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30. Mai 2025
Schutz fürs Haus: Was Eigentümer und Makler unterschätzen
Schutz fürs Haus: Was Eigentümer und Makler unterschätzen

Schutz fürs Haus: Was Eigentümer und Makler unterschätzen

Viele Immobilienbesitzer unterschätzen die Risiken durch Naturgefahren – oft mit fatalen Folgen. Dennoch verharrt die Versicherungsdichte bei der Elementarschadenversicherung nur bei etwas mehr als 50%. Wie gelingt es, Hausbesitzer davon zu überzeugen? AssCompact fragte nach.

Interview mit Nicolas Streker, Geschäftsführer bei ASSPICK Versicherungsmakler GmbH
Herr Streker, die Wohngebäudeversicherung steht unter Druck: Steigende Schäden durch Naturgefahren, höhere Prämien und Massenkündigungen. Wie schätzen Sie die aktuelle Marktlage ein, und wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Versicherer und Makler?

Die Wohngebäudeversicherung bleibt für viele Versicherer nach wie vor defizitär und die Sanierungsbemühungen halten marktweit an. Die Frequenzschadenlast aufgrund veralteter Gebäudesubstanz bleibt unverändert hoch und Elementarereignisse werden klimabedingt weiter zunehmen. Das spüren die Kunden und wir Makler bei den Prämien und Zeichnungskapazitäten.

Zu den größten Herausforderungen für die gesamte Versicherungswirtschaft dürften klimabedingte Risiken gehören. Die Versicherbarkeit in einigen Lagen wird aufgrund des Klimawandels und des damit verbundenen Schadenpotenzials durch Extremwetterereignisse zunehmend schwieriger. Und angesichts der jüngsten Entwicklungen ist damit zu rechnen, dass die Wohngebäudeprämien weiter steigen. Auch dürfte die Versicherungswirtschaft nicht in der Lage sein, Elementarschäden gänzlich ohne Hilfe des Staates zu einem akzeptablen Preis langfristig zu versichern.

Die Rahmenbedingungen könnten also besser sein. Welche Folgen haben diese für die Geschäftsentwicklung in der Wohngebäudesparte?

Mehrere Faktoren führen dazu, dass sich die wirtschaftliche Lage in der Wohngebäudeversicherung zunehmend verschärft. Zum einen steigt die Schadenlast – insbesondere infolge von Extremwetterereignissen, des hohen Anteils alter Bausubstanz und einer generell niedrigen Sanierungsquote im Gebäudebestand. Hinzu kommen steigende Kosten in der Rückversicherung, die sich direkt auf die Kalkulationen der Erstversicherer auswirken. Gleichzeitig bleibt der Spielraum für Prämienanpassungen begrenzt: Der Wettbewerbsdruck wächst und durch digitale Vergleichsmöglichkeiten wird die Preistransparenz für Kundinnen und Kunden immer höher. Auch regulatorische Anforderungen und gesetzliche Vorgaben wie die neue Gefahrstoffverordnung erhöhen den Aufwand und die Komplexität für die Anbieter – alles zusammen belastet das Geschäftsergebnis spürbar.

Wenn das Geschäft in der Wohngebäudeversicherung zunehmend unter Druck gerät, warum ist für Sie dann die Zielgruppe „Hausbesitzer“ attraktiv in der Beratung?

Gerade weil sich die Herausforderungen im Bereich Wohngebäude häufen, ist die Zielgruppe „Hausbesitzer“ in der Beratung besonders interessant für Makler. Der Gebäudebestand in Deutschland ist vielerorts veraltet, was die Anfälligkeit für Schäden erhöht – sei es durch marode Leitungen, veraltete Dächer oder unzureichende Isolierung. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Naturgefahrenereignisse spürbar zu: Starkregen, Stürme und Überschwemmungen treten häufiger und intensiver auf. Dazu kommt das große Thema Energieeffizienz im Gebäudesektor – viele Eigentümer stehen vor der Aufgabe, ihre Immobilie in den nächsten Jahren energetisch zu modernisieren. All diese Faktoren steigern das Schadenpotenzial und machen einen fundierten Versicherungsschutz sowie eine kompetente Beratung umso wichtiger. Für Vermittler entsteht hier eine echte Chance, durch Expertise und passende Lösungen nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen.

Viele Immobilienbesitzer unterschätzen die Risiken durch Starkregen oder Hochwasser – oft mit fatalen Folgen. Die Absicherung im Bereich Elementar verharrt bei etwas über 50%. Wie schwierig ist es, Kunden von der Notwendigkeit einer erweiterten Elementar­­­deckung zu überzeugen?

