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19. Oktober 2016
Straßenbauer: Sehnenscheidenentzündung keine Berufskrankheit

Straßenbauer: Sehnenscheidenentzündung keine Berufskrankheit

Das Sozialgericht Karlsruhe hat die Feststellung einer Sehnenscheidenentzündung im Bereich beider Ellenbogen als Berufskrankheit eines Straßenbauers und Pflasterers abgelehnt. Aus Sicht des Gerichtes liegen die sogenannten „arbeitstechnischen Voraussetzungen“, die für eine Feststellung erforderlich sind, nicht vor.

Im Streitfall begehrte der Kläger die Anerkennung von Gesundheitsstörungen der Arme/Hände als Folge einer Berufskrankheit (Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung). Von Februar 2001 bis September 2015 arbeitete er als Straßenbauer und Pflasterarbeiter. Dabei musste er auch Tätigkeiten mit Druckluftkompressoren, einer Rüttelplatte, schweren Bohrmaschinen, Asphaltschneidemaschinen, Drucklufthämmern und Grabenstampfern verrichten sowie Pflastersteine mit einem Gummihammer im Betonbett ausrichten und einklopfen. Seit dem Jahr 2007 leidet er unter anderem an Schmerzen in beiden Armen und Händen. Sein behandelnder Orthopäde diagnostizierte im Dezember 2014 eine Epicondylopathie humeri radialis beidseits und eine Brachialgie beidseits unklarer Genese. Ein Antrag auf Anerkennung der Gesundheitsschäden als Folge einer Berufskrankheit blieb erfolglos.

Unphysiologische Bewegungsabläufe müssen vorliegen

Und auch die deswegen zum Sozialgericht Karlsruhe erhobene Klage hatte keinen Erfolg: Zwar leide der Kläger an einem Krankheitsbild im Sinne der streitigen Berufskrankheit. Er erfülle aber nicht die für die Feststellung erforderlichen sogenannte arbeitstechnischen Voraussetzungen. Bei seiner Tätigkeit als Straßenbauer und Pflasterer seien durchaus Erschütterungs- bzw. Vibrationseinwirkungen auf das Hand-Arm-Schulter-System durch den Einsatz der Arbeitsgeräte anzunehmen. Es handle es sich aber um Schwerarbeit, die einen erheblichen Kraftaufwand zum Führen der Arbeitsgeräte im Sinne einer dynamischen Muskelarbeit erfordere. Langjährige Schwerarbeiten, auch „eintönige Fließarbeit“, kämen als arbeitstechnische Voraussetzungen jedoch nur in Betracht, sofern es sich dabei um unphysiologische Bewegungsabläufe bzw. unnatürliche Haltungen der beteiligten Gliedmaßen handele. Ohne unphysiologische Bewegungsabläufe bzw. unnatürliche Haltungen der beteiligten Gliedmaßen sei dagegen eine rasche Gewöhnung (Trainingseffekt) zu erwarten, die eine Störung des Anpassungsgleichgewichts verhindere.

Abwechslungsreiches Tätigkeitsprofil spricht gegen Berufskrankheit

Das Tätigkeitsprofil des Klägers sei abwechslungsreich gewesen und habe nicht zu einseitigen, lang andauernden, mechanischen Beanspruchungen der Arme, Beine oder anderer Körperteile geführt. Die Arbeiten habe er wechselseitig in stehender, gebückter, nach vorn gebeugter und teilweise auch in knieender Körperhaltung durchgeführt. Es habe sich auch nicht um „ungewohnte Arbeiten“ gehandelt, weil der Kläger schon vor der Tätigkeit als Straßenbauer und Pflasterer, wenn auch mit Unterbrechungen, als Waldarbeiter – einer ebenfalls körperlich schweren und anstrengenden Tätigkeit – gearbeitet habe. Zudem habe er die Tätigkeit als Straßenbauer und Pflasterer über einen langen Zeitraum ohne relevante Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen einer Erkrankung im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2101 ausführen können. Überdies handle es sich bei den Gesundheitsstörungen im Sinne der Berufskrankheit Nr. 2101 um entzündliche Veränderungen, die relativ kurzfristig nach nicht gewohnter einseitiger Belastung bei entweder fehlender Anpassung oder wegen körperlicher Gegebenheiten aufträten. Erste Beschwerden im Bereich der Arme und Hände habe der Kläger jedoch erst im Jahr 2007 bemerkt und sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben. Bei einem Zeitraum von rund sechs Jahren seit Tätigkeitsbeginn handele es sich jedoch nicht um ein zeitnahes Auftreten erster Beschwerden. (kb)

Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 14.10.2016, Az.: S 1 U 431/16, nicht rechtskräftig