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26. Oktober 2021
Verivox-Urteil: Das sind die Konsequenzen für Makler

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Verivox-Urteil: Das sind die Konsequenzen für Makler

Verivox und CHECK24 wurden vor Kurzem dazu verpflichtet, deutlicher auf das eingeschränkte Angebot ihrer Vergleichsportale hinzuweisen. Insbesondere das Urteil gegen Verivox hat jedoch Auswirkungen auf alle Makler. Welche Tragweite dem Urteil des OLG Karlsruhe zukommt, erklärt Rechtsanwalt Jürgen Evers.

Müssen unabhängige Vermittler sich wegen des Verivox-Urteils Gedanken machen? Ja, unbedingt! Denn demzufolge müssen alle Makler ihre Kunden zum Gesamtmarkt beraten. Hält also zum Beispiel die HUK einen günstigeren Tarif vor, müssen Makler diesen empfehlen, sofern sie den Kunden nicht darüber informiert haben, nur auf eingeschränkter Grundlage zu beraten.

Sie lesen richtig: Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe nimmt an, dass der Versicherungsmakler nach dem Gesetz verpflichtet sein kann, zum Abschluss eines Tarifs bei Versicherern zu raten, die nicht mit Versicherungsmaklern kooperieren (Urteil vom 22.09.2021 – 6 U 82/20 – EversOK LS 78).

Gesetzliche Marktgrundlage der Maklertätigkeit

Die Marktuntersuchungspflicht des Maklers erstreckt sich nach Auffassung des OLG Karlsruhe auch auf Tarife von Versicherern, die den Vertriebsweg Makler ausschließen. Dass ein Versicherer seine Tarife nicht für den Vertriebsweg über Makler bereitstellt, soll für die nach § 60 Abs. 1 VVG maßgebliche Marktgrundlage der Maklertätigkeit bedeutungslos sein. Damit steht das OLG Karlsruhe nicht allein, es bestätigt die Auffassung der Landgerichte (LG Konstanz, 21.01.2021 – Me 4 O 90/19 – EversOK LS 1 m.w.N.; LG Frankfurt/Main, 06.05.2021 – 2–03 O 347/19 – EversOK LS 9 m.w.N. – CHECK24; LG Heidelberg, 06.03.2020 – 6 O 7/19 – EversOK LS 2). Über diese Spruchpraxis geht der Senat jedoch hinaus, indem er Makler als gesetzlich verpflichtet ansieht, Policen zu empfehlen, die für den Kunden günstiger sind, selbst wenn Makler diese weder vermitteln können noch für den Abschluss vergütet werden.

Erforderliche Beschränkung der Marktgrundlage allgemein statthaft

Das OLG sieht darin offenbar kein Problem für Makler. Denn wollen diese Angebote von Direktversicherern oder Versicherern mit exklusivem Vertriebsweg von ihrer Untersuchung ausnehmen, so können sie ihre Beratungsgrundlage allgemein und systematisch gegenüber der gesetzlichen Marktgrundlage beschränken, ohne § 60 Abs. 1 Satz 2 VVG zu verletzen. Im Einzelfall meine nur, dass die Beschränkung nicht über den individuellen Fall hinaus gelte, in dem sie vorgenommen werde. Der Makler müsse den Kunden lediglich aus Anlass jeder einzelnen Beratung aktiv und in Textform über die Beschränkung in Kenntnis setzen. Eine bloße generelle Information im Maklervertrag reiche dazu nicht aus. Die Entscheidung stellt damit wenigstens klar, dass der Makler nicht gehindert ist, seine Tätigkeit allgemein auf die Untersuchung des Maklermarkts zu beschränken.

Inhalt der Information über die