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Steuern & Recht
14. Februar 2020
Smartphones dürfen am Steuer mit Strom versorgt werden

Smartphones dürfen am Steuer mit Strom versorgt werden

Eine Powerbank und ein Ladekabel sind keine elektronischen Geräte – zumindest nicht im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm hervor, das zu klären hatte, ob ein Fahrer sein Handy während der Fahrt mit einem externen Ladegerät verbinden durfte.

Man sieht es überall im Straßenverkehr, egal ob im stehenden Auto an der Ampel oder auch mal im zäh fließenden Feierabendverkehr: Fahrer, die auf ihre Handys starren. Und nur die wenigsten Autofahrer können wohl für sich in Anspruch nehmen, dass sie beim Fahren noch nie einen Blick auf das Smartphone geworfen haben oder sogar Hand angelegt haben. Schließlich will man doch nur schnell auf die scheinbar so dringende Nachricht antworten.

Fahrer benutzt Freisprecheinrichtung

Ein Fahrer aus Nordrhein-Westfalen hatte sich bezüglich seines Smartphones vorbildlich verhalten und über eine Freisprechanlage in seinem Fahrzeug telefoniert. Doch als sich der Akku des Geräts langsam dem Ende neigte, versuchte der Fahrer seine Powerbank anzustecken, was dazu führte, dass der Fall vom Oberlandesgericht (OLG) Hamm geklärt werden musste.

Akku fast leer

Der Mann hatte über seine Freisprechanlage telefoniert, als er wahrnahm, dass der eingebaute Akku des Geräts weitgehend entleert war. Daraufhin beschloss er, das Handy an seine Powerbank anzuschließen, um den Abbruch des Telefonats zu verhindern, das er gerade führte.

Powerbank und Ladekabel in der Hand

Zu diesem Zweck nahm er sowohl Powerbank als auch Ladekabel in die Hand und versuchte, diese miteinander zu verbinden. Das blieb jedoch nicht unbemerkt und dem Fahrer flatterte ein Bußgeldbescheid ins Haus. Gegen diesen legte er Widerspruch ein, da er den Vorwurf als unbegründet ansah. Seiner Ansicht nach hatte er sein Handy nicht am Steuer benutzt. Ein Gericht musste entscheiden.

Geldbuße von 180 Euro

Das Amtsgericht Detmold belegte den Fahrer mit einer Geldbuße von 180 Euro wegen der vorsätzlichen, verbotswidrigen Benutzung eines Mobiltelefons als Kraftfahrzeugführer. Dagegen legte der Fahrer Rechtsbeschwerde ein. Schließlich habe er nur das Ladekabel und die Powerbank benutzt. Das Smartphone habe er jedoch zu keinem Zeitpunkt in der Hand gehalten.

OLG hebt Entscheidung des Amtsgerichts auf

Das OLG Hamm stimmte dem Mann diesbezüglich zu und hob das Urteil des Amtsgerichts auf. Schließlich heiße es in § 23 Abs. 1a StVO, dass ein elektronisches Gerät, welches der Kommunikation, Information oder Organisation dient, nur benutzt werden darf, wenn das Gerät hierfür nicht aufgenommen oder gehalten wird.

Powerbank, Ladekabel und Handy bilden keine Geräteeinheit

Das Amtsgericht war davon ausgegangen, dass Powerbank, Ladekabel und Smartphone eine Geräteeinheit bildeten. Immerhin sei der einzige Zweck von Powerbank und Ladekabel, die Fähigkeit zur Kommunikation über das Smartphone aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Dementsprechend wäre der Urteilsspruch korrekt gewesen. Doch das OLG Hamm folgte dieser Rechtsauffassung nicht.

Niedrigere Ablenkungswirkung

Der Senat erkennt in Powerbank und Ladekabel isoliert vom Handy kein elektronisches Gerät im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO. Die Gegenstände dienten nur der Energieversorgung und hätten für sich nichts mit Information, Organisation oder Kommunikation zu tun. Des Weiteren kann die verkehrsgefährdende Ablenkungswirkung der Bedienung von Berührungsbildschirmen nicht mit dem simplen Einstecken eines Kabels verglichen werden

Vorsicht- und Rücksichtgebot ausreichend

Es könne natürlich auch aus diesem Vorgang eine erheblichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit resultieren. Jedoch komme es dabei auf die Umstände des Einzelfalls an. Dementsprechend ist eine derartige Nutzung nicht grundsätzlich unzulässig, sondern am Vorsicht- und Rücksichtnahmegebot aus § 1 StVO zu messen. (tku)

OLG Hamm, Beschluss vom 28.05.2019, Az.: 4 RBs 92/19

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