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05/2015
19. Mai 2015
Standards für Sachverständige im Versicherungswesen

Standards für Sachverständige im Versicherungswesen

Interview mit Andreas Schwarz, BVSV.

Der BVSV Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen e.V. versammelt unter seinem Dach Sachverständige, Vermittler und andere Personen aus der Versicherungswirtschaft. Neben der Interessenvertretung für diese Gruppen will der Verband Standards schaffen und Makler zu Sachverständigen ausbilden.

Herr Schwarz, warum und mit ­welchem Ziel haben Sie den BVSV ­gegründet?

Der Gedanke, den BVSV zu gründen, entstand aus der Frage „Weshalb gibt es in Deutschland keine organisierten Sachverständigen im Bereich Versicherungswesen?“. Diese Frage konnte niemand wirklich beantworten und es war eine gute Chance, eine neutrale Stelle zu schaffen, die sich mit dem Versicherungswesen auseinandersetzt. Der Grundgedanke zu Beginn war, vor allem im kommunalen Bereich diesen Service anzubieten, um hier die Möglichkeiten zu schaffen, neutral und fachlich fundiert einen Gesamtüberblick für die Verantwortlichen zu geben.

Wer sind die Mitglieder und welche erste Resonanz haben Sie erfahren?

Wir haben bei unseren Mitgliedern natürlich viele Vermittler und andere mit der Versicherungsbranche befasste Personen vereint. In den letzten Wochen sind aber auch immer mehr Menschen auf uns zugekommen, die unsere Arbeit zum einen durch ihre Mitgliedschaft oder Fördermitgliedschaft unterstützen wollen und die nicht zwingend in der Versicherungswelt beheimatet sind. Viele erkennen die Chance, die der Verband bietet, um nachhaltige und zukunftsweisende Veränderungen am deutschen Versicherungsmarkt zu etablieren. Das zeigt, wie positiv unsere Idee und unser Verband in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Wo sehen Sie den Schwerpunkt des Vereins? Geht es darum, die Interessen von Experten unter einem Dach zu bündeln, Rechtsberatungen durchzuführen oder Sachverständige auf Maklerseite zu fördern?

Rechtsberatung schließen wir aus, denn dazu sind wir weder angetreten noch berechtigt. Die Herausforderung, Experten, auch aus anderen Fachgebieten, innerhalb des Verbandes zu vereinen, kam relativ schnell auf uns zu. Wir haben uns dem gestellt und sind dabei, ein dichtes Netzwerk aus Experten in unseren Fachbereichen zu vereinen und zu koordinieren. Selbstverständlich ist es auch eines unserer erklärten Ziele, den Maklern und Vermittlern am Markt, die sich weiterentwickeln möchten und ihr bereits vorhandenes Fachwissen, ihre Kenntnisse des Marktes und ihre Kompetenzen in einer Tätigkeit als Sachverständige vereinen wollen, die Möglichkeit dazu zu geben.

Sie führen Risikoanalysen durch und sehen sich Versicherungsbestände von Unternehmen und Organisationen an. Wie nah kommen Sie dem Status des Versicherungsberaters?

Der Sachverständige ist im Gegensatz zum § 34e speziell für diesen Bereich ausgebildet. Sein Ziel ist es nicht, dem Kunden eine günstigere Versicherung zu beschaffen. Wir haben in der Regel den Auftrag, ein unabhängiges Gutachten zu erstellen und damit dem Kunden eine objektive Meinung (Marktanalyse) zu gewährleisten. Der Versicherungsberater hat hingegen die Aufgabe, das günstigste Angebot aufzuzeigen und in diese Richtung zu beraten. Das ist in der Regel nicht die Aufgabe eines Sachverständigen. Dies zeigt nur auf, dass unter Umständen ein wirtschaftlicher Bedarf besteht, der dann durch den Versicherungsvertreter oder Makler geschlossen werden kann. Wir zeigen nur neutral auf.

Auf Ihrer Homepage schreiben Sie, dass Sie Maklergesellschaften gründen mussten, um Marktvergleiche für Unternehmen, die Sie beraten, durchzuführen. Wie muss man sich das vorstellen?

