AssCompact suche
Home
Assekuranz
27. Juni 2020
Schutzschirm für Unternehmen

Schutzschirm für Unternehmen

Die Corona-Krise trifft viele Unternehmen besonders hart. Die Zahl der Firmeninsolvenzen dürfte weltweit 2020 um rund ein Viertel steigen. In Deutschland immerhin um mehr als ein Zehntel. Kreditversicherer wie Coface federn die Finanzklemme der Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung durch einen Schutzschirm ab.

Ein Gastbeitrag von Erich Hieronimus, Pressesprecher von Coface Deutschland

Insgesamt 68 Länder werden dieses Jahr eine Rezession haben. Das globale Wirtschaftswachstum ist mit minus 1,3% negativ. Der Welthandel bricht um 4,3% ein. Und die Firmeninsolvenzen steigen weltweit um 25%, in Deutschland um 11%. Vor dem Hintergrund dieser Prognosen des Kreditversicherers Coface für das Corona-Jahr 2020 spannt die Bundesregierung gemeinsam mit den Kreditversicherern einen Schutzschirm in Höhe von 30 Mrd. Euro auf. Damit sollen Lieferantenkredite deutscher Unternehmen gesichert und die Wirtschaft gestützt werden.

Bestehende Deckungszusagen werden erhalten

Auch Coface kooperiert in diesem umfangreichen Programm für Inlands- und Exportgeschäfte. Die EU-Kommission hat dem Programm vorab zugestimmt. Mit der Kooperation können die Kreditversicherer trotz erheblich gestiegener Ausfallrisiken bestehende Deckungszusagen weiter aufrechterhalten und auch neue übernehmen. Damit begegnen Regierung und Kreditversicherer auch dem gerade in Krisen immer wieder zu hörenden Vorwurf, dass die Kreditversicherer bei steigenden Risiken Limite kürzen oder streichen und so „den Schirm einklappen, wenn es regnet“.

Insolvenzwelle wegen Corona

Zu den gravierenden negativen Vorzeichen gehört die Insolvenzprognose. Im Januar erwarteten die Coface-Volkswirte noch eine moderate weltweite Zunahme um 2%. Jetzt hat sich diese Zahl mehr als verzehnfacht. Das wäre der stärkste Anstieg seit 2009, selbst wenn die Wirtschaft im dritten Quartal wieder langsam anspringen würde. Und ohne eine eventuelle zweite Corona-Welle in der zweiten Jahreshälfte.

Den größten Anstieg erwartet Coface in den USA mit 39%. Alle westeuropäischen Länder wären betroffen, zusammen mit plus 18%. Im Einzelnen sieht Coface eine Steigerung für Deutschland um 11%, Frankreich um 15%, Großbritannien um 33%, Spanien um 22% und Italien um 18%. Auch für Japan, das ebenso wie Deutschland zehn Jahre lang sinkende Insolvenzzahlen meldete, wird der Anstieg mit 12% zweistellig ausfallen. In den Emerging Markets könnten sich die Folgen der Krise noch stärker niederschlagen. Insgesamt steht die globale Wirtschaft vor ihrer ersten Rezession seit 2009.

Starkes Zeichen an Unternehmen

Das Programm der Bundesregierung ist in diesem Umfeld ein starkes Zeichen an die deutschen Unternehmen. Coface sieht darin eine gute Lösung, um den Spagat zwischen den Anforderungen des unternehmerischen Risikomanagements und dem aktuell notwendigen Krisenmanagement zu bewältigen. So können Engagements aufrechterhalten werden, die unter normalen Risikogesichtspunkten nicht mehr haltbar wären. Die hohe finanzielle Beteiligung der Kreditversicherer zeigt, dass es sich nicht um einen staatlichen Schutzschirm für die Versicherer selbst handele, sondern um ein breites Stabilisierungsprogramm für die Wirtschaft.

Versicherer bleiben dennoch in der Verantwortung

Mit der Garantie entlässt der Bund die Versicherer keineswegs aus der Verantwortung. Der Staat übernimmt für das Jahr 2020 eine Garantie für Entschädigungszahlungen der Kreditversicherer von bis zu 30 Mrd. Euro. Die Kreditversicherer beteiligen sich substanziell und überlassen dem Bund 65% der Prämieneinnahmen im Jahr 2020. Zudem tragen sie Verluste bis zu einer Höhe von 500 Mio. Euro selbst und übernehmen die Ausfallrisiken, die über die Garantiesumme des Bundes hinausgehen. Für die Versicherungskunden ändert sich nichts am Prozedere: Vertrags- und Ansprechpartner bleibt der jeweilige Versicherer.

