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Steuern & Recht
21. Juni 2023
Verdachtskündigung wegen fehlerhafter Zeiterfassung rechtens
Judge's gavel on table in office

Verdachtskündigung wegen fehlerhafter Zeiterfassung rechtens

An eine Verdachtskündigung bei einem Arbeitsverhältnis sind hohe Anforderungen geknüpft. Genügt daher eine fehlerhafte Zeiterfassung als ausreichender Verdacht für eine solche, meist fristlose Kündigung? Die Richter am LAG Mecklenburg-Vorpommern bejahten dies.

Der dringende Verdacht einer fehlerhaften Arbeitszeiterfassung kann eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber rechtfertigen, wenn sich ein Arbeitnehmer aller Wahrscheinlichkeit nach von zu Hause aus im Zeiterfassungssystem eingebucht hat, die Arbeit aber erst später im Dienstgebäude aufnimmt. Das hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (LAG) entschieden.

Teamleiterin stellt Unregelmäßigkeiten fest

Im vorliegenden Sachverhalt arbeitete ein Beschäftigter einer Behörde grundsätzlich im Dienstgebäude. Für mobiles Arbeiten benötigte er die Zustimmung seiner Führungskraft. Nachdem der Teamleiterin des Angestellten aufgefallen war, dass dieser trotz Vollbeschäftigung häufig später zur Arbeit erschien als sie, den Arbeitsplatz allerdings wiederum früher verließ, prüfte sie nach Einschaltung der Personalvertretung seine Zeiterfassung im Oktober 2021. Dabei waren Abweichungen zwischen den gebuchten und den von der Teamleiterin registrierten Arbeitszeiten festzustellen. Mit der Begründung, dass ein Verdacht eines Arbeitszeitbetruges vorlag, sprach der Arbeitgeber mit Zustimmung des Personalrats die Kündigung gegenüber dem Beschäftigten aus. Der beschäftigte lehnte die Kündigung ab und klagte auf Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses.

Gleitzeitmodelle erfordern besonderes Vertrauensverhältnis

Die Richter am LAG haben zugunsten des Arbeitgebers entschieden. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer vertrauen können, so die Auffassung der Richter. Übertrage er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllte ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Nicht anders sei es zu bewerten, so die Richter weiter, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren, und er hierbei vorsätzlich falsche Angaben macht.

Buchungsverhalten des Beschäftigten erhärten Verdacht

Und bei dem Kläger bestehe eben der dringende Verdacht, dass er an mehreren Tagen frühmorgens Arbeitszeiten von zu Hause aus gebucht hat, ohne die Arbeit tatsächlich aufzunehmen. Der dringende Verdacht ergebe sich insbesondere aus dem Buchungsverhalten des Klägers, argumentierte das Gericht. Die Erfassung von nicht geleisteter Arbeitszeit führe zu unberechtigten Lohnzahlungen. Der Arbeitgeber sehe sich dadurch bei einer Hauptpflicht des Beschäftigten getäuscht, was de Richter als schweren Vertrauensbruch werteten. Daher sei die Verdachtskündigung laut LAG gerechtfertigt. (as)

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.03.2023 – Az. 5 Sa 128/22

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