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1. August 2022
Postbote hebt 30-kg-Paket: Sehnenabriss als Dienstunfall?

Postbote hebt 30-kg-Paket: Sehnenabriss als Dienstunfall?

Ob ein Abriss der Bizepssehne wirklich vom Beladen eines Zustellfahrzeugs kommen kann und daher einen Dienstunfall darstellt, hatte das Verwaltungsgericht Aachen jüngst im Fall eines verletzten Postbeamten zu entscheiden.

Ein Postbeamter hatte einen Abriss seiner Bizepssehne erlitten, nachdem er ein etwa 30 kg schweres Paket in sein Zustellfahrzeug gehoben hatte. In der Folge musste er sich einer Operation unterziehen und war mehrere Tage im Krankenhaus. Ein fachärztliches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Sehnenriss eine Folge des Unfalls sei.

Berufsgenossenschaft vermutet Vorschädigung

Dennoch lehnte die Berufsgenossenschaft die Anerkennung als Dienstunfall ab und vertrat die Ansicht, das Anheben eines Pakets sei nicht geeignet, den Riss der Sehne zu verursachen. Die Sehne sei auf schwere Belastungen ausgelegt und könne ohne Vorschädigung nicht reißen. Es müsse also eine unfallunabhängige Ursache vorliegen.

VG Aachen: Keine „tägliche Belastung“

Dieser Begründung folgte das Verwaltungsgericht Aachen (VG) nicht und bewertete den Vorfall als Dienstunfall: Laut fachärztlichem Gutachten sei das Einladen des Pakets sehr wohl die wesentliche Ursache für den Sehnenriss. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass der zeitliche Abstand zwischen Unfallereignis und erstem ärztlichen Kontakt regelhaft für eine frische traumatische Verletzung sei, die MRT-Untersuchung einen frischen Riss ohne wesentlichen Hinweise auf Vorschädigung der rechten Bizepssehne zeige, die im Operationsbericht beschriebene Ausfransung der Sehne für einen unfallbedingten Riss typisch und das Anheben eines 30 kg schweren Pakets mit einem Arm durchaus nicht mehr als „tägliche Belastung“ einzustufen sei, so das Gericht

Spezifische Gefahr der Tätigkeit eines Postbeamten

Somit handele es sich um eine verwirklichte spezifische Gefahr der Tätigkeit des Postbeamten – nicht um ein anlagebedingtes Leiden, das durch ein dienstliches Vorkommnis nur rein zufällig ausgelöst worden sei und ebenso im privaten Bereich hätte auftreten können.

Gegen das Urteil kann die Berufsgenossenschaft die Zulassung der Berufung beantragen, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheiden würde. (ad)

VG Aachen, Urteil vom 28.07.2022 – 1 K 2167/21

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