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5. August 2025
Verbraucherbeschwerden im Fokus der BaFin
Verbraucherbeschwerden im Fokus der BaFin

Verbraucherbeschwerden im Fokus der BaFin

Eine steigende Anzahl an Verbraucherbeschwerden hat die BaFin im April dazu veranlasst, eine Aufsichtsmitteilung zu veröffentlichen. Darin fordert sie die Versicherer auf, Leistungsanträge zügig zu bearbeiten. Warum kommt diese Aufforderung gerade jetzt? Und worauf achtet die Aufsicht bei betroffenen Unternehmen?

Interview mit Julia Wiens, Exekutivdirektorin Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der BaFin
Frau Wiens, die BaFin erwartet laut der Aufsichtsmitteilung vom 11.04.2025, dass in „durchschnittlich gelagerten Versicherungsfällen“ Versicherer Leistungsanträge innerhalb eines Monats bearbeiten. Als wie verbindlich sieht die BaFin diese Anweisung an?

In der Aufsichtsmitteilung formuliert die BaFin ihre Erwartungshaltung für den Bereich der Schadenbearbeitung. Grundlage sind die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation. Dazu zählt auch, dass die Ansprüche der Versicherten und anderer bezugsberechtigter Personen fristgerecht erfüllt werden, also unverzüglich nach Abschluss der notwendigen Erhebungen. Entsprechend sollten Versicherer Leistungsanträge grundsätzlich innerhalb eines Monats abschließend bearbeiten. Das sollte der Maßstab sein. Gleichzeitig kann es Ausnahmen geben, in denen eine längere Bearbeitungszeit angemessen ist. Etwa bei Großschadenereig­nissen oder bei komplexeren Fällen mit Personenschäden, in denen Sachverständigengutachten oder medizinische Untersuchungen eingeholt werden müssen. Aber eines muss klar sein: Unbegründete oder gar systematische Leistungsverzögerungen duldet die BaFin nicht.

Was war der Anlass, die Mitteilung genau jetzt zu veröffentlichen?

Wir erhalten zurzeit viele Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern, die mit der Bearbeitungszeit ihrer Leistungsanträge nicht einverstanden sind. In vielen Fällen dauert der Prozess länger als einen Monat. Häufig gibt es Gründe für Leistungsverzögerungen, etwa Personalmangel oder ein erhöhtes Schadenaufkommen. Und solange es nur temporär zu Verzögerungen kommt, erachte ich das auch nicht per se als problematisch. Anders stellt sich die Situation dar, wenn es Anzeichen für Mängel in der Geschäftsorganisation gibt. Dann schreiten wir ein.

Von welcher Größenordnung an Beschwerden sprechen wir?

Im Jahr 2024 waren es gut 1.200 Beschwerden, von denen etwa die Hälfte begründet war; im laufenden Jahr sind es bislang gut 900, von denen knapp die Hälfte begründet war. Bei den genannten Unternehmen schauen wir ganz genau hin.

Welche Maßnahmen stehen der BaFin zur Verfügung, sollten Versicherer der Anweisung nicht oder nicht ausreichend Folge leisten?

Wir verfolgen Leistungsverzögerungen konsequent. Von den Versicherern mit schleppender Leistungsbearbeitung erwarten wir, dass sie Bearbeitungsrückstände zeitnah abbauen und die Ursachen von Verzögerungen beseitigen. Über die Fortschritte lassen wir uns regelmäßig berichten. Bei Bedarf könnten wir – quasi als ultima ratio – weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen ergreifen.

Die BaFin nimmt auch den Verbraucherschutz in letzter Zeit häufiger in den Fokus als noch in der Vergangenheit. Wie kommt es, dass dieses Thema nun einen höheren Stellenwert erfährt als in der Vergangenheit?

Der kollektive Verbraucherschutz ist eine Kernaufgabe der BaFin. Wir nehmen das sehr ernst. Wenn wir Anhaltspunkte haben, dass es bei Finanzunternehmen systematische Missstände gibt, dann gehen wir dem nach. Und eine Häufung von Verbraucherbeschwerden ist dafür ein wichtiges Indiz.

Lesen Sie auch:Zu lange Bearbeitungszeiten? Das sagen Versicherer

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 08/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Interview mit
Julia Wiens