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31. Dezember 2021
Seriöse bAV-Beratung braucht Fachwissen und Erfahrung
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Seriöse bAV-Beratung braucht Fachwissen und Erfahrung

In den vergangenen Jahren erlebte die bAV regulatorische Eingriffe und Versuche, ihr einen Schub zu verpassen. Wie hat sich die Beratung in dieser Zeit gewandelt? Welche Maßnahmen haben sich als gelungen erwiesen, wo besteht Anpassungsbedarf? Nachgefragt bei bAV-Experte Dr. Markus Baum.

Interview mit Dr. Markus Baum, Geschäftsführer der Dr. Baum GmbH & Co. KG Zukunftssicherung
Herr Dr. Baum, Sie sind inzwischen seit vielen Jahren im bAV-Geschäft. 2019 feierte Ihr Maklerunternehmen 20-jähriges Bestehen. Wie hat sich die bAV-Beratung denn in den vergangenen Jahren gewandelt?

In den Anfangsjahren der Entgeltumwandlung, also 2002, war die betriebliche Altersversorgung für die Arbeitgeber eher lästig: Mittlerweile wird der Fachkräftemangel spürbar, denn die Einstellung der Arbeitgeber zur bAV hat sich gewandelt, deutlich hin zu einem personalpolitischen Instrument. Dies äußert sich vor allem in höheren Arbeitgeber­beteiligungen, als es der gesetzliche Zuschuss vorsieht, und in der Einbindung der bAV in die Benefitstrategie der Unternehmen.

Halten Sie es heute für einfacher, als Makler im bAV-Geschäft Fuß zu fassen? Oder ist es gerade als Einzelmakler schwieriger geworden – Stichwort Compliance oder auch im Hinblick auf die Konkurrenz?

Da ich kein Newcomer und bereits seit 1988 in der bAV-Beratung tätig bin, kann ich die Frage nicht wirklich beantworten. Es drängen immer wieder Vertriebe in diesen wachsenden Markt, die hoffen und glauben, über die Digitalisierung einen leichteren Zugang zu den Kunden zu bekommen. Seriöse und nachhal­tige Beratung auf diesem Feld bedarf eines großen Fachwissens und viel Erfahrung; dies kann nicht in wenigen Wochen oder Monaten aufgeholt werden.

Nun sollte mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz die Durchdringung der bAV vorangetrieben werden. Welche Maßnahmen sehen Sie denn als geglückt an, wo besteht Verbesserungsbedarf?

Der Arbeitgeberzuschuss ist grundsätzlich als geglückt anzusehen, auch wenn bei der laufenden Umsetzung das Ziel des Gesetzgebers – die Verbesserung der Altersversorgung – nicht immer erreicht wird. Insbesondere behindert die Branche vielfach die Erhöhungen im bestehenden Vertrag und ist bei geringen Beiträgen in neuen Verträgen sehr kleinlich, am Ende mit der Konsequenz, dass die Arbeitgeberzuschüsse in den bestehenden Beitrag eingerechnet werden.

Die Erhöhung der steuerfreien Entgeltumwandlung auf 8% war richtig, nur leider nicht von der Sozialversicherungsbeitragsfreiheit flankiert. Im Übrigen halte ich eine Rückkehr zu der Regelung vor dem Jahr 2005 bezüglich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitragspflicht für die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung für dringend notwendig.

Der BDVM forderte jüngst von der Politik mehr Kontinuität in der bAV und keinen Zickzackkurs. Wie ist Ihre Einschätzung?

Wir haben fünf Durchführungswege in der betrieblichen Altersversorgung, die völlig ausreichen und nur entsprechend gestärkt werden müssten; infolgedessen bedarf es meines Erachtens keines Staatsfonds oder eines nicht den Zeitgeist getroffenen Sozialpartnermodells. Würde eine reine Beitragszusage mit Kapitaloption im Rahmen der versicherungsförmigen Durchführungswege ergänzt, wäre viel gewonnen.

Kritisiert wurde dabei auch die Portabilität von bAV-Verträgen beim Wechsel des Arbeitgebers – ein Thema, das auch Sie seit Jahren bewegt. Sind die bAV-Lösungen hier nach wie vor zu starr?

Der Ansatz der Portabilität passt zu den veränderten Erwerbsbiografien, allerdings behindern sehr viele Aspekte eine zügige und passende Deckungskapitalübertragung. Da dies für alle Beteiligten aus unterschiedlichen Gründen sehr unbefriedigend ist, wäre der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft und/oder der Gesetzgeber aufgerufen, sich für praktikable Lösungen einzusetzen. Über eine verpflichtende Portabilität im Rahmen der Unterstützungskassen­zusagen sollte die Politik nun ernsthaft nachdenken.

Immer häufiger landet die Frage nach der Berechnung der Betriebsrente bei Teilzeitbeschäftigung vor Gericht. Sind auch hier die Regelungen zu wenig praxistauglich?

Die Regelungen sind meines Erachtens eindeutig. Leider wird in der Praxis teilweise aufgrund von mangelndem Wissen oder infolge fehlerhafter Beratung die betriebliche Altersversorgung für Teilzeitbeschäftigte in Unternehmen nicht korrekt geregelt.

Nun ist die Branche seit Jahren um mehr Transparenz und eine Verschlankung des Verwaltungsaufwands bemüht. Ist ein gutes Stück des Weges bereits zurückgelegt?

Transparenz ja, allerdings nicht im Sinne von VVG-konformen Angeboten mit über 100 Seiten, sondern das Vermitteln der wesentlichen Aspekte einer bAV, damit die Beteiligten eine bedarfsgerechte Entscheidung treffen können. Die Digitalisierung hilft, die immer wichtiger werdende Administration und Verwaltung der bAV zu vereinfachen und zu verschlanken. Es gibt gute Ansätze mit entsprechenden bAV-Portalen, wobei der Makler sich langfristig einer versichererunabhängigen Plattform bedienen wird. So können verschiedene Ver­sicherer bei einem Arbeitgeber verwaltet werden und die Beteiligten bleiben unabhängig. Daneben bedarf es einer brancheneinheitlichen Lösung bezüglich des Datenschutzes, der nach wie vor mehr behindert als schützt.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 12/2021, S. 42 f., und in unserem ePaper.

Bild: © tashatuvango – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Dr. Markus Baum