„Beträchtliche Störung“ beheben

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte bei der Vorstellung des Programms: „Für viele Unternehmen ist diese Krise bedrohlich, weil sie keine Aufträge mehr erhalten. Und wenn noch Aufträge da sind, ist ungewiss, ob der Kunde am Ende zahlen kann. Deshalb sorgen wir dafür, dass Kreditversicherer weiter für etwaige Zahlungsausfälle einstehen, und tragen dazu bei, die Lieferketten in Deutschland und weltweit aufrechtzuerhalten.“ Dies sieht auch die EU-Kommission so. Die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der EU-Kommission, Margrethe Vestager, erklärte zur Genehmigung nach den EU-Beihilfevorschriften: „Die deutsche Regelung trägt dazu bei, dass Handelskreditversicherungen weiterhin für alle Unternehmen verfügbar sind. Die Maßnahme wird die Liquiditätslage europäischer Unternehmen erleichtern und ihnen dabei helfen, in diesen schwierigen Zeiten ihren Geschäftsbetrieb fortzusetzen.“ Die deutsche Regelung sei erforderlich, geeignet und angemessen, „eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaates zu beheben“.

Kreditversicherung kein Vollkasko

Wie im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise vor gut zehn Jahren tritt auch jetzt wieder die Problematik im Verständnis der Kreditversicherung zutage. Sie wird von außen oft als Vollkaskoversicherung angesehen, definiert sich selbst aber primär als Instrument des unternehmerischen Risikomanagements. Dessen Ziel ist es, das Risiko eines Forderungsverlustes frühzeitig zu erkennen und geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um den Schaden zu verhindern. Die wichtigste Stellschraube dafür sind die Limite, die der Versicherer dem Kunden für dessen Lieferungen oder Leistungen an Abnehmer fast überall auf der Welt einräumt. Wird das Ausfallrisiko erkennbar zu hoch oder ist es nicht mehr kalkulierbar, passen die Versicherer Limite an oder heben sie auf. Die Kreditversicherung tritt letztlich dann als Versicherer ein und entschädigt, wenn trotz aller Risiko­maßnahmen Forderungen ausfallen. Damit haftet der Versicherer quasi für seine Bonitätsbewertung – anders als zum Beispiel Auskunfteien.

Stärkere Einschränkungen verhindert

Ohne die Garantie des Bundes hätten die Kreditversicherer im Rahmen ihrer Risikopolitik in der Corona-Pandemie Limite stärker einschränken oder aufheben müssen, als sie es jetzt aus wirtschaftspolitischen Gründen tun. Eine Kreditversicherung ist aktives Risikomanagement, kein Vollkaskoschutz für riskante Geschäfte. Das Ziel ist immer die Schadenverhütung im gemeinsamen Interesse von Versicherungsnehmer und Versicherer.

Nichtzahlungen und Insolvenzen verlieren an Schärfe

Wichtige Indikatoren für den Kreditversicherer sind Nichtzahlungsmeldungen und Insolvenzen. Beide Parameter haben durch Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen der Corona-Krise an Schärfe verloren. Zum einen hat der Staat die Frist für Insolvenzanmeldungen verlängert. Zum anderen gewährt zum Beispiel Coface den Versicherungsnehmern eine längere Frist für die Nichtzahlungsmeldungen – eine wichtige Obliegenheit. Sie wurden um 60 Tage ausgedehnt. Auch das zeigt, dass die Kreditversicherer die Kunden eben nicht im Regen stehen lassen.

Gemeinsam gemeisterter Spagat

Coface setzt nicht nur die Regelungen des Schutzschirms um, sondern muss auch den „normalen“ Risikoprüfungsprozess weiter steuern, der indes so normal nicht mehr ist. Denn die Vorzeichen haben sich erheblich verändert und wichtige Frühindikatoren funktionieren nur noch eingeschränkt. Alle arbeiten sozusagen auf Sicht: Jeden Tag wird neu entschieden und angepasst. Der Schutzschirm ist ein Spagat, den professionelle Kreditversicherer wie Coface aber mit ihrer Expertise meistern.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 06/2020 und in unserem ePaper.

Bild: © lassedesignen – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Erich Hieronimus