Wir benötigen, zum Beispiel um einen umfassenden Markt­niveauvergleich durchführen zu können, einen komplexen und unabhängigen Zugang zum Markt. Zusätzlich ist für das Ergebnis unserer Arbeit die Qualität der zugelieferten Informationen eminent wichtig. Beides konnte aus unserer Sicht mit bestehenden Lösungen des Marktes nicht nachhaltig gewährleistet werden. So mussten wir uns entschließen, diese Lösungen selbst zu schaffen.

Sie wollen auch Makler als Sachverständige ausbilden. Wie erfolgt die Ausbildung?

Die Ausbildung kann in verschiedenen Stufen erfolgen. Wir haben ein neues Berufsbild, den Fachberater des BVSV, geschaffen, der als Einstieg in die Welt der Sachverständigen dienen kann. Dieser ist ausbaufähig zum Spartensachverständigen und kann am Ende des Weges dann im Vollsachverständigen münden. Die Ausbildung wird durch qualifizierte Referenten gewährleistet, die uns am Markt zur Verfügung stehen. Jede Ausbildung endet mit einer Prüfung und die Ernennung in jeder Stufe ist befristet, um eine hohe Qualität in der praktischen Umsetzung zu gewährleisten.

Es ist sicherlich von Vorteil, wenn Versicherungsmakler auf Augenhöhe mit Versicherern reden, wenn es etwa um die Beurteilung von Schäden geht. Nicht immer herrscht Einigkeit. Wie hoch ist hier das Konfliktpotenzial?

Die Frage ist, wie stellt sich „Augenhöhe“ ein, wenn der Makler vom Versicherer abhängig ist, indem dieser ihn mit Provisionen versorgt? Diese Uneinigkeit war einer der Gründe, weshalb es jetzt unsere Sachverständigen gibt. Sie klären neutral den Sachverhalt auf und versuchen das bestehende Konfliktpotenzial aufzulösen. Zusätzlich erleichtern wir auch den Gerichten und Anwälten die Arbeit ­erheblich, denn sie können nun auf tatsächlich unabhängige Gutachter zurückgreifen. Das kommt allen Seiten zugute. Das schafft Transparenz und Zuverlässigkeit in den Entscheidungen.

Wo kann der Makler noch als Sachverständiger auftreten und tätig werden?

Sachverständige können sowohl in Schlichtungsverfahren, in Mediationen, als auch in Gerichtsprozessen zum Einsatz kommen. Auch das reine Begutachten einer Schadensituation ist Aufgabe eines Sachverständigen. Ein Makler, der sich zum Sachverständigen weitergebildet hat, muss stets darauf achten, diese und seine Tätigkeit als Sachverständiger /Gutachter strikt zu trennen. Gelingt ihm das, kann er in allen genannten Gebieten zum Einsatz kommen.

Welchen Themen wollen Sie sich als Nächstes annehmen?

Für uns ist die Schaffung von Standards in den verschiedensten Bereichen, die von unserer Tätigkeit als Sachverständige tangiert werden, ein wesentlicher Bestandteil unserer zukünftigen Arbeit. Zu vieles ist im Moment im Zusammenhang mit der Arbeit und dem Auftreten als Sachverständiger in Deutschland noch dem Zufall überlassen.

Zusätzlich arbeiten wir weiterhin intensiv am Ausbau der Basis unseres Sachverständigenpools und sind hier in intensiven Gesprächen mit Kollegen aus den verschiedensten Sachgebieten. Nach unserer Erkenntnis und in Übereinstimmung mit Sachverständigenkollegen aller Fachrichtungen ist in den allermeisten Fällen ein versicherungsrelevanter Fall nur gemeinsam mit unseren Sachverständigen zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten zu bearbeiten.

Natürlich ist die weitere Stärkung unseres Verbandes als Interessenvertretung immer im Fokus unseres Handelns. In den letzten Monaten sind viele neue Aufgaben an uns herangetragen worden, die wir nur dann bewältigen können, wenn das Fundament stimmt. Daran arbeiten wir erfolgreich jeden Tag.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2015, Seite 92ff.

 
Ein Artikel von
Andreas Schwarz, Sachverständiger und 1. Vorsitzender des BVSV Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen e.V.