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1. September 2020
So (un-)gesund sind die Bilanzen privater Krankenversicherungen

So (un-)gesund sind die Bilanzen privater Krankenversicherungen

Der map-report hat in Ausgabe 916 die Bilanzkennzahlen privater Krankenversicherer umfassend analysiert. Vor dem Hintergrund anhaltend niedriger Zinsen, steigender Krankheitskosten und Lebenserwartungen sowie der Risiken durch die Corona-Pandemie spielt die wirtschaftliche Situation der Versicherer den Experten zufolge schließlich eine immer wichtigere Rolle.

Die Alte Oldenburger hat unter den privaten Krankenversicherern die besten Bilanzkennzahlen. Das geht aus dem map-report 916 hervor. In der Branchenanalyse wurden die Bilanzkennzahlen der privaten Krankenversicherer im Zeitraum von 2015 bis 2019 unter die Lupe genommen. Die Alte Oldenburger kam dabei auf eine Gesamtpunktezahl von 262. Platz 2 geht an die LVM mit 246 Punkte, Platz 3 an die R+V mit 242 Punkten.

Gesamtergebnis wichtiger als einzelne Kennzahlen

So (un-)gesund sind die Bilanzen privater Krankenversicherungen
Die Spitzenposition hat die Alte Oldenburger bei den einzelnen Kennzahlen zwar kein einziges Mal erreicht. Das Unternehmen ist laut dem map-report vielmehr ein Paradebeispiel dafür, dass man nicht auf einzelne Kennzahlen, sondern das Gesamtergebnis blicken sollte. 262 von 300 Punkten entspricht 87,3% der Gesamtpunktzahl. Damit erhält die Versicherung auch die höchste Bewertungsklasse „mmm“ für hervorragende Leistungen im Bilanztest. Sie wird ab 75% bzw. 225 Punkten vergeben.

Zehn Kennzahlen als Basis

Insgesamt zehn Kennzahlen bilden das Gerüst für die Bewertung im Bilanz-Rating: Bewertungsreservequote, Nettorendite, RfB-Quote, RfB-Zuführungsquote, versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote, Überschussverwendungsquote, Vorsorgequote, Verwaltungsquote, Abschlusskostenquote und Solvabilität. Die Ergebnisse der Bilanzkennzahlen wurden im map-report unterschiedlich gewichtet und zu einem Ergebnis verdichtet.

Wichtiges Qualitätsmerkmal

„Unternehmenskennzahlen sind neben Leistung und Preis ein wichtiges Qualitätsmerkmal, denn sie zeigen, ob der Versicherer in den letzten Jahren verantwortungsbewusst und zukunftsorientiert gewirtschaftet hat“, kommentiert Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg und Herausgeber des map-reports, die Ergebnisse. „Gerade im aktuellen Umfeld, das durch besondere Herausforderungen für das Gesundheitswesen bei gleichzeitig niedrigen Zinsen gekennzeichnet ist, gewinnt die wirtschaftliche Situation des Versicherers als Auswahlkriterium an Bedeutung“, so Franke.

Krankenvollversicherung verliert weiter Versicherte

Sorgenkind ist und bleibt laut dem map-report die Krankenvollversicherung. Auch 2019 ist es der Marktuntersuchung zufolge den privaten Krankenversicherern nicht gelungen, den Bestandsabrieb zu stoppen. Den größten Bestandsabrieb mussten wie in den Vorjahren die DKV (-16.497), die Allianz (-10.167) und die Bayerische Beamtenkrankenkasse (-6.568) verkraften. 14 der 33 Anbieter mit Vollversicherten in den Büchern konnten die Bestände aber auch ausbauen. In absoluten Werten dominierte die Debeka das Feld mit einem Plus von 41.243 Kunden, gefolgt von HanseMerkur (7.728.) und AXA (3.933).

Abschlusskosten bleiben hoch

Die Abschlusskostenquote ist im Durchschnitt von 6,34 auf 6,52% gestiegen. Generell müsste in einer wachstumsschwachen Phase der Abschlusskostensatz sinken. Das war jedoch nur bei einigen Unternehmen der Fall, wie beispielsweise Alte Oldenburger, DKV, SDK, UniVersa, Continentale und UKV. Bei der Mehrzahl der Anbieter sind die Quoten jedoch gestiegen. „Trotz Deckelung der Abschlusskosten und offenbar schwachem Neugeschäft sind die Aufwendungen für Vertragsabschlüsse in den vergangenen Jahren kaum gesunken“, erklärt Reinhard Klages, Chefredakteur des map-reports. „Kein gutes Zeichen von einer Branche, die seit Jahren unter kritischer Beobachtung der Politik steht.“

Verwaltungskostenquote runter, Schadenquote rauf

Im Gegensatz zu den Abschlusskosten bewegen sich die Aufwände für die Verwaltung der Bestände auf Vorjahresniveau. Insgesamt gab die PKV dafür 895 Mio. Euro aus. Die Verwaltungskostenquote ist damit sogar leicht von 2,26 auf 2,23% gesunken. Die niedrigste Verwaltungskostenquote hatte erneut die HUK-COBURG mit 0,91%, gefolgt von der Debeka (1,38%). Die durchschnittliche Schadenquote ist aufgrund höherer Schadenaufwendungen von 77,8 auf 79,4% gestiegen.

Beitragseinnahmen legen wieder stärker zu

So (un-)gesund sind die Bilanzen privater Krankenversicherungen
Das Neugeschäft schwächelte derweil 2019 das zehnte Jahr in Folge. Die Beitragsentwicklung hat nach einem durchschnittlichen Plus von 1,9% im Vorjahr aber wieder etwas an Fahrt aufgenommen und legte zum Jahresende 2019 um 3,1% zu. Überdurchschnittliche Zuwächse der Beitragseinnahmen verbuchten Concordia (+10,5%), Mecklenburgische (+9,8%), Ergo (+6,9%) und DEVK (+5,9%). Von den Schwergewichten mit mehr als 1 Mrd. Euro Beitragseinnahmen sind vor allem HanseMerkur (+5,6%), Hallesche (+4,5%) sowie Continentale und AXA mit je +4,1% stark gewachsen. Marktführer Debeka steigerte die Beitragseinnahmen um 3,3%.

Corona-Auswirkungen noch unklar

Ob und in welchem Ausmaß die Corona-Krise auf die Bilanzen der Privatversicherer durchschlagen wird, lasse sich bisher kaum prognostizieren. Vorerst sehe es für die Branche nicht sehr kritisch aus, zumal ein Großteil der pandemiebedingten Gesundheitskosten vom Bund getragen wurde. Ob das Schlimmste bereits überstanden ist oder noch weitere Wellen folgen werden, sei bisher höchst spekulativ und nicht abschließend zu beantworten, so die Experten des map-reports.

Über den map-report 916

Der map-report Nr. 916 „Bilanzrating Private Krankenversicherung 2019“ ist ab sofort erhältlich. Das ePaper kann über die Bestellseite von Franke und Bornberg erworben werden. (mh)

Bild: © Coloures-Pic – stock.adobe.com