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12. November 2020
Trend-Thema: Versicherungsschutz für digitale Events

Trend-Thema: Versicherungsschutz für digitale Events

In der Corona-Pandemie bekommt die Veranstaltungsversicherung mehr Aufmerksamkeit, der Schutz für digitale und hybride Events rückt in den Fokus. Nachgefragt bei Peter Pillath, Underwriting Manager Commercial Property beim Versicherer Hiscox, der zusammen mit EventAssec ein neues Angebot entwickelt hat.

Herr Pillath, Präsenzveranstaltungen bzw. Events sind aktuell so gut wie nicht möglich. Wie erleben Sie die Situation?

Es ist momentan keine einfache Situation, das merkt man ja auch an der Reaktion der Kulturschaffenden. Da ist sehr viel im Wandel, sehr viel findet digital statt. Irgendwann werden sicher auch wieder Präsenzveranstaltungen, wenn auch erst in eingeschränktem Rahmen, stattfinden. Die Kulturbranche ist aus meiner Sicht von Covid-19 aber auf jeden Fall mit am meisten betroffen.

Eine analoge Veranstaltungsversicherung hat Hiscox schon länger im Angebot. Jetzt stellen Sie um auf analog, digital und hybrid. Wo finden sich Gemeinsamkeiten, wo Unterschiede?

Der Grundbaustein ist immer der gleiche: der Ausfall der Veranstaltung bzw. des Events. Da ist es egal, ob das Event analog oder digital ausfällt. Es geht um die Kosten, die der Veranstalter hatte und gegebenenfalls auch um entgangenen Gewinn. Die Ausgestaltung einer Veranstaltung ist aber natürlich unterschiedlich. Bei einer analogen Veranstaltung ist man sehr an den Veranstaltungsort gebunden, und es gibt die klassischen Gefahren wie Überschwemmung oder Feuer, bei einem Outdoor-Event auch durchaus das Wetter. Man ist zudem oft vom physischen Erscheinen von Rednern und Künstlern abhängig. Im digitalen Bereich geht es eher um technische Probleme, einen Hackerangriff oder auch Equipment – zum Beispiel Server –, das kaputt gehen kann. Wenn wir über hybride Veranstaltungen sprechen, dann kommt natürlich beides zusammen.

Sind hybride Veranstaltungen die Zukunft?

Ich bin überzeugt, dass in Zukunft viele hybride Veranstaltungen stattfinden werden. Jeder erwartet wieder Präsenzveranstaltungen und fiebert darauf hin. Aber man wird die Erkenntnisse, die man aktuell durch die digitalen Veranstaltungen gewinnt, nutzen, um noch weitere Teilnehmer partizipieren zu lassen, die sonst aufgrund von Zeit oder Distanz nicht vor Ort sein können.

Die Corona-Pandemie hat zur Absage vieler Veranstaltungen geführt. Wie sieht es diesbezüglich mit der Ausfallversicherung aus?

Eine Pandemie ist zunächst ein grundsätzlicher Ausschluss in der Ausfallversicherung, kann aber individuell eingeschlossen werden. In der Vergangenheit haben wir so etwas beispielsweise oft bei landwirtschaftlichen Veranstaltungen im Zusammenhang mit der Schweinepest gesehen. Sehr viele haben diesen Zusatzbaustein nicht abgeschlossen, weil niemand – weder der Veranstalter noch der Versicherer – an ein solches Szenario gedacht hat. Man muss sagen, dass es hier im Gegensatz zur Betriebsschließung eine klare Regelung gab: Entweder man hatte den Zusatzbaustein versichert oder eben nicht. Das war also sehr transparent. Ab Februar, als es zur Pandemie kam, haben wir diesen Zusatzbaustein nicht mehr mit angeboten.

Springen wir zurück zu den digitalen Events und Ihrem neuen Versicherungsschutz. Dieser ist modular aufgebaut. Was ist enthalten, was muss man zu den Versicherungssummen wissen?