Das Wetter war 2024 in vielerlei Hinsicht extrem und gibt uns einen Vorgeschmack darauf, was uns in den nächsten Jahren erwartet. Dabei sind die zunehmenden Schäden durch Naturkatastrophen nicht nur klimabedingt, sondern auch eine Folge wachsender Urbanisierung, steigender Wiederaufbaukosten, hoher Wertkonzentrationen in Risikogebieten und unzureichender Klimavorsorge auf privater und staatlicher Ebene. 

Ich glaube, dass in weiten Teilen der Gesellschaft bereits ein Umdenken stattfindet. Jeder kann die Folgen der Klimakrise sehen und auch fühlen. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels ist es in Deutschland mittlerweile gesellschaftlicher Konsens, dass eine Transformation des Gebäudesektors dringend notwendig ist. Was dagegen häufiger fehlt, ist das persönliche Risikobewusstsein für die eigene Immobilie. Hier können wir Versicherungsmakler eine wichtige Rolle einnehmen, indem wir Immobilienbesitzer über diese Gefahren informieren und dafür sensibilisieren. Hierfür greife ich zum Beispiel auf QuickCheck vom HochwasserKompetenzCentrum oder auf die ZÜRS-Starkregenzonierung zurück. Außerdem ist es wichtig, dem Kunden Kampagnen wie staatliche Fördermöglichkeiten für einen klimaresilienten Umbau an die Hand zu geben.

Welche Fehlannahmen seitens des Kunden begegnen Ihnen in der Beratung am häufigsten?

Nach wie vor denken viele Eigentümer, Hochwasserschutz sei allein Sache der öffentlichen Hand. Doch das ist ein Irrglaube: Jeder, der von Überflutungen betroffen sein könnte, ist verpflichtet, sein Grundstück zu schützen. Viele Hausbesitzer kennen weder die Energieeffizienzklasse ihrer Immobilie noch wissen sie, wie hoch ihr persönliches Risiko für Starkregenereignisse an ihrem Wohnort ist. Bei einem Hausverkauf sind Energieausweise gesetzlich vorgeschrieben. Einen verpflichtenden Starkregen- oder Hochwasser-Pass gibt es derzeit aber nicht.

Viele Kunden gehen immer noch davon aus, dass nur Hausbesitzer mit direktem Blick auf Elbe, Donau oder Rhein von einer Überschwemmung betroffen sein können. Hier herrscht oftmals kein Risikobewusstsein. Dabei sind Starkregen und Überschwemmungen, häufig begleitet durch starke Gewitter, nicht auf bestimmte Regionen begrenzt. Es spielt keine Rolle, ob ein Fluss in der Nähe ist oder das Haus auf der Bergkuppe steht. Gerade die kurzen, heftigen Niederschläge haben besonders gravierende Folgen. Eine weitere Sorge, die ich regelmäßig höre, ist, dass die Prämien für Elementarschadenversicherungen massiv steigen und Prävention einfach zu teuer ist. Dabei beträgt der Anteil einer Elementarschadenversicherung an der Gesamtprämie je nach Lage weniger als 20%.

Sehen Sie eine wachsende Gefahr, dass Makler in Haftung genommen werden, wenn Kunden trotz Beratung auf die Elementarversicherung verzichten?

Der Makler nimmt eine besondere Rolle bei der Risikoanalyse und Anpassung ein, da er als Bindeglied und Multiplikator zwischen Versicherungsnehmern, Versicherungsunternehmen und in der Risikoprävention als Risikomanager fungiert. Versicherungsmakler sind daher essenziell für eine nachhaltige Versicherbarkeit von Wohngebäuden, da sie sowohl präventiv als auch im Schadenfall eine beratende und unterstützende Funktion übernehmen. Versicherungsvermittler können Hausbesitzern konkrete Tipps zur Risikominderung geben, zum Beispiel zur Installation von Rückstauklappen oder baulichen Anpassungen.

Ein Haftungsthema sehe ich bei der Übernahme von Altbeständen. Hier werden oftmals Verträge „blind“ übernommen. Sowohl was die Deckung als auch was die Versicherungswerte betrifft, besteht oftmals Handlungsbedarf. Eine qualifizierte Beratung und Dokumentation schützt vor Haftungsfallen und ist auch im Sinne des Verbraucherschutzes.

Kunden achten in der Wohngebäudeversicherung oft zuerst auf den Preis. Wie gelingt es Ihnen, die Bedeutung von Qualität und Leistung in den Vordergrund zu rücken, insbesondere wenn es um die Absicherung gegen Naturkatastrophen geht?

