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16. Januar 2019
Reform der Grundsteuer geht in die heiße Phase

Reform der Grundsteuer geht in die heiße Phase

Die Grundsteuer muss bis spätestens Ende 2019 reformiert werden. Eine Einigung auf eine neue Regelung ist aber nach wie vor in weiter Ferne. Das bevorzugte Modell von Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist nicht nur bei vielen Vertretern der Bundesländer umstritten. Ein aktuelles Gutachten sieht auch verfassungsrechtliche Bedenken.

Der Streit um die Reform der Grundsteuer geht in die heiße Phase. Bis Ende 2019 muss aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom April 2018 ein neues Berechnungsmodell eingeführt werden. Eine Einigung auf ein neues Modell soll zwar bis Ende Februar erfolgen. Noch gehen die Vorstellungen der politisch Verantwortlichen aber weiterhin auseinander.

Wertfrage

Im Kern geht es nach wie vor um die Frage, ob die Werte der Grundstücke bei der Berechnung der Steuer eine Rolle spielen sollen oder nicht. Während einige Bundesländer ein rein auf die Fläche bezogenes Modell bevorzugen, will Bundesfinanzminister Olaf Scholz unverändert ein wertabhängiges Modell einführen. Ein aktuelles Gutachten des Augsburger Professors Gregor Kirchhof im Auftrag des Spitzenverbands ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss äußert daran allerdings massive verfassungsrechtliche Bedenken.

Zweifel an Zuständigkeit des Bundes

Kirchhof zweifelt bereits an, ob für Gesetzesänderung der Bund überhaupt zuständig ist. Zudem kommt der Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die geplante Bemessung nach der vereinbarten Miete „ersichtlich gleichheitswidrig“ sei. Eingriffe in die zahlreichen bestehenden Mietverhältnisse seien „angesichts der ausgeübten Eigentümer- und Vertragsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen.“

Zu starke Orientierung an der Vermögensteuer

Darüber hinaus orientiere sich der Reformvorschlag in seiner Ausrichtung auf den Grundstückswert „zu sehr an der Vermögensteuer“. Das Bundesverfassungsgericht habe dem Gesetzgeber aber aufgetragen, die Grundsteuer von der Vermögensteuer zu unterscheiden. Das wertabhängige Mietmodell würde demnach das Grundgesetz verletzen.

Zu komplex

Darüber hinaus bedeute das vom Bundesfinanzministerium bislang favorisierte Modell einen „erheblichen Verwaltungsaufwand“, der die verfassungsgerichtliche Mahnung, einfache Bewertungsregeln zu setzen, „ersichtlich nicht befolgt“. Kirchhof warnt außerdem in dem Gutachten vor einer juristisch nicht sauberen Vermengung der Gründe für die Erhebung der Grundsteuer. Eine grundsteuerliche Bewertung nach dem Ertrags- oder Verkehrswert von Grund und Boden, wie im favorisierten Modell des Finanzministeriums vorgesehen, sei “nicht realitätsgerecht“ und liege „zu nah an der Vermögensteuer“.

Beständig, rechtssicher und nachvollziehbar

Für Kirchhof drängt das Verfassungsrecht zur Einführung des Flächenmodells, das die Grundstückswerte außen vor lässt. Ein solches Modell würde die „Steuerlast und Steuereinnahmen beständig, rechtssicher und nachvollziehbar“ regeln. Zudem könne die öffentliche Hand dieses System in aller Regel aus eigener Kenntnis leicht, rechtssicher, gleichheitsgerecht und auch rechnergestützt anwenden.

ZIA sieht Kritik bestätigt

„Neben die vielerorts kritisierte Komplexität des wertabhängigen Modells treten nun auch noch erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel“, warnte Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA, bei der Vorstellung des Gutachtens von Prof. Kirchhof. Es überrasche insgesamt nicht, dass das wertabhängige Modell von mehreren Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik abgelehnt werde. Angesichts der kurzen Frist des Bundesverfassungsgerichts müsse aber schnell eine vernünftige und verfassungsfeste Lösung für ein Reformmodell gefunden werden. (mh)