Es gibt zunächst einmal die Module Haftpflicht, Equipment und Ausfall. Gerade der Teil Equipment ist sehr wichtig, wenn man über digitale Events spricht. Wenn man spezifischer auf den Ausfall eingeht, gibt es die Möglichkeit, die Grunddeckung abzusichern – das sind typischerweise Auswirkungen eines Feuers oder eines Hackerangriffs, die zu einem Ausfall führen. Diese können um den Ausfall von einzelnen Personen erweitert werden, wenn man beispielsweise von einem Redner abhängig ist. Außerdem kann es um technische Probleme und Fehlbedienung von Dienstleistern erweitert werden. Diese Module kann man nach Bedarf und Preisempfinden dazunehmen.

Die Versicherungssummen leiten sich von den Kosten ab, die der Veranstalter hat, und optional auch der entgangene Gewinn. In der Vergangenheit bei analogen Events gab es große Konferenzen, Veranstaltungen und Festivals – die sind durchaus im niedrigen und mittleren Millionenbereich unterwegs. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass digitale Events günstiger sind, weil nicht so große Räumlichkeiten gebraucht werden. Die meisten bewegen sich hier unter 500.000 Euro. Wir sichern aber auch die ganz Großen ab. Wir haben als Hiscox-Gruppe auch schon im zweistelligen Millionenbereich Versicherungsschutz gewährt.

Gibt es denn dabei Überschneidungen zur Cyberversicherung?

Durchaus. Es kommt darauf an, wie die Cyberversicherung ausgestaltet ist. Wenn ein Unternehmen von Veranstaltungen lebt, sollte natürlich auch die Cyberversicherung darauf ausgerichtet sein. Üblich am deutschen Markt ist, dass es eine Wartezeit für die Cyberversicherung gibt. Wenn ich von der durchschnittlichen Wartefrist von zwölf Stunden ausgehe, dann kriegt man in der Wartezeit vom vereinbarten Dienstleister zwar Hilfe, aber man bekommt noch keine Entschädigungsleistung für Ertragsausfälle. Wenn ich eine Veranstaltung habe, die etwa nicht wie die diesjährige digitale DKM über mehrere Tage geht, sondern nur an einem Tag läuft, dann kann man sich denken, dass normalerweise ein Veranstaltungszeitraum nicht zwölf, sondern vielleicht nur acht Stunden ist. So würde man aus einer Standard-Cyberversicherungsleistung nur eine geringe Leistung bekommen.

Gleichzeitig muss man sagen, dass wenn jemand schon eine Cyberversicherung hat, er sich sicherlich schon Gedanken zu seiner Cyber- und Informationssicherheit gemacht hat, was positiv zu bewerten ist. Und auch der Dienstleister, der über eine Cyberversicherung schon mit im Boot ist, ist hilfreich. Gleichzeitig deckt dann die Veranstaltungsausfallversicherung genau diese zusätzlichen Kosten und den Ertragsausfall ab, worauf eine normale Cyberversicherung nicht ausgerichtet ist.

Geben Sie uns doch bitte ein paar Schadenszenarien bei digitalen Events.

Die große Problematik ist zunächst, herauszufinden, woran ein Problem wirklich gelegen hat, also ob ein Hackerangriff vorlag oder ob es an der Bandbreite lag, die vielleicht nicht ausreichend eingekauft wurde. Das ist ein Lernprozess, denn für die meisten sind digitale Events neu. So kann es sein, dass entweder der Veranstalter selbst oder auch die Teilnehmer nicht über die richtige Technik verfügen. Das ist dann kein Teil der Versicherung. Veranstaltungen sind aber auch für Hacker ein interessantes Ziel, weil viel vorab über eine Veranstaltung bekannt ist und so wird sie schnell zu einem prominenten Ziel.

Hiscox hat die digitale DKM 2020 versichert. Was waren da die Besonderheiten?