Ich nehme schon wahr, dass immer mehr Hausbesitzer den Klimawandel als ernsthafte Bedrohung ansehen, jedoch relativ wenig Basiswissen über Klimarisiken und ihre Folgen wie Hitze, Dürre oder Starkregen haben. Eine weitverbreitete Meinung, die so gut wie immer falsch ist: Manche Häuser lassen sich nicht oder nur sehr schwer gegen Elementarrisiken versichern. Dabei können selbst Häuser, die in der Vergangenheit keinen Versicherungsschutz bekommen haben, durch eine verbesserte Risikoanalyse, mehr Hochwasserschutz oder auch bauliche Präventionsmaßnahmen versichert werden.

Die Preisdiskussion kann ich wiederum nur bedingt nachvollziehen. Hier sollten wir uns als Makler die Frage stellen, ob ein reiner Preisverkauf der richtige Ansatz für die Zukunft ist. Immerhin sprechen wir bei der Immobilie in der Regel über die größte Investition vieler Menschen in ihrem Leben. Ich bin davon überzeugt, dass eine qualitätsfokussierte Beratung in Richtung Präventions- und Fördermöglichkeiten ein sehr vielversprechender und nachhaltiger Beratungsansatz ist. Und Hauseigentümer und Versicherungsmakler müssen verstehen, wie wichtig es ist, selbst vorzusorgen. Das Gute ist: Prävention wirkt sofort.

Halten Sie die Einführung einer Pflichtversicherung gegen Elementarschäden für sinnvoll oder sollte es weiterhin in der Verantwortung der Immobilienbesitzer liegen, sich ausreichend zu versichern?

Eine singuläre Pflichtversicherung mit bundesweiten Einheitsprämien führt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu explodierenden und letztlich unbezahlbaren Prämien für alle Verbraucher, egal ob Eigentümer oder Mieter. Das würde aber auch dazu führen, dass sich einzelne Versicherer perspektivisch aus dem Markt zurückziehen oder ihn gänzlich aufgeben würden, so wie wir es in Amerika zurzeit beobachten. Wollen wir eine solche Angebotsverknappung im Markt? Ich sehe daher eine Pflichtversicherung kritisch. Prävention und Klimafolgenanpassung sind für mich der Dreh- und Angelpunkt, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien auf Sicht nicht aus dem Ruder laufen bzw. bezahlbar bleiben.

Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit Elementarschäden auch in Zukunft versicherbar bleiben?

Damit Schäden durch Überschwemmungen, Starkregen, Stürme und Hagel auch künftig versicherbar bleiben, müssen von der neuen Regierung die Weichen für effektive und nachhaltig wirksame Präventionsmaßnahmen gestellt werden. Eine Pflichtversicherung, die lediglich die Zahl versicherter Schäden erhöht, ist nicht die richtige Lösung, wenn Schäden gleichzeitig häufiger und heftiger werden. Versicherer berechnen bei ihren Prämien potenzielle Schäden und die Wahrscheinlichkeit eines Schadeneintritts. Das bedeutet, dass jedes versicherte Haus entsprechend dem jeweiligen Risiko in den Büchern der Versicherer steht und für den Schadenfall Risikokapital zur Verfügung stehen muss. Nur wenn Schäden effektiv verringert werden, kann eine Versicherung auch in der Zukunft noch Schutz anbieten.

Und welche Strategie stellt sicher, dass die private Absicherung langfristig bezahlbar bleibt?

Damit die private Absicherung gegen Naturgefahren auch langfristig bezahlbar bleibt, braucht es ein umfassendes Gesamtkonzept. Es reicht nicht aus, nur auf den Versicherungsmechanismus zu setzen – entscheidend ist die Kombination aus gezielter Prävention, breiter Sensibilisierung, fundierter Information und einer klaren staatlichen Verantwortung im Katastrophenfall.

Ein zentrales Element ist dabei die Anpassung des Baurechts: Bauen in bekannten Überschwemmungsgebieten sollte künftig ausgeschlossen sein. Ebenso wichtig ist die klimaangepasste Bauweise – sowohl bei Neubauten als auch bei Sanierungen –, um potenzielle Schäden bereits im Vorfeld zu begrenzen.

Darüber hinaus muss das Naturgefahrenportal des Deutschen Wetterdienstes ausgebaut werden, sodass Hausbesitzer schnell und einfach erkennen können, wie hoch das Risiko in ihrer Region ist und welche Schutzmaßnahmen sinnvoll sind. Nur durch diesen ganzheitlichen Ansatz lassen sich Menschen und Eigentum wirksam schützen – und gleichzeitig die Versicherbarkeit von Naturgefahrenrisiken dauerhaft sichern.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Interview mit
Nicolas Streker