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15. Januar 2024
Preisspannen „bei vielen Zielgruppen nach wie vor erheblich“

Preisspannen „bei vielen Zielgruppen nach wie vor erheblich“

Vergleichsportale werden zunehmend Anlaufstelle für Kunden, auch bei der Privathaftpflichtversicherung. Und ein Vergleich hilft bei der Auswahl des passenden Produkts, zumal die Preise je Tarif teilweise stark auseinanderklaffen, wie Beispiele aus der Praxis zeigen. Doch es gilt nicht nur auf den Preis zu achten.

Interview mit Lorenz Becker, Geschäftsführer Privathaftpflichtversicherung bei CHECK24
Herr Becker, welchen Stellenwert hat bei CHECK24 die private Haftpflichtversicherung?

Die Privathaftpflichtversicherung (PHV) stellt für unsere Kunden einen essenziellen Schutz dar und gilt wahrscheinlich als die Versicherung mit dem höchsten Verhältnis zwischen dem abgedeckten Schaden und dem gezahlten Preis. Darüber hinaus ist die Privathaftpflichtversicherung oft die erste Versicherung, mit der ein Kunde in Kontakt kommt. In Anbetracht dieser Bedeutung für den Kunden ist die PHV auch für uns besonders wichtig. Unsere Zielsetzung besteht darin, unseren Kunden bereits beim ersten selbst abgeschlossenen Versicherungsprodukt eine herausragende User Experience zu bieten und gleichzeitig eine umfassende Absicherung zu gewährleisten.

Das Angebot an Tarifen ist groß. Wie viele werden bei Ihnen denn für den Vergleich heran­gezogen?

Im Haftpflichtbereich arbeiten wir mit mehr als 50 Partnern zusammen. Um unseren Kunden einen bestmöglichen Überblick über verfügbare Optionen am Markt zu bieten, listen wir zudem auch einzelne Tarife von Versicherungsanbietern, mit denen wir aktuell keine direkte Partnerschaft pflegen. Dass wir nicht alle existierenden Tarife abbilden, beruht darauf, dass einige Versicherer strategisch differenzierte Positionen einnehmen. So bevorzugen sie beispielsweise die ausschließliche Offline-Vermarktung ihrer Tarife über die eigene Maklerorganisation. Andere fokussieren sich ausschließlich auf das B2B(2C)-Geschäft oder weichen bewusst einem Vergleich ihrer Tarife aus.

Die Privathaftpflicht zählt zu den wichtigsten Versicherungen, doch nicht jeder Haushalt ist entsprechend abgesichert. Bei welchen Personengruppen klaffen Lücken – eher bei Singles oder Familien?

Es ist erstaunlich, dass knapp jeder fünfte Bürger nach wie vor ohne aktive Haftpflichtversicherung auskommt. Insbesondere bei Singles unter 35 Jahren registrieren wir, dass hier eklatante Lücken bestehen und knapp 30% dieser Gruppe keine Haftpflicht aufweisen.

Ein Grund für diese Unterversorgung liegt aus unserer Sicht in einem Mangel an Bewusstsein für die Notwendigkeit eines solchen Schutzes. Einige Personen scheinen die potenziellen Risiken nicht in ausreichendem Maße zu erfassen.

Kunden entscheiden sich teilweise aufgrund des Preises gegen den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung. Vielen ist jedoch nicht bewusst, dass eine solche Versicherung bereits ab etwa 2 Euro pro Monat erhältlich ist. Angesichts dessen, dass heutzutage eine Brezel oder ein Kaffee bereits einen vergleichbaren Betrag kosten, ist es umso unverständlicher, warum man auf den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung verzichten würde. Es muss deutlich werden, dass der Schutz der Privathaftpflicht bereits zu erschwinglichen Konditionen realisierbar ist.

2 Euro? Welche Preisspannen machen Sie bei einer Haftpflicht bei den verschiedenen Zielgruppen aus?

Die Preisspannen für Haftpflichtversicherungen sind in vielen Zielgruppen nach wie vor erheblich. So kann beispielsweise ein 32-jähriger Single aus Berlin den günstigsten Tarif bereits für weniger als 30 Euro erhalten. Im Gegensatz dazu liegt der teuerste im Vergleich gelistete Tarif bei über 110 Euro, einzelne Ausreißer tendieren sogar in Richtung 200 Euro. Dies führt zu potenziellen Einsparungen für den Kunden im Bereich von 80 bis 170 Euro, je nach Tarif. Diese deutlichen Preisunterschiede zeigen, wie wichtig eine sorgfältige Auswahl ist, um sowohl kosteneffizient als auch adäquat abgesichert zu sein.

Wie sehr unterscheiden sich die Tarife bei den Leistungen? Für einen Vergleich sind ja auch gewisse standardisierte Leistungen nötig, oder?

In den letzten Jahren hat sich das Leistungsniveau der Haftpflichttarife erheblich verbessert, was sich insbesondere in einem deutlichen Anstieg der Deckungssummen widerspiegelt. Es ist mittlerweile häufig der Fall, dass Kunden bessere Leistungen zu einem kostengünstigeren Preis erhalten, wenn sie ihre PHV wechseln.

