Interview mit Florian Berberich, Associate Director Germany, Austria & Switzerland bei Rize ETF
Herr Berberich, bei Privatanlegern erfreuen sich ETFs weiter zunehmender Beliebtheit. Weshalb sollten sich auch Vermittler für dieses Anlagevehikel interessieren?
ETFs sind als kostengünstige Anlagemöglichkeit für alle Investoren von Interesse – ganz gleich ob Institutionelle, Vermittler oder Privatanleger. Gleichzeitig nimmt die Nachfrage nach Themeninvestments bzw. Investments in Megatrends zweifellos zu – auch in Deutschland. Rize ETF bietet die Möglichkeit, beides zu vereinen. Dabei dürfen Themeninvestments und Megatrends nicht einfach als Hype abgetan werden. Zahlreiche Themen sind schon so lange relevant, dass sie ihre Daseinsberechtigung belegt haben und zeigen, dass Themen-ETFs Veränderungen in unserer Gesellschaft einfangen können – daher eignen sich diese mindestens als Satellitenposition im eigenen Portfolio.
Der größere Anteil des Portfolios sollte also weiterhin breit gestreut weltweit angelegt werden. Wie groß darf die Satellitenposition denn werden?
Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Beschränken wir die Antwort mal auf Privatanleger. Ich persönlich glaube, dass mindestens 50%, eher 60% des Portfolios in global anlegenden, breit diversifizierten ETFs stecken sollten. Wie hoch dann schließlich der Anteil an Themeninvestments ausfallen kann, ist stark von der Risikobereitschaft des Anlegers und auch seiner Nachhaltigkeitspräferenz abhängig.
Inwiefern spielt die Nachhaltigkeitspräferenz da eine Rolle?
Wenn man einen strengen Nachhaltigkeitsansatz verfolgt, ist der schwierig umzusetzen, ohne auf Themeninvestments zurückzugreifen. Sollte die persönliche Überzeugung beispielsweise lauten: Ich investiere überhaupt nicht in fossile Brennstoffe oder ausschließlich in vegane Unternehmen – weil der Anleger sich vielleicht selbst vegan oder vegetarisch ernährt –, dann ist das mit einer wirklich breit gestreuten Geldanlage kaum möglich bis unmöglich. Mit einem Themen-ETF lässt sich so etwas jedoch erzielen, weil hier sehr konzentriert angelegt wird. Der Anleger ist dann vielleicht nicht an allen 2.000 Firmen des MSCI World beteiligt, sondern nur an einem Bruchteil dieser Zahl. Gleichzeitig kann er aber darauf vertrauen, dass nur Unternehmensbeteiligungen in seinem Depot landen, hinter denen er steht.
Rize ETF bietet aktuell acht Themen-ETFs. In puncto Fondsvolumen unterscheiden sich die angebotenen Produkte massiv. Das Fondsangebot umfasst ETFs mit 0,76 Mio. Euro bis hin zu 232 Mio. Euro Volumen. Welche Produkte sind besonders erfolgreich und warum?
Zum einen ist natürlich immer das Auflegungsdatum mitentscheidend. Ist ein Produkt schon länger auf dem Markt, hatte es selbstverständlich auch länger Zeit, mehr Kundengelder auf sich zu vereinen. Zum anderen lässt sich aber ganz klar sagen, dass unsere beiden Nachhaltigkeits-ETFs gemäß Artikel 9 EU-Offenlegungsverordnung zu den Kassenschlagern zählen. Dabei handelt es sich um den Sustainable Future of Food, der in Unternehmen investiert, die den Übergang hin zu nachhaltiger Ernährung gestalten, und um den Rize Environmental Impact 100, bei dem der Kampf gegen den Klimawandel im Mittelpunkt steht. Rize ETF ist das erste und bisher einzige Unternehmen, das so ein Produkt anbietet.
Inwiefern?
Der Environmental Impact 100 ist mit 100 Werten breiter gestreut als andere Themeninvestments und weist eine wesentlich geringere Konzentration der Top Ten (rund 15%) auf – normalerweise sind Themen-ETFs im Bereich der 30 bis 60 Titel bei höherer Konzentration der Top-Werte. Das Produkt könnte daher meiner persönlichen Meinung nach durchaus Teil einer Core-Allokation sein. Doch es geht nicht ausschließlich um die Diversifikation. Wir arbeiten außerdem mit Forschungspartnern zusammen und erstellen aufbauend auf den Ergebnissen eigene Indizes, die unseren ETFs zugrunde liegen. Da wir die einzigen sind, die diesen jeweiligen Index einsetzen dürfen, macht uns bereits das einmalig. Für den Environmental Impact 100 hat sich Rize ETF zum Beispiel mit Sustainable Markets Strategies zusammengetan. Deren CEO hat damals das Pariser Klimaabkommen für Kanada mit ausgehandelt. Die Grundlage für den ETF bildet ein Index, der die sechs Umweltziele der EU-Taxonomie berücksichtigt.
Wie lauten die?
Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung von Wasserressourcen, Wandel zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz von Ökosystemen und Biodiversität. Und der besagte ETF investiert in die 100 einflussreichsten Unternehmen, die schon heute dazu beitragen, diese Umweltziele zu erreichen. Rize ETF hat aber auch darüber hinaus eine relativ strikte ESG-Politik, die bei allen Produkten angewandt wird. Deshalb ist beispielsweise der Rize Cybersicherheit-ETF als Artikel-8-Fonds klassifiziert. Wenn man ohne ESG-Filter in Cybersicherheitsunternehmen investiert, können Investoren durchaus auch schnell bei Rüstungsunternehmen und teilweise auch bei Herstellern von kontroversen Waffen landen. Und Rize ETF vertritt da die Ansicht, dass Unternehmen, die in die Entwicklung von kontroversen Waffen involviert sind, per se nicht nachhaltig sein können.
Wenn Anleger aber in den Bereich Cybersicherheit investieren wollen, möchten sie doch vermutlich das gesamte Anlageuniversum abgedeckt wissen. Die Ausschlüsse von relevanten Unternehmen drängt Rize ETF seinen Kunden dann also auf, oder?
Nein, so kann man das nicht sagen. Wir emittieren Themen-ETFs, und dabei kommt es darauf an, dass die Aktien der Unternehmen im Fonds landen, die mindestens 20% (bei manchen Themen auch mindestens 50%) der Umsätze von dem jeweiligen Thema erwirtschaften. Das nennt sich bei Rize ETF „Pure Play“. Ich als gebürtiger Münchner nenne es unser Reinheitsgebot. Wir untersuchen, woher die Umsätze des jeweiligen Unternehmens kommen, und investieren nur in Firmen, die wirklich den größten Teil ihres Umsatzes mit dem Thema machen, das wir abzubilden suchen. Denn selbst wenn der französische Rüstungskonzern Thales sich auch irgendwo im Bereich Cybersicherheit engagiert, kommt der Großteil seines Umsatzes woanders her. Der Thales-Kurs spiegelt folglich nicht die Entwicklung im Bereich Cybersicherheit wider, sondern hängt dann eher an zahlreichen anderen Marktsegmenten.
Wie legt Rize ETF eigentlich fest, welches Thema sich für die Auflage eines ETFs eignet?
Bei Rize ETF achten wir hinsichtlich der Themenauswahl auf folgende fünf zentrale Aspekte: Dazu gehört erstens die Wiedererkennbarkeit des Themas, das einen kausalen oder logischen Zusammenhang zu einer tiefgreifenden strukturellen Veränderung aufweisen sollte. Zum Zweiten müssen die Themen langlebig sein, also ein langfristiges Wachstumspotenzial aufweisen. Ihre Entwicklung kann mehrere Jahrzehnte in Anspruch nehmen, daher suchen wir in der Regel nach Konsensprognosen, die eine jährliche Wachstumsrate von 10% oder mehr für die Branche aufweisen. Drittens müssen die Themen investierbar sein – und zwar sowohl im Hinblick auf eine ausreichende Reife als auch auf eine ausreichende Liquidität der zugrunde liegenden Unternehmen. Nicht alle Chancen, die als Themen identifiziert werden, sind notwendigerweise investierbar oder können zum jetzigen Zeitpunkt investiert werden. Viertens müssen die Themen von mehr als nur einem einzigen Megatrend angetrieben werden, also multivariabel sein. Die besten Themen sind demzufolge diejenigen, die von mehreren Megatrends getragen werden, wie beispielsweise disruptive Technologien, die Energiewende und die New-Age-Konsumenten. Der fünfte Aspekt ist der Impakt, also die Wirkung, die das Thema zeigen sollte. Diese muss nicht unbedingt ökologischer oder sozialer Natur sein, sondern sollte schlicht die Frage beantworten, ob diese Unternehmen an Lösungen arbeiten, die die Gesellschaft auf die eine oder andere Weise – auch technologisch – voranbringen können.
Was wäre ein Beispiel für ein interessantes Thema, das aber nicht investierbar ist?
Ein gutes Beispiel ist meiner Meinung nach die Blockchain. Es ist schwierig, zu diesem Themengebiet einen Pure-Play-Ansatz zu verwirklichen. Auch wenn Unternehmen sich jetzt Blockchain auf die Fahnen und in ihre Marketingflyer schreiben, ändert das nichts daran, dass diese Betriebe ihr Geld aktuell mit ganz anderen Produkten oder Dienstleistungen verdienen. Das heißt, ein umsatzbasiertes Auswahlverfahren der Unternehmen ist hier schwierig, da das Universum an Aktien einfach nicht groß genug ist.
Als ETF-Anbieter ist es wichtig, die Kosten unter Kontrolle zu behalten. Dafür ist auch das Fondsvolumen entscheidend. Wie groß müssen die ETFs sein, damit sie auch für Rize ETF profitabel sind?
Das kann man nicht verallgemeinern. Unsere Produkte sind da ganz unterschiedlich. Was sich jedoch festhalten lässt: Ab einem Fondsvolumen von 20 bis 40 Mio. Euro – vereinzelt vielleicht 50 Mio. Euro – tragen sich unsere Produkte selbst. Das ist jedoch kein Grund zur Sorge für Investoren in unsere ETFs mit weniger Volumen. Unsere Produktentwicklung dauert wie zuvor erwähnt lange Zeit. Diesen Aufwand würden wir uns nicht machen, wenn wir nicht wirklich an das Produkt glauben würden. Ganz im Gegenteil: Wir glauben an unsere Produkte und auch an die Zukunft unserer ETFs. Denn bei unseren Themen lautet das Credo: Future first!
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 56 f., und in unserem ePaper.
Bild: © Florian Berberich, Rize ETF
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können