Die DKM ist ein schönes Beispiel. Wenn man sich mit IT-Dienstleistern zusammentut, um eine Veranstaltung durchzuführen, dann stellt sich wieder die Frage, ob die Cyberversicherung nur bei Angriffen auf das eigene Computersystem greift oder auch auf Computersysteme des Dienstleisters. Die Veranstaltungsversicherung ist bei uns so ausgerichtet, dass auch explizit der Dienstleister mitversichert ist. Also auch die Netzwerke und Server des Dienstleisters der DKM waren versichert. Man muss immer alle Beteiligten betrachten, etwa: Wie viel Erfahrung mit digitalen Events ist vorhanden? Welche Dienstleister werden genutzt?

Wir verstehen uns da auch als Partner und nicht nur als reiner Absicherer. Da betrachten wir viele Facetten: Wie binde ich die Aussteller ein? Funktionieren die Firewalls? Macht jeder den Technikcheck? Jeder muss wissen, wie mit der Technik umzugehen ist. Man muss wissen, wie viele Personen teilnehmen und welche Spitzenlasten es geben könnte. Da ist sehr viel Technik und Kommunikation mit allen Beteiligten nötig. Nichts ist ärgerlicher, als wenn die Technik eigentlich funktioniert, aber sie nicht richtig eingesetzt wird.

Große Events haben wir angesprochen. Was ist mit kleineren Events?

Wir versichern auch kleinere Events. Es kommt auch auf das persönliche Empfinden des Veranstalters an. Für manchen sind 15.000 Euro Investment schon viel Geld und wenn diese Veranstaltung ausfallen würde, hätte das Konsequenzen für das Personal oder die eigene Existenz. Manchmal verlangen auch Investoren oder Banken einen Versicherungsschutz, wenn diese die Veranstaltung finanzieren.

Der Versicherungsschutz wird auch für private Events angeboten, aber eine Hochzeit digital durchzuführen ist vielleicht doch etwas anderes als ein Konzert. Im Gewerbebereich sprechen wir von Firmenjubiläen oder Weihnachtsfeiern. Das Segment ist letztlich für jeden Makler relevant, der mittlere und größere Firmen betreut. Dann gibt es natürlich noch Eventagenturen, Messen, Konferenzen und Organisatoren, die damit fast tagtäglich zu tun haben.

Die Veranstaltungsausfallversicherung ist dann also weniger ein Nischenprodukt?

Ich würde sie als eine besondere Form der Versicherung betrachten. Eine Eventversicherung wird nie so groß werden wie der Kfz-Markt oder die Industriegebäudeversicherung. Dafür ist es zu speziell. Jedes Event ist anders, was Hygienevorschriften, Ausgestaltung, Teilnehmeranzahl, Location usw. angeht. Dort muss ein Know-how vorhanden sein. Daher passt es sehr gut zu uns. Als Nische kann man es aber nicht bezeichnen.

Sie bieten den Schutz zusammen mit dem Assekuradeur EventAssec an. Wie läuft die Abwicklung?

EventAssec arbeitet direkt mit dem Makler oder den Pools zusammen. Dort können sich aber auch Privatkunden direkt hinwenden, entweder über den Online-Rechner oder einen Fragebogen.

Wir haben mit EventAssec einen Partner an Bord, der sehr viel Erfahrung in dem Bereich hat. So bereichert sich unser Wissen gegenseitig und wir können zusammen mit unseren Kunden entsprechende Lösungen suchen. Mehr dazu findet sich auf unserer Website: www.hiscox.de/geschaeftskunden/veranstaltungsversicherung/

Der Online-Abschluss spielt in dem Zusammenhang dann noch eine kleine Rolle?

Er spielt eine große Rolle für kleine Veranstaltungen. Bei größeren Veranstaltungen wird es komplex. Denken Sie an beispielsweise an große Open-Air-Veranstaltungen. Dort muss man sich beispielsweise mit Krankheitsgeschichten oder Wetterdaten auseinandersetzen, das ist nicht mehr über ein Online-Formular darstellbar. Für digitale Events arbeiten wir derzeit noch an einer Lösung, diese ebenfalls direkt online abschließen zu können.

Bild: © Hiscox