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20. Juni 2023
Quo vadis, Tierkrankenversicherung?
Man and his dog standing on dock

Quo vadis, Tierkrankenversicherung?

Martin Markowsky von DOGVERS hat sich auf Tierversicherungen spezialisiert. Für AssCompact beleuchtet der Versicherungsmakler die Situation auf dem deutschen Markt und zeigt auch die Lage in anderen Ländern auf. Zur Entwicklung der Beiträge und Tarife wirft der Experte einen Blick in die Glaskugel.

Der Markt für Tierversicherungen ist in den letzten Jahren – vor allem in der Pandemie – stark gewachsen. Aktuell hat sich der Markt beruhigt, was auch mit den deutlich gestiegenen Kosten für fast alle Bereiche des täglichen Lebens zu tun hat. Doch immer mehr Haustierbesitzer entscheiden sich für eine Versicherung, um sich vor hohen Tierarztkosten zu schützen. Laut einer Studie soll der globale Markt für Tierversicherungen bis 2025 um etwa 7% pro Jahr wachsen. In Deutschland sind aktuell ca. 18 bis 20% der Hunde kranken- oder OP-versichert. Dieser Trend zeigt, dass der Bedarf an Tierversicherungen auch künftig bestehen wird. Für Versicherungsmakler bedeutet dies ein wachsendes Geschäftsfeld und neue Möglichkeiten, Kunden im Bereich der Tierkrankenversicherungen zu beraten.

Laut Statistiken gibt es über 16 Millionen Katzen und 12 Millionen Hunde in deutschen Haushalten. Die steigende Zahl der Tierhalter hat zu einem erhöhten Bedarf an Tierversicherungen geführt, die Tierarztkosten, Haftpflichtschäden und andere finanzielle Risiken abdecken sollen.

Allerdings sind die Beiträge für Tierkrankenversicherungen in den letzten Jahren ebenfalls gestiegen. Dies liegt unter anderem am medizinischen Fortschritt und den steigenden Kosten im Tiergesundheitsbereich. Zudem sind auch die Schadenquoten gestiegen, was wiederum zu einer Erhöhung der Versicherungsprämien führt. Ein Problem bilden etwa überzüchtete Rassen.

Die neue Gebührenordnung für Tierärzte und ihre Folgen

Im November 2022 gab es eine Aktualisierung der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), die mit einer massiven Erhöhung einherging. Diese Anpassungen waren aus meiner Sicht notwendig, da die letzte größere Überarbeitung über 20 Jahre zurück lag und die Kosten für Tierarztpraxen und Personal natürlich weiter gestiegen sind.

Die vorgenommenen Angleichungen wirken sich vor allem im ambulanten Bereich mit Steigerungen von teilweise über 200% aus.

Aus diesem Grund haben sich eine Vielzahl von Anbietern dazu entschieden, die Beiträge für das Neu­geschäft, aber auch für das Bestandsgeschäft deutlich anzupassen – teils über 30% oder, je nach Rasse des Hundes, auch deutlich höher.

Ein Blick nach Schweden ...

In Ländern wie Schweden und Großbritannien sind Tierkrankenversicherungen bereits sehr weit verbreitet, was vor allem im Vergleich mit Deutschland mit den deutlich höheren Kosten begründet ist. In Schweden liegt die Durchdringung der Tierkrankenversicherung bei Hunden bei rund 90% und bei Katzen bei ca. 50% – Tendenz stark wachsend. Die durchschnittlichen Kosten pro Tierarztbesuch liegen bei 544 Euro – basierend auf Daten von FirstVet.

Das typische Tarifmodell in Schweden beinhaltet eine Erstattungsobergrenze von bis zu 15.000 Euro pro Jahr, einen fixen Eigenanteil zwischen 0 und 350 Euro und einen variablen Selbstbehalt in Höhe von 25%. Die Anzahl der Versicherer hat sich auf dem schwedischen Markt bereits konsolidiert, sodass sich aktuell 14 Versicherer den Markt teilen. Gleiches sieht man übrigens auch im Bereich der Tierkliniken, wo der Markt von wenigen Ketten kontrolliert wird.

... und nach Großbritannien

In Großbritannien liegt die Durchdringung bei ca. 50% und die durchschnittlichen Kosten eines Tierarztbesuches bei 950 Euro – basierend auf Daten von FirstVet. Das typische Tarifmodell beinhaltet eine Erstattungsobergrenze von bis zu 5.000 Euro, verbunden mit einem fixen Selbstbehalt in Höhe von 80 Euro. Die Anzahl der Versicherer in Großbritannien ist mit mehr als 50 Anbietern noch deutlich höher als in Schweden oder Deutschland. Der schwedische Trend ist aber auch hier erkennbar.

