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5. Februar 2023
Tauziehen um Fahrzeugdaten geht weiter
Smart Car app with engine, tyres and battery status information concept. Driver holds a mobile phone. Steering wheel and board display in the background

Tauziehen um Fahrzeugdaten geht weiter

Eine sektorspezifische EU-Regelung zum freien Zugang zu Fahrzeugdaten droht zu scheitern. Der GDV ruft zum schnellen Handeln auf, um faire Wettbewerbsbedingungen zwischen Autoherstellern und anderen Dienstleistern zu erreichen. Auch bei Telematiktarifen und bei der Tesla-Versicherung geht es weiter um Daten.

Als Teil einer Verbändeallianz hat der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an die Bundesregierung appelliert, auf EU-Ebene Druck zur Schaffung einer sektorspezifischen Regulierung zum Zugang von Fahrzeugdaten zu machen. Denn die seit Langem angekündigte Regulation, die noch dieses Jahr präsentiert werden sollte, scheint zu scheitern, so der GDV. „Der zuständige EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, Thierry Breton, führt das Gesetzgebungsverfahren offenbar nicht fort – mit der Gefahr, dass das Datenmonopol der Autohersteller auch in dieser EU-Legislaturperiode nicht beendet werden kann“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Datenmonopol benachteiligt Verbraucher

Seit Jahren bereits fordern Versicherer, Werkstätten und andere Mobilitätsdienstleister Zugang zu Fahrzeugdaten. Doch bisher sind diese den Fahrzeugherstellern vorbehalten. So sei eine Weiterleitung etwa von Unfall- oder Pannenmeldungen an Dritte oft selbst dann nicht möglich, wenn Autofahrer das möchten, kritisiert der GDV. Dies sei ein Nachteil für Verbraucher, denn sie müssten aufgrund des fehlenden Wettbewerbs oft höhere Preise zahlen.

Der Verband fordert, das Bestimmungsrecht über die Daten von den Herstellern auf die Fahrer zu übertragen. „Sie müssen die Hoheit über die Daten haben und frei entscheiden können, ob, wann und wem sie welche Daten senden“, so Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV.

Versicherer haben berechtigtes Interesse an Daten

Während sich der GDV diesbezüglich für eine schnelle Regulierung stark macht, geht auch die Diskussion über das Datensammeln von Versicherern weiter. Dass Versicherer im Schadensfall Daten einsehen, das sei nichts Neues - und ein berechtigtes Interesse, erklärte erst kürzlich Andreas Krämer, Rechtsanwalt für Versicherungs-, Verkehrs- und Haftpflichtrecht, in einem Interview gegenüber Finance Forward.

Das Interesse seitens der Versicherer verlagere sich aber auch auf andere Fahrzeugdaten. Krämer meint damit das Angebot an Telematiktarifen. Mit diesen „Pay as you drive“-Policen können risikoaverse Autofahrer Geld sparen, wenn sie ihre Fahrdaten zugänglich machen. Krämer bemängelt an der Stelle, dass die Kunden die Daten zwar freiwillig abgeben würden, aber oft nicht wüssten, welche Daten gesammelt werden.

„Andererseits weiß [der Fahrer] nicht, was sonst noch gespeichert wird, und das ist problematisch. Der Eigentümer und der Fahrer des Autos können sich ja zum Beispiel unterscheiden. Meines Erachtens muss es so sein, dass die Daten demjenigen gehören, der sie produziert, und dass derjenige sie auch zur Verwendung freigeben muss“, so Krämer gegenüber Finance Forward. „Das Bundesverfassungsgericht hat das informationelle Selbstbestimmung genannt.“

GDV: Autohersteller wollen Monopol nicht aufgeben

Der Fahrer soll also jeweils selbst bestimmen, wem er welche Daten preisgibt. Das gilt sowohl in Richtung Versicherer als auch in Richtung Autohersteller. Letztere wollen ihr Datenmonopol aber auch zukünftig beibehalten. Sie etablieren derzeit ein sogenanntes ADAXO-Konzept, nach dem Fahrer Daten nur eingeschränkt und nur über die Server des Herstellers an einen dritten Dienstleister weiterleiten können, so der GDV. So hätten Hersteller weiterhin allein direkten Zugriff auf die Daten und den direkten Draht zu den Fahrern.

Tesla und der Safety Score

Was Daten im Zusammenhang mit Prämien und Reparaturen angeht, geht Elektroautohersteller Tesla noch einen Schritt weiter. Tesla bietet in derzeit zwölf Bundesstaaten eine eigene Versicherung an. In einem Angebot setzt sich die Prämie über ein Bewertungssystem individuell zusammen: Je höher der sogenannte Safety Score, desto niedriger der Preis (außer in Kalifornien, wo Safety Score im Moment aus regulatorischen Gründen nicht eingesetzt werden kann). Tesla hofft darüber auch Einblick in die Reparatur-Kosten für die Fahrzeuge nach Unfällen und Impulse für Fahrzeugoptimierungen zu erhalten. Laut CEO Elon Musk soll dies helfen, schnelle, einfache und letztlich auch günstigere Reparaturen zu ermöglichen.

Versicherer könnten unter Druck geraten

Die Ratingagentur Moody’s warnte, dies könne etablierte Versicherer unter Druck setzen – so könnten zum Beispiel andere Hersteller Teslas Beispiel folgen, berichtete die deutsche Seite des Teslamag. Und selbst wenn sie auf eigene Versicherungsangebote verzichten würden, würden sie laut Moody’s die Fahrdaten ihrer Kunden kontrollieren und diese gewiss nur gegen einen Anteil am Gewinn den klassischen Versicherungen überlassen, so Teslamag.de. Der Wettbewerb um die Fahrzeugdaten geht also weiter. (js)

Bild: © Stanisic Vladimir stock.adobe.com