicht wegen Verstoßes gegen das Tranzparenzgebot nichtig.

Schließlich sah der BGH auch keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot. Seiner Ansicht nach könne es offen bleiben, ob eine Klausel in einem Versicherungsmaklervertrag, mit der die Verpflichtung zur Zahlung der Maklerprovision vom Versicherungsnehmer auf den Versicherer verlagert wird, ohne die Höhe der dem Makler vom Versicherer zu zahlenden und vom Versicherer mit der Versicherungsprämie vom Versicherungsnehmer zu erhebenden Courtage anzugeben, wegen Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist. Die Vereinbarung über die hier entschieden werden musste, enthielt eine solche Klausel nicht.

Tarifwechselberatung ist keine Rechtsdienstleistung

Der BHG hat mit dieser Entscheidung ein wichtiges und erfreuliches Machtwort im Sinne der Versicherungsmakler gesprochen. Mit der Entscheidung ist damit auch das Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Urteil des LG Saarbrücken vom 17.5.2016, 14 O 152/15) inhaltlich überholt, wonach die Tarifwechselberatung keine Maklerleistung sei, sondern eine Rechtsdienstleistung.

Die vereinzelt geäußerte Kritik an der vorliegenden BGH-Entscheidung, dass die Gesetze und Regeln zur Versicherungsvermittlung unausgegoren und tendenziös sind und nach den Provisionsexzessen bald Honorarexzesse bei Versicherungsmaklern drohen (so Axel Kleinlein für den Bund der Versicherten, BdV) kann nicht nachvollzogen werden. Allein die Tatsache, dass das höchste deutsche Zivilgericht es für rechtmäßig hält, eine erfolgsabhängige Courtage für eine als Vermittlungsleistung zu bewertende Tätigkeit zu vereinbaren, kann kaum zu der Schlussfolgerung hinreißen, dass nunmehr „Honorarexzesse“ zu erwarten sind.

Der BGH rechtfertigt damit mit seinem Urteil eine Maklertätigkeit, die einen Tarifwechsel zugunsten eines Versicherungsnehmers zur Folge hatte (Einsparung von 138,85 Euro monatlich) und mit einem Entgelt in Höhe von 1.487,08 Euro honoriert worden ist. Es erscheint nicht angebracht, in diesem Zusammenhang von einem „Honorarexzess“ zu sprechen.

Tipps für die Tagesarbeit
  • Die Tarifwechselberatung in der Krankenversicherung ist eine Maklertätigkeit. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte das dem Kunden gegenüber offen kommuniziert werden.
  • Ein Maklervertrag sollte auch als solcher bezeichnet werden und so eindeutig und transparent wie möglich formuliert werden.
  • Soll nur die Unterstützung beim Tarifwechsel geleistet werden – und keine dauerhafte Betreuung – muss dies eindeutig vereinbart werden und Einigkeit darüber bestehen, dass seitens des Maklers lediglich die Einsparmöglichkeiten bei dem Krankenversicherer des Versicherungsnehmers ermittelt werden sollen.
  • Die in diesen Fällen vereinbarte, erfolgsabhängige, Vergütung ist zu beziffern. Um Vorwürfen von „Honorarexzessen“ den Boden zu entziehen, ist auf Angemessenheit zu achten.

BGH, Urteil vom 28.06.2018, Az.: I ZR 77/17

 
Ein Artikel von
Angelika Römhild