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6. Januar 2024
Servicevereinbarungen – Geschäftsmodell für Makler?
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Servicevereinbarungen – Geschäftsmodell für Makler?

Es gibt viele Vergütungsmodelle für Versicherungsmakler, etwa die klassische Courtage, Honorarberatung, Nettoisierung oder auch die Honorarvermittlung. Neuester Star – zumindest in der Beraterszene: Servicevereinbarungen. Hans-Ludger Sandkühler präsentiert eine Bestandsaufnahme und Bewertung.

Ein Artikel von Hans-Ludger Sandkühler

Die Vergütung des Versicherungsmaklers ist von jeher ein zentrales, weil wirtschaftlich bedeutsames Thema nicht nur innerhalb der Maklerschaft. Neben der klassischen Courtage haben sich mittlerweile weitere, moderne Vergütungsformen wie Honorarberatung, Nettoisierung oder auch Honorarvermittlung mehr oder weniger am Markt etabliert. Neuester Star – zumindest in der Beraterszene: Servicevereinbarungen.

Leitvergütung Courtage

Die von Maklerverbänden gerne als „Leitvergütung“ apostrophierte Courtage ist seit Jahrzehnten am Markt etabliert und kann deshalb als klassische Vergütung bezeichnet werden. Die Courtage wird vom Versicherer in die Prämie einkalkuliert, an den Makler ausgezahlt und deshalb vom Versicherungsnehmer wirtschaftlich getragen.

Grundsätzlich ist die Courtage eine Erfolgsvergütung, weil sie nur fällig wird, wenn der Vermittlungserfolg, nämlich der Abschluss eines Versicherungsvertrages, eingetreten ist. Der Courtageanspruch des Versicherungsmaklers setzt in der Regel voraus, dass aufgrund einer Vermittlungstätigkeit des Maklers ein Versicherungsvertrag abgeschlossen wird und der Kunde die Versicherungsprämie zahlt. Die Courtage ist eine verdeckte (weil in die Versicherungsprämie einkalkulierte) und pauschale (weil prozentual aus der Versicherungsprämie und unabhängig vom Aufwand des Maklers gezahlte) Vergütung. Mit der Courtage sind alle Tätigkeiten des Versicherungsmaklers pauschal abgegolten – so jedenfalls die allgemeine Rechtsüberzeugung in der Zeit vor der europäischen Vermittlerregulierung.

Über Jahrzehnte kam die Maklerschaft mit diesem System gut zurecht, weil die Margen – gemessen am durchschnittlichen Aufwand der Makler – auskömmlich bemessen waren. Es birgt aber einen Grundkonflikt, den der Bundesgerichtshof bereits 1985 im Sachwalterurteil offengelegt hat, indem er den Versicherungsmakler als treuhänderähnlichen Sachwalter im Lager des Versicherungsnehmers verortet hat: Geschäftsbesorgung für den Kunden versus Bezahlung durch den Versicherer. Der Konflikt ist interessengerecht aufgelöst, wenn und solange die Höhe der Courtage im Hinblick auf den Aufwand des Maklers zur Geschäftsbesorgung angemessen ist.

Spitzer-Affäre und die Sektorenuntersuchung der Europäischen Kommission haben aber offenbart, dass das scheinbar unstillbare Gewinnstreben einiger, insbesondere größerer Makler („contingent commissions“) die Angemessenheit infrage stellt. Seitdem liegt das Thema Interessenkonflikte auf dem Tapet, befeuert auch durch Provisionsex­zesse im Kranken- und Lebensgeschäft. Diese Entwicklung hat neue Vergütungsformen hervorgebracht.

Nettoisierung oder Honorarvermittlung

Bei der als Nettoisierung oder auch oft, aber missverständlich und unglücklich als Honorarvermittlung (es wird ja kein Honorar vermittelt) bezeichnete Form der Vermittlung zahlt der Versicherungsnehmer dem Makler direkt ein Entgelt für die erfolgreiche Vermittlung eines Versicherungsvertrages, bei dem der Versicherungsnehmer eine geringere Prämie zahlen muss, weil der Versicherer bei der Prämienkalkulation keine Kosten für Courtage (deshalb netto) ansetzt. Im Grunde ist dies nur eine geringfügige Abwandlung des Courtagemodells mit dem Unterschied, dass der Kunde die Courtage zahlt und nicht der Versicherer. Dieses Modell bietet zwar mehr Transparenz für den Kunden, führt aber tendenziell zu geringeren Margen, weil Kunden um die Höhe der Courtagen feilschen.

