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23. April 2021
Unternehmenskultur von Finanzdienstleistern im Wandel

Unternehmenskultur von Finanzdienstleistern im Wandel

Abschied von starren Arbeitszeitmodellen, mehr Teilzeitangebote und Eigenverantwortung für Mitarbeiter: Corona hat die Unternehmenskultur von Banken und Versicherern verändert. Schwer tut sich die Branche laut einer Studie allerdings damit, ihre eigenen Schwächen zu erkennen.

Trotz der Digitalisierung haben die Finanzdienstleister bislang an ihren grundlegenden Arbeitsmodellen festgehalten. Infolge der Corona-Krise hat sich dies geändert, wie die Studie „Potenzialanalyse Resilienz“ von Sopra Steria in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut zeigt. Demnach hat die Pandemie bei zwei Dritteln der Banken und Versicherungen einen Wandel der Unternehmenskultur in Gang gebracht. Neun von zehn Finanzdienstleistern stellen beispielsweise etablierte Arbeitszeitmodelle auf den Prüfstand und bieten häufiger Teilzeit an. Wie die Studie weiter ergab, setzen 62% der Unternehmen auf mehr Eigenverantwortung bei den Mitarbeitenden, um Stress zu vermeiden.

Kulturelles Umdenken stärker als in anderen Branchen

Im Vergleich mit anderen Branchen fällt das kulturelle Umdenken in der Finanzbranche besonders stark aus. Während etwa in der verarbeitenden Industrie lediglich 37% der Unternehmen angeben, die Pandemie habe zu einem Wandel in der Unternehmenskultur geführt, kommen die Finanzdienstleister mit 62% auf einen deutlich höheren Wert. Banken und Versicherer liegen damit deutlich über dem Durchschnitt aller befragten Branchen von 48%.

„Gerade zu Beginn der Pandemie haben die Finanzdienstleister viel Lob von ihren Kunden dafür erhalten, dass diese ihre Finanzangelegenheiten trotz Lockdown weiter ziemlich reibungslos erledigen konnten“, sagt Martin Stolberg, stellvertretender Leiter Banking bei Sopra Steria. Damit sei aber auch die klare Erwartungshaltung der Kunden verbunden, dass die etablierten Finanzdienstleister nicht nur Onlineberatung anbieten würden, sondern sich die Beratung zeitlich, örtlich und inhaltlich an den Kunden orientiere.

Fähigkeit, eigene Schwächen erkennen, bleibt Manko

Viel Luft nach oben haben Finanzdienstleister allerdings beim Thema Selbstreflexion. Laut Studie fällt es Banken und Versicherern nämlich deutlich schwerer als Unternehmen anderer Branchen, ihre eigenen Schwächen zu erkennen. Doch um dauerhaft einen relevanten Platz in den digitalen Ökosystemen ihrer Kunden zu finden, sollten die Finanzdienstleister hier ansetzen und hart an sich arbeiten.

„Zeit, sich von der Beratung des 20. Jahrhunderts zu lösen“

Dabei wisse die Branche sehr genau, welche Stellhebel zu bedienen seien: transparente und digitalisierte Prozesse (77% Zustimmung), konstruktiv mit Fehlern umgehen (77%), das Silodenken überwinden (74%) sowie insgesamt eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre schaffen (73%). „Derart resiliente Geschäftsmodelle werden dafür sorgen, dass einem nicht jedes neue oder prominente Digital Icon auf dem Smartphone der Kunden die Schweißperlen auf die Stirn treibt“, betont Stolberg. „Es ist Zeit, sich von der Beratung des 20. Jahrhunderts zu lösen. Zeit, Ort und Kanal bestimmt die Kundin oder der Kunde. Das tradierte Modell der Öffnungszeiten, gekoppelt an starre Wochenstunden-Tarifverträge, ist mittlerweile überholt. Hier besteht in der Finanzwelt eine echte Chance, sich mit Beratung, wann und wo Kunden das möchten, Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten“, so Stolberg weiter.

Bild: © Gajus – stock.adobe.com