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7. Januar 2022
Provisionsdeckel 2.0? BaFin sieht bei Vertriebskosten genau hin

Provisionsdeckel 2.0? BaFin sieht bei Vertriebskosten genau hin

Die BaFin will bei den Vertriebskosten von kapitalbildenden Lebensversicherungen genau hinsehen. Ende 2022 sollen die Ergebnisse dieser Untersuchung dann vorgelegt werden. Branchenverbände sehen keinen Handlungsbedarf. Ganz anders die Meinung von Verbraucherschützern.

2021 konnte sich die Große Koalition nicht auf eine Deckelung der Abschlussprovisionen in der Lebensversicherung verständigen – lediglich ein Provisionsdeckel in der Restschuldversicherung kam zustande. Wie erwartet, hat es das Thema auch nicht in den Koalitionsvertrag der Ampelkoalitionäre geschafft. Gänzlich vom Tisch ist die verstärkte Regulierung von Provisionen jedoch nicht, wie einigen Aussagen von Dr. Frank Grund, dem Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der BaFin, zu entnehmen ist.

Vermeidung von Fehlanreizen

Grund hatte der Deutschen Presseagentur (dpa) ein Interview gegeben, in dem er zum Thema Vertriebskosten anmerkte: „Wir werden uns genau anschauen, inwieweit hier die Vorschriften zur Vermeidung von Fehlanreizen eingehalten werden. Es gibt schließlich keine gesetzlichen Grenzen für die Vertriebsvergütung von kapitalbildenden Lebensversicherungen.“ Die Ergebnisse dieser genauen Betrachtung möchte die BaFin Ende 2022 vorlegen.

Verwaltungskosten bleiben niedrig

Ganz anders sieht es laut Grund bei den Verwaltungskosten aus. Im Gegensatz zu den Vertriebskosten verharrten die Verwaltungskosten für Produkte der privaten Altersvorsorge nämlich seit Jahren auf einem niedrigen Niveau.

Honorarvergütung ist keine Lösung

Der Umstieg auf eine honorarbasierte Vergütung, wie ihn beispielsweise die Grünen in ihrem Wahlprogramm gefordert hatten, überzeugt Grund jedoch ebenfalls nicht. Zwar handele es sich dabei um einen grundsätzlich gangbaren Weg, jedoch könne man auf diese Weise nicht jede Verbraucherschicht erreichen. „Nach meiner Erfahrung scheuen viele Verbraucher davor zurück, für die Beratung Geld auszugeben“, so Grund gegenüber der dpa.

BVK sieht keinen Handlungsbedarf

Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) sieht dem genauen Blick der BaFin gelassen entgegen. Dem Verband lägen derzeit keine Anhaltspunkte für weit verbreitete Fehlanreize und gesetzeswidrige Interessenkonflikte beim Vertrieb von Lebensversicherungen vor.

„Künstlicher Handlungsdruck wird hier höchstens seitens der selbsternannten Verbraucherschützer aufgebaut“, so BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Selbst die alte Bundesregierung konnte sich nicht zu einem Provisionsdeckel bei Lebensversicherungen durchringen und auch die neue Ampel-Koalition greift dieses Thema bisher nicht auf.“

BdV fordert schärferes Vorgehen

Ganz anders sieht das Axel Kleinlein, der Vorstandssprecher des Bund der Versicherten (BdV). In einer Mitteilung fordert der Verbraucherverein die BaFin zu einem härteren Vorgehen gegen überhöhte Provisionen auf. „Schon jetzt gibt es genügend rechtliche Grundlagen für die Aufsichtsbehörde, um gegen überhöhte Provisionen vorgehen zu können“, so Kleinlein. „Es bedarf einer mutigen BaFin, um den aufsichtsrechtlichen Spielraum auszuschöpfen.“

Zillmerverfahren

Eine Möglichkeit, über das Aufsichtsrecht aktiv zu werden, sieht Kleinlein im sogenannten Zillmerverfahren. Dieses Verfahren deckelt die Abschlusskosten unter Umständen bereits heute bei 2,5% der Beitragssumme. „Schon diese Zillmerung von 2,5% der Beitragssumme ist schlicht Abzocke, weil sie damit die versicherte Leistung deutlich mindert“, sagt Kleinlein. In der Praxis überstiegen die Provisionen zuzüglich der weiteren Vertriebskosten aber oft sogar diesen Wert. „Schon jetzt könnte die Aufsicht mit Blick auf die maximal zulässige Zillmerung eigentlich tätig werden“, erklärt Kleinlein. (tku)

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