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12. September 2019
Tarifverträge: Die bAV als Beratungsinstrument

Tarifverträge: Die bAV als Beratungsinstrument

Im Ringen um Fachkräfte wird die bAV zum Wettbewerbsvorteil. Für Vermittler birgt dies großes Potenzial. Bei der Beratung gilt es zu beachten, dass es in vielen Branchen Regelungen zur bAV in Tarifverträgen gibt. Allerdings setzen vor allem kleinere Betriebe diese oft aus Unkenntnis nicht oder unzureichend um.

Von Sascha Holstein, Leiter Vertriebsunterstützung bAV im Continentale Versicherungsverbund

Seit der Einführung des Rechtsanspruches auf Entgeltumwandlung im Jahr 2002 haben viele Tarifparteien die Spielregeln für die bAV in Tarifverträgen festgelegt. Denn nach § 20 Abs. 1 Betriebsrentengesetz kann tarifvertraglich festgelegtes Entgelt nur dann in eine bAV umgewandelt werden, wenn der Tarifvertrag das auch vorsieht. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift hat unangenehme Folgen. Vor allem wäre die Entgeltumwandlung nichtig. Umgekehrt ist es problematisch, tarifvertragliche Regelungen nicht umzusetzen. Klagt der Arbeitnehmer seinen Anspruch ein, muss der Arbeitgeber erheblich nachzahlen.

Die erste und wichtigste Frage in der bAV-Beratung daher: Ist das Unternehmen tarifgebunden oder wird durch die sogenannte Verweisung ein Tarifvertrag angewendet? Wenn dann allerdings Stichworte fallen wie Tarifvorrang, Tariföffnungsklausel oder Branchenversorgung, sehen Vermittler jedoch häufig ihre Felle davonschwimmen. Dabei hat das Tarifvertragsgeschäft für sie einige Vorteile.

Stolpersteine in der Beratung umgehen

Rund 50% aller Unternehmen fallen in den Regelungsbereich von Tarifverträgen. Außerdem existieren in Deutschland rund 70.000 solcher Regelwerke. Immer auf dem neuesten Stand zu bleiben, ist also gar nicht so einfach. Woher weiß man, welcher Tarifvertrag wo gilt? Überhaupt: Wie gelingt es, in der Beratung zur tarifvertraglichen bAV alles richtig zu machen?

Zunächst einmal ist zu beachten, dass Tarifverträge nach § 4 Tarifvertragsgesetz „unmittelbar und zwingend“ gelten. Deren Regelungen müssen deshalb unbedingt umgesetzt werden, will der Vermittler nicht das Risiko einer Falschberatung eingehen. Wie eingangs erwähnt, ist im Gespräch zuallererst zu klären, ob ein Tarifvertrag auf das Unternehmen angewendet wird. Zudem ist in Erfahrung zu bringen, welcher Tarifvertrag wirksam ist und welche Regelungen zur bAV dort vorgesehen sind. In den meisten Fällen wissen die Arbeitgeber, ob sie einen Tarifvertrag anwenden müssen. Dieser liegt oft im eigenen Personalbüro vor.

Branchenspezifische Besonderheiten berücksichtigen

In manchen Branchen sind Tarifverträge allgemein verbindlich; dies steht dann im Bundesanzeiger. Sie gelten also unabhängig von der Zugehörigkeit des Arbeitgebers und seiner Arbeitnehmer zu den jeweiligen Verbänden oder Gewerkschaften, weil es im öffentlichen Interesse geboten scheint. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Lohndumping unterbunden werden soll. Zum Beispiel betrifft dies das Hotel- und Gaststättengewerbe, das Friseurhandwerk und Ziegeleien.

Viele Tarifverträge lassen nicht nur Entgeltumwandlung zu, sondern bezuschussen sie auch. Einige sehen zusätzlich arbeitgeberfinanzierte Bestandteile vor. Manche Branchen tun sich hier besonders hervor, beispielsweise im Gesundheitswesen. Medizinische Fachangestellte mit einer Wochenarbeitszeit von mindestens 18 Stunden erhalten 76 Euro von ihrem Arbeitgeber und einen Zuschuss von 20% – mindestens 10 Euro – auf umgewandeltes Entgelt. Sie können also mit einem eigenen Nettoaufwand von rund 10 Euro eine Sparleistung von über 100 Euro für ihre bAV erzielen. In Apotheken und Tierarztpraxen wird ebenfalls kräftig bezuschusst. In der Metall- und Elektroindustrie werden vermögenswirksame Leistungen in die bAV umgewandelt. Es ist davon auszugehen, dass weitere Branchen mit ähnlichen Lösungsansätzen folgen werden.

Einheitliche Regeln schaffen Transparenz

Natürlich gibt es daneben Handlungsbedarf für diejenigen, bei denen der Tarifvertrag zwar Entgeltumwandlung erlaubt, sie aber nicht regelt. Auch hier ist es durchaus sinnvoll, feste Regeln für die bAV zu vereinbaren. Einheitliche Regeln schaffen zudem Transparenz. Das sorgt für eine hohe Identifikation mit dem Versorgungswerk.

Das Wissen um die einschlägigen Regelungen zur bAV ist gerade in kleineren und mittelständischen Unternehmen oft nur sehr begrenzt vorhanden. Schließlich handelt es sich um ein Spezialthema. Hier hat ein qualifizierter Berater mit profunden bAV-Kenntnissen und Branchen-Know-how gegenüber seinen Mitbewerbern einen wesentlichen Vorsprung: Durch sein Wissen kann der Vermittler dem Unternehmen entscheidend helfen, die bAV-Regelungen umzusetzen. Gleichzeitig kann er den Betrieb dabei unterstützen, sich als verantwortungsvoller Arbeitgeber zu positionieren, gute Fachkräfte zu akquirieren und diese zu halten.

Sich als Branchenexperte profilieren

Für Vermittler, die sich auf das Tarifvertragsgeschäft spezialisieren und sich als Branchenprofi profilieren möchten, bietet dies entscheidende Vorteile. Es gelten feste Regeln. Somit sind die Gespräche mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern fast standardisiert. Damit können alle Arbeitnehmer in einem Betrieb in recht schneller Taktfolge beraten werden. Das erhöht die Akzeptanz und steigert die Durchdringung. Besonders förderlich für das Geschäft ist es, wenn außerdem arbeitgeberfinanzierte Bestandteile in der bAV vorgesehen sind. Schließt der Arbeitgeber darüber hinaus einen Kollektivvertrag mit dem Versicherer ab, kann auch das Antragsverfahren vereinfacht werden. Hier bietet es sich an, Listenanmeldungen einzusetzen. Eine ganze Handvoll Vorteile für alle Beteiligten.

Unterstützung für Vermittler

Mit seinen bAV-Experten unterstützt der Continentale Versicherungsverbund Vermittler, die sich auf dieses Geschäftsfeld konzentrieren möchten. Die Experten versorgen Vertriebspartner mit Informationsmaterial, führen Schulungen durch und sind auf Wunsch auch vor Ort dabei. Überdies stellen sie bei Bedarf den Kontakt zu weiteren spezialisierten Dienstleistern und Rechtsberatern her.

Bild oben: © Ralf Kalytta – stock.adobe.com

Diesen Artikel lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition „Betriebliche Versorgung“ auf Seite 14f. und in unserem ePaper.

 
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Ein Artikel von
Sascha Holstein