Trotz dieser positiven Entwicklung sollten Kunden sicherstellen, dass alle persönlichen Risiken ausreichend abgesichert sind. Manche Tarife weisen zwar eine hohe Deckungssumme auf, setzen jedoch für bestimmte Teilleistungen häufig Sublimits, Selbstbehalte oder schließen sie sogar aus. Dies kann im Schadenfall für den Kunden unerfreuliche Konsequenzen haben.

Um Kunden eine transparente Darstellung dieser Informationen online zu ermöglichen, können Kunden bei uns verschiedene Tarife im Detailvergleich direkt miteinander vergleichen. Eine Bewertung anhand eines transparenten Schemas führt die wichtigsten Leistungen detailliert auf. Das erleichtert den Kunden, fundierte Entscheidungen zu treffen und sicherzustellen, dass die individuellen Bedürfnisse adäquat berücksichtigt werden.

Welche Zusatzleistungen gibt es auf dem Markt, welche davon sind sinnvoll – auch im Hinblick auf höhere Beiträge, die anfallen können?

Im Bereich der Privathaftpflicht sind klassische Zusatzleistungen vergleichsweise rar. In jüngerer Zeit sind jedoch neue Leistungen in vielen Tarifen eingeführt worden, darunter der Einschluss von Schäden durch Drohnen und Schäden durch Internetnutzung – damit sind Schäden gemeint, die aufgrund der Internetnutzung des Versicherungsnehmers entstehen, etwa durch die Weiterleitung einer mit einem Virus behafteten E-Mail. Die Kostenzuschläge für diese Bausteine sind in der Regel moderat, besonders im Vergleich zu den potenziellen Risiken.

Neben den Tarifleistungen gibt es mittlerweile eine Reihe von weiteren Zusatzleistungen wie beispielsweise ein verlängertes Widerrufs- und ein verkürztes Kündigungsrecht. Dies kommt gut bei unseren Kunden an, da sie dem im Internet üblichen Verhalten entsprechen, dass Produkte innerhalb von 31 Tagen umgetauscht und Abonnements täglich oder zumindest monatlich gekündigt werden können. Wir sind bestrebt, nicht nur qualitativ hochwertige Versicherungsleistungen anzubieten, sondern auch die Erwartungen und Gewohnheiten unserer Kunden im digitalen Zeitalter zu berücksichtigen.

Welche Trends in der Sparte lassen sich beobachten?

Aktuell sehen wir nicht, dass kurzfristig gänzlich neue Leistungen im Bereich der Privathaftpflicht eingeführt werden. Viele Versicherungsunternehmen reagieren jedoch auf aktuelle Entwicklungen und bringen eigene Online-Tarife auf den Markt.

Nachhaltige Tarife sind zwar vereinzelt vorhanden, doch ein deutlicher Trend in diese Richtung ist derzeit noch nicht erkennbar. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Nachfrage nach umweltfreundlichen Versicherungsoptionen entwickelt und welche Aspekte eine nachhaltige PHV ausmachen.

Neben der reinen Tarifleistung wird das Service-Level in Zukunft zunehmend wichtiger. Hier besteht ein erheblicher Nachholbedarf. Kunden erwarten zu Recht, dass ihre Service-Anfragen prompt beantwortet werden und sie nicht mehrere Tage auf eine Rückmeldung warten müssen. Insbesondere bei der Schadenbearbeitung, dem für Kunden entscheidendsten Anwendungsfall einer Versicherung, sollte der gesamte Prozess von der Schadenmeldung bis zur Auszahlung nur noch wenige Minuten anstelle von mehreren Wochen in Anspruch nehmen. Hier liegt viel Potenzial, um die Kundenerfahrung im Bereich der Privathaftpflichtversicherung deutlich zu verbessern.

Und wie hoch ist bei Ihnen der Digitalisierungsgrad: einerseits, was von Kundenseite kommt, andererseits in Richtung Versicherer?

Die Kommunikation mit unseren Kunden erfolgt nahezu vollständig digital. Dies entspricht den Erwartungen der Kunden. Wir setzen verstärkt auf das Medium Chat: Zum einen bieten wir einen Live-Chat mit unseren Kundenberatern an, nutzen darüber hinaus aber auch automatisierte Chatbots, die besonders bei der Klärung einfacherer Anfragen und Terminvereinbarungen zum Einsatz kommen.

Auch wenn der digitale Kanal für uns und die meisten Kunden der bevorzugte Kommunikationsweg ist, bieten wir unseren Kunden weiterhin die Möglichkeit, unseren Kundenservice telefonisch zu kontaktieren. In Situationen, die eine rasche Rückmeldung erfordern, rufen wir die Kunden auch pro­aktiv an.

Die Kommunikation mit unseren Partnern erfolgt ebenfalls weitgehend digital, wobei hier eine gewisse Heterogenität in den digitalen Prozessen vorhanden ist. Einige Partner sind dabei schon stärker als andere auf digitale Arbeitsweisen ausgerichtet.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2024 und in unserem ePaper.

Bild: © Lorenz Becker, CHECK24

 
Ein Interview mit
Lorenz Becker