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12. Mai 2021
Verbraucherschützer erzielen Teilerfolg gegen die ARAG

Verbraucherschützer erzielen Teilerfolg gegen die ARAG

Im Streit zwischen Verbraucherzentrale NRW und ARAG um eine Rechtsschutzversicherung, hat der BGH ein Urteil gesprochen. Demzufolge könnten Kunden der ARAG, denen zuvor eine Kostenübernahme verwehrt wurde, unter bestimmten Umständen nachträglich Versicherungsschutz erhalten.

Die Verbraucherzentrale NRW verbucht ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in einer Pressemitteilung als Stärkung der Rechte von Versicherten. Die ARAG hingegen winkt ab. Schließlich habe der BGH hauptsächlich zugunsten des Versicherers entschieden und nur drei Worte der Versicherungsbedingungen moniert. Wer hat nun recht? Kurz gesagt beide.

Zwei Klauseln angegriffen

Die Verbraucherzentrale NRW hatte zwei Klauseln aus den Versicherungsbedingungen einer ARAG-Rechtsschutzversicherung angegriffen. In der ersten Klausel ging es um den Eintritt des Versicherungsfalles und in der zweiten um einen Ausschluss von bestimmten Widerrufsfällen. Die zweite Klausel sah der BGH als wirksam an, die erste jedoch zumindest teilweise als unwirksam. Der BGH stieß sich dabei an den drei Worten: „und den Gegner“.

Verstoßabhängiger Rechtsschutzfall

Was hat es damit auf sich? Bei der teilweise unwirksamen Klausel geht es um den sogenannten „verstoßabhängigen Rechtsschutzfall“. Hierbei geht es um die Frage, wann der Versicherungsfall denn nun eingetreten ist. Die Syndikusanwältin der Verbraucherzentrale NRW, Rita Reichard, erklärt dazu, dass die gängige Definition des „verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles“ sich allein an der vom Versicherungsnehmer behaupteten Pflichtverletzung des Anspruchgegners orientiert.

ARAG wählt andere Definition

Die ARAG hingegen hatte den Versicherungsfall anders definiert. Für die Bestimmung des Verstoßzeitpunkts sollten zusätzlich auch „alle Tatsachen berücksichtigt werden, die durch den Versicherungsnehmer und den Gegner vorgetragen werden, um die Interessenverfolgung zu stützen.“ Darin sah die Verbraucherzentrale eine unzulässige Ausweitung der zeitlichen Festlegung ins Uferlose.

BGH sieht Änderungsbedarf

In diesem Teilaspekt gab der BGH den Verbraucherschützern recht. Die Klausel müsse tatsächlich dahingehend abgeändert werden, dass „und den Gegner“ aus der umstrittenen Klausel entfernt wird. Davon abgesehen wurde die Revision der Verbraucherzentrale aber zurückgewiesen.

ARAG sieht sich bestätigt

Die ARAG wiederum zeigt sich zufrieden mit dem Urteil, da die angegriffenen Klauseln der gerichtlichen Überprüfung insgesamt standgehalten hätten. Dem geringfügigen Änderungsbedarf, die drei Worte „und den Gegner“ zu streichen, komme der Versicherer selbstverständlich nach, teilte die ARAG AssCompact auf Nachfrage mit.

Nachträglicher Versicherungsschutz möglich

Das BGH-Urteil kann für diejenigen Versicherungsnehmer von Relevanz sein, denen in der Vergangenheit der Versicherungsschutz ihrer ARAG-Rechtsschutzversicherung versagt wurde. „Denn sollte in der Vergangenheit der Versicherer Rechtsschutz unter Berufung auf diesen vom BGH für unwirksam erklärten Klauselteil verweigert haben, ist dies zu Unrecht geschehen“, erklärt die Verbraucherzentrale NRW.

Relevanz für Versicherungsmakler

Rechtsschutzversicherte der ARAG, in deren Verträgen die (Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen) ARB 2016 vereinbart sind und denen unter Bezugnahme auf die gekippte Klausel Leistungen versagt wurden, könnten nun nachträglich Versicherungsschutz erhalten. Versicherungsmakler sind gut beraten, ihre Kunden auf die Möglichkeit hinzuweisen, die sich durch das BGH-Urteil bietet.

Update: Rechtschutzversicherer muss Kunden über unwirksame Klauseln informieren

Wie die Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte in einer Pressemitteilung feststellt, ist bei diesem Urteil besonders hervorzuheben, dass der BGH den Versicherer sogar dazu verpflichtet, seine Kunden über die Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel zu informieren. Die Verwendung einer unwirksamen Klausel sei ein Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG. Daher bestünde eine Pflicht zur Beseitigung dieser unzulässigen Handlung, die dadurch erreicht werden kann, dass der Versicherer seine Kunden entsprechend informiert.

„Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen, da Sie zu aktuellen Bedingungen in der Rechtsschutzversicherung Klarheit schafft“ so Tobias Strübing, Fachanwalt für Versicherungsrecht der Kanzlei Wirth-Rechtsanwälte. „Bemerkenswert ist dabei aber insbesondere, dass die Pflicht besteht, die Kunden darüber zu informieren. Diese eher unangenehme Pflicht könnte zukünftig Unternehmen jeglicher Colour treffen, die Kenntnis davon erhalten, dass einzelne Klauseln ihrer Bedingungen zum Nachteil der Kunden unwirksam sind.“(tku)

BGH, Urteil vom 31.03.2021 - IV ZR 221/19

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