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11. Mai 2022
Rechtliche Einordnung von Non-Fungible Token

Rechtliche Einordnung von Non-Fungible Token

Non-Fungible Token haben in den letzten Monaten als digitale Echtheits- und Eigentumszertifikate einen dynamischen Markt für digitale Investments geschaffen. Doch wie ist überhaupt ihre rechtliche Einordnung für Besitzerinnen und Besitzer zu verstehen? AssCompact fragte dazu bei einem Rechtsexperten nach.

Interview mit Dr. Wolfgang Richter, Rechtsanwalt und Partner der Großkanzlei gunnercooke
Kann ich mittels eines Non-Fungible Tokens – NFT – einen „digitalisierten“ Rembrandt erwerben?

Tatsächlich stellt dies kein Problem dar, sich den digitalisierten Rembrandt in eine digitale Bibliothek zu stellen. Allerdings ist damit keineswegs gesagt, dass er dort bleiben darf und noch viel weniger, dass er öffentlich gezeigt oder vervielfältigt werden darf. Eine konkrete Handhabe hängt von den individuellen Nutzungsbedingungen des jeweiligen digitalisierten Kunstwerks ab.

Was sind also NFTs genau und warum funktionieren sie als Investments?

Bei einem Non-Fungible Token handelt es sich um eine einzigartige digitale Wertmarke, die über alle vergangenen und aktuellen Besitzinformationen verfügt. Ebenjene Daten finden auf einer sogenannten Blockchain, einem geschützten Datenprotokoll, Platz. Diese Art des Speicherns gilt als zukunftsweisende Technologie, da sie es ermöglicht, Details wie beispielsweise Informationen zu Käufen oder Verkäufen transparent und konsistent zu vermerken. Eigenschaften, die unter anderem in der Finanzbranche sehr gefragt sind. Anhand der Möglichkeit, jegliche Besitzinformationen innerhalb kürzester Zeit nachzuvollziehen, lässt sich die Inhaberschaft digitaler Assets gesichert nachweisen. Dies ist jedoch nur realisierbar, sofern die individuellen Zugangsdaten für das Konto bzw. das Wallet zur Verfügung stehen. Die digitalen Tokens sind deshalb genauso als Assets geeignet wie andere physische oder digitale Objekte. Wie in der realen Kunstwelt hängen die Nachfrage und der dazugehörige Preis von sehr vielen Faktoren ab, unter anderem von folgenden Fragen: Wer hat das NFT erstellt? Der britische Street­art-Künstler Banksy oder doch nur ein No-Name-­Grafikdesigner, der auf den Hype aufspringen will? Oder: Gibt es bereits ähnliche Werke mit einem Vergleichspreis?

Wer kreiert diese digitalen Zertifikate und wer wiederum bringt sie auf den Markt?

Grundsätzlich kann jeder einen NFT erstellen, der über das notwendige technische Know-how verfügt. So kann der Token einen digitalen Stellvertreter eines physischen, aber auch eines digitalen Kunstwerks darstellen. Ein solches Zertifikat kann frei zwischen den Wallets von interessierten Parteien übertragen werden. Der Reiz einer Transaktion über die Blockchain-Technologie besteht darin, dass der Kaufpreis im gleichen Zuge wie die Übertragung des NFTs auf dieselben beiden Wallets geschieht. Als Zahlungsmittel kann dafür eine der gängigen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether verwendet werden. Es ist aber auch möglich, sogenannte Stable Coins zu nutzen, die an staatliche Währungen wie den US-Dollar geknüpft sind. In der digitalen Kunstwelt haben sich inzwischen Aktionshäuser etabliert, die gegen entsprechende Gebühren und Provisionen verschiedene Kunstwerke anbieten. Alternativ ermöglichen es renommierte Institutionen wie Sotheby’s, Christie’s und Co., NFTs in der analogen Welt zu ersteigern.

Welche Rechte besitzen Käuferinnen und Käufer am Werk überhaupt?

Kunst hat in der digitalen Welt keine so weitgehenden Rechte, wie es das physische Eigentum vermittelt. Jedoch können ohne Weiteres Nutzungsrechte vereinbart werden, die im Ergebnis eine vergleichbare Rechtsstellung gewähren. Aufgrund dessen sind beim Erwerb eines NFTs die Nutzungsrechte sorgfältig zu prüfen. Diese können von einem exklusiven Nutzungsrecht der Käufer – nur sie dürfen das NFT und Original nutzen – bis hin zu einzelnen allgemeinen Regelungen reichen. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dass vor dem Kauf eine juristische Absicherung erfolgt, weil ein Schutz der Rechtsposition nur bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung besteht.

Wie sollen sich Käufer angesichts der Bedeutung der Nutzungsrechte verhalten?

Natürlich muss der Prüfungsaufwand hier mit Augenmaß erfolgen. Wenn es sich um Kleinbeträge handelt, dann ist die Frage der Sicherheit der eigenen Rechtsposition von vergleichsweise geringer Bedeutung. Allerdings kann sich dies sehr schnell ändern, wenn eine Veräußerung oder Vervielfältigung des NFTs ansteht. In diesem Fall sollte vorher sichergestellt werden, ob in den Übertragungsbedingungen solche Rechte eingeräumt werden. Für die Abwicklung solcher NFT-Transaktionen können sogenannte Smart Contracts zum Einsatz kommen. Hierbei gilt es zu beachten, dass unterschiedlichste Übertragungsbedingungen zum Tragen kommen. Dazu gehört auch die automatisierte Zahlung von Provisionen oder Anteilen an den Künstler.

Gibt es Besonderheiten bei der steuerlichen Behandlung von NFTs?

NFTs sind als digitale Vermögenswerte entsprechend in der Bilanz von Unternehmen mit den Anschaffungskosten zu verzeichnen. Im privaten Umfeld gelten dabei dieselben Regeln wie bei analoger Kunst.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 04/2022, S. 118 f., und in unserem ePaper.

Bild: © JustSuper – stock.adobe.com

Bild Autor: © Julia Richter de Arce

 
Ein Artikel von
Dr. Wolfgang Richter