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Steuern & Recht
28. März 2019
Urteil: „Negativzinsen“ sind unzulässig

Urteil: „Negativzinsen“ sind unzulässig

Darf eine Bank negative Zinsen verlangen? Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht Stuttgart beschäftigen. Grund war eine Klage der Verbraucherzentrale gegen die Kreissparkasse Tübingen. Die Richter gaben den Verbraucherschützern nun Recht – und verurteilten sie zugleich selbst.

Eine von der Kreissparkasse Tübingen in ihrem Riester Banksparplan „VorsorgePlus“ verwendete Zinsanpassungsklausel ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart rechtswidrig. Insbesondere erfülle die Klausel nicht die Vorgaben, wonach es dem Vertragspartner ohne fremde Hilfe möglich sein muss, möglichst klar und einfach seine Rechte festzustellen. Damit sind die von der Sparkasse in ihrem Preisverzeichnis mitgeteilten negativen Grundverzinsungen für den „VorsorgePlus“ Vertrag hinfällig.

Schmälerung vertraglich vereinbarter Zinsen

Die Kreissparkasse Tübingen hatte in ihrem Riester Banksparplan „VorsorgePlus“ über den Preisaushang eine negative Grundverzinsung bekannt gegeben. „Mit einer negativen Grundverzinsung wird durch die Verrechnung der Bonuszins geschmälert, der mit den Verbrauchern zusätzlich vertraglich vereinbart war“, sagt Niels Nauhauser, Abteilungsleiter Altersvorsorge, Banken und Kredite bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Entscheidung.

Rückwirkende Gutschrift möglich

Eine „negative“ Grundverzinsung, wie sie von der Kreissparkasse Tübingen durch Preisaushang bekannt gemacht und mit Bonuszinsen verrechnet wurde, ist damit für diesen Vertrag ausgeschlossen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. „Sollte das Urteil gegen die Sparkasse rechtskräftig werden, müsste sie allen Kunden die Negativzinsen, die sie vom Bonuszins abgezogen hat, rückwirkend gutschreiben“, erläutert Nauhauser die möglichen Folgen des Urteils.

Auch die Verbraucherzentrale verliert

Auch die Sparkasse erlangte vor dem OLG Stuttgart allerdings einen Teilsieg. Sie verlangte die Unterlassung der mit einer Pressemitteilung der Verbraucherzentrale verbreiteten Behauptung, dass die Beklagte fordere von Ihren Kunden des Produkts VorsorgePlus und damit für Altersvorsorgeverträge der staatlich geförderten Riester-Rente Negativzinsen beziehungsweise ein Entgelt verlangt, statt Zinsen zu bezahlen.

Verbraucherschützer müssen falsche Behauptungen zurückziehen

Die Verbraucherzentrale dürfe in ihren Pressemitteilungen und auf der Internetseite nicht die in der Kernaussage unwahre, weil bewusst unvollständige Tatsachenbehauptung aufstellen, dass die beklagte Bank von den Kunden ihrer Altersvorsorgeprodukte eine negative Verzinsung, also faktisch ein Entgelt einfordere, statt selbst Zinsen zu zahlen. Zu einem Einfordern eines Entgelts beim Kunden sei es wegen der höheren Bonuszinsen nie gekommen. Eine solche Presseberichterstattung könne zu einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Wertschätzung der Kreissparkasse führen. Daher wurde die Verbraucherzentrale vom Berufungsgericht auch zur Auskunft über die Verbreitungswege der Behauptung und zum Ersatz eines möglichen Schadens verurteilt. (mh)

OLG Stuttgart, Urteil vom 27.3.2019, Az. 4 U 184718