Übrigens: Eine Gebührenordnung für Tierärzte wie bei uns gibt es in beiden Ländern nicht!

Ausblick auf die Entwicklung in Deutschland

Mit Blick auf die Entwicklungen in anderen Ländern und den wachsenden Markt für Tierversicherungen ist zu erwarten, dass sich die Beiträge und Tarife der Tierkrankenversicherungen weiterhin verändern werden. Eine solche Konsolidierung des Marktes hätte sowohl Vor- als auch Nachteile für Makler. Einerseits könnten sich durch die Zusammenarbeit zwischen Versicherern und Tierärzten neue Geschäftsmöglichkeiten ergeben, beispielsweise in Form von exklusiven Tarifen oder integrierten Versorgungsangeboten. Andererseits könnte die Abnahme der Wettbewerber im Markt für Tierversicherungen zu einer Verringerung der Tarifvielfalt und einer stärkeren Marktmacht einzelner Versicherer führen. Dies könnte es für Makler schwieriger machen, ihren Kunden eine breite Palette von Angeboten zu präsentieren. Am Beispiel Schwedens und Großbritanniens ist zu befürchten, dass wir auch in Deutschland, wo aktuell ja immer noch neue Tierversicherungsanbieter auf den Markt drängen, die Verbindung von Versicherern und Tierarztketten zu einer deutlichen Konsolidierung und Marktmacht einiger weniger Anbieter führt. Der Aufkauf größerer Tierarztpraxen und -kliniken findet aktuell in Deutschland mit zunehmendem Tempo statt.

Mögliche Lösungsansätze

Der Trend zu großen Einheiten und die dadurch entstehende Monopolisierung des Marktes sind aus meiner Sicht kaum aufzuhalten. Für Makler bedeutet dies aber, bereits heute den Anbieter sorgsam – auch unter dem Gesichtspunkt einer langfristigen Geschäftstätigkeit – auszuwählen, da in einigen Jahren einige Anbieter auch wieder verschwinden werden.

Um die Beiträge für Tierversicherungen stabil zu halten, werden sich die Tarife verändern müssen. Die aktuellen Vollkaskotarife werden sich insoweit verändern, als der Trend hin zu Limitierungen aus meiner Sicht nicht aufzuhalten ist.

Ein aktueller Trend – das Thema Telemedizin – wird aus meiner Sicht in Zukunft deutlich zunehmen. Die Telemedizin bietet sowohl für Versicherungen als auch für die Versicherten einige Vorteile. Versicherte Kunden können mittels einer Videosprechstunde mit Tierärzten einen Großteil der Fälle rund um die Uhr schnell und zu deutlich geringeren Kosten lösen. Für die Anbieter führt dies zu einer nicht unerheblichen Kosteneindämmung, was am Ende über den Beitrag auch dem Kunden wieder zugutekommt. Einige Versicherer nutzen die Telemedizin bereits in ihren Tarifen. Diesen Service nutzen mittlerweile immer mehr Kunden, wie mir Henry Winter von FirstVet, einem Anbieter für Telemedizin, berichtet.

Eine weitere Möglichkeit ist die Förderung präventiver Maßnahmen, die dazu beitragen, die Gesundheit der Haustiere zu verbessern und somit die Schadenquoten zu reduzieren. Beispiele hierfür sind die Kostenübernahme für regelmäßige Gesundheitschecks, Impfungen oder Kastrationen. Aktuell haben viele Tarife in Deutschland nur unzureichende Festbeträge für das Thema Vorsorge.

Fazit

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Markt für Tierkrankenversicherungen in Deutschland weiterhin wachsen wird und die Beiträge und Tarife sich in der Zukunft verändern werden. Für Versicherungsmakler ergeben sich daraus neue Geschäftsmöglichkeiten und die Notwendigkeit, sich stets über die aktuellen Entwicklungen und Tarife zu informieren. Mit Blick auf Länder wie Schweden und Großbritannien ist es wahrscheinlich, dass auch in Deutschland die Tierkrankenversicherung weiter an Bedeutung gewinnen wird.

Martin Markowsky ist Geschäftsführer der DOGVERS GmbH (dogvers.de). Den Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 06/2023 und in unserem ePaper.

Foto oben: © kerkezz – stock.adobe.com; Porträtfoto: © Patrick Hamacher

 
Ein Artikel von
Martin Markowsky