Honorarberatung durch Versicherungsmakler

Schon lange gibt es in Maklerkreisen das Bestreben, neben der Courtage weitere Einnahmequellen zu erschließen, wenn dem Aufwand des Maklers keine oder keine auskömmliche Courtage entgegensteht. Da im früheren Recht die Berechnung und Vereinnahmung von Honoraren für Versicherungsberatung den Versicherungsberatern vorbehalten war, kam die Idee auf, Tätigkeiten des Maklers unter dem Begriff Honorarberatung zu bepreisen. Der Begriff ist natürlich eine Leerformel, weil nicht über Honorar beraten wird und im Übrigen offen bleibt, worüber beraten wird. Ungeachtet dessen werden in der Praxis Tätigkeiten gegen Honorar – rechtlich unsauber – als Honorarberatung bezeichnet, ohne näher auf die Tätigkeiten einzugehen. Über die Zulässigkeit der Honorarberatung wurde lange gestritten. Heute ist jedenfalls klar, dass sie dann unzulässig ist, wenn der Gegenstand der Honorarberatung gegen Bestimmungen des Rechtsdienstleistungsgesetzes verstößt. Die Bezeichnung Honorarberatung sollte perspektivisch vermieden und durch einen präziseren, moderneren Begriff ersetzt werde.

Servicevereinbarungen

In letzter Zeit werden von Anwälten und Dienstleistern sogenannte Servicevereinbarungen als neue und zur Umsatzsteigerung geeignete Vergütungsform in den Medien beworben. Darunter versteht man die Bepreisung von Leistungen des Maklers für den Kunden, die über die gesetzlichen Pflichten des Maklers hinausgehen und deshalb durch Courtage nicht abgegolten werden. Hier stellt sich vor allem die Frage der Abgrenzung der zusätzlichen Leistungen von den gesetzlichen Pflichten. Anwälte und Maklerorganisationen bieten dazu Checklisten und Musterverträge an.

Auffällig ist, dass die Notwendigkeit zur Vereinbarung von Servicevereinbarungen von den Anbietern einfach unterstellt wird. Kostensteigerungen durch Digitalisierung und Dokumentation bei gleichzeitigen Kürzungen der Vergütung seien quasi nur durch den Einsatz von Servicevereinbarungen aufzufangen. Makler, die sich aus guten Gründen nicht für Servicevereinbarungen interessieren, werden pauschal diskreditiert („Die Blockade sitzt im Kopf des Maklers selbst“). Gleichzeitig werden (natürlich!) Spezialdienstleistungen (Infrastruktur, Inkasso) selbstlos angeboten.

Betriebswirtschaftlich auch nur einigermaßen versierte Makler werden nur Kundenbeziehungen eingehen, deren Gesamtcourtageaufkommen einen adäquaten Deckungsbeitrag für das Maklerunternehmen gewährleistet. Makler, denen dies nicht gelingt, werden Schwierigkeiten haben, zusätzliche Services gegen Entgelt zu platzieren, bieten doch professionelle Makler häufig vergleichbare Leistungen ohne zusätzliche Gebühren.

Wandel des Berufsbildes

Im Zuge der europäischen Regulierung der Versicherungsvermittlung hat sich das Berufsbild des Versicherungsmaklers gewandelt. Das frühere Verständnis der „Vermittlung“ – Einwirken auf die Willensbildung des Kunden zum Abschluss eines Versicherungsvertrages – hat sich zu einem modernen, weiten Vermittlungsbegriff entwickelt, der die vier Module Beratung, Vorbereitungshandlungen, Abschluss von Versicherungsverträgen und Mitwirken bei der Verwaltung von Versicherungsverträgen, insbesondere im Schadenfall (Artikel 2 Abs. 1 Nr. 1 Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD), § 1a Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz) umfasst.

Nachdem sich im Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der IDD das ursprünglich geplante Verbot von Vergütungen an Makler durch Kunden nicht durchsetzen konnte, ist klar, dass Makler Vergütungen von Versicherern und/oder Versicherungsnehmern entgegennehmen können. Er muss dies nur in der Erstinformation entsprechend mitteilen. Und nachdem der EuGH klargestellt hat, dass jedes der vier Module der Vermittlung für sich genommen eine Tätigkeit der Vermittlung darstellt, muss in einem modernen Vergütungssystem im Grundsatz möglich sein, dass jedes der vier Module vom Makler bepreist und vom Versicherungsnehmer und/oder vom Versicherer bezahlt werden kann.

Zu Recht weist AfW-Vorstand Wirth darauf hin, dass im Vergütungsrecht alles erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist. Und das ist nur der Fall, wenn der Makler eine nicht von § 34d Gewerbeordnung gedeckte Rechtsdienstleistung gegen Entgelt erbringt und in Rechnung stellt.

Fazit: Besser wäre ...

Servicevereinbarungen sind erst mal und vorrangig eher ein Geschäftsmodell für Berater und Dienstleister. Aber wer es mag, kann sich daran versuchen. Besser und auch besser zu kommunizieren wäre es – auch im Lichte der Diskussion über die Unabhängigkeit des Maklers – allerdings, wenn die Maklerschaft sich ein dem geänderten Berufsbild angepasstes, ganzheitliches Vergütungssystem erarbeitet und etabliert.

Über Hans-Ludger Sandkühler

Hans-Ludger Sandkühler ist Vertriebs- und Versicherungsjurist und verfügt über praktische Erfahrungen aus seinen langjährigen Tätigkeiten als Versicherungsmakler und Rechtsanwalt. Er ist ausgewiesener Experte in Maklerfragen, gefragter Referent und Autor zahlreicher Veröffentlichungen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2023 und in unserem ePaper.

Bild: © Dilok – stock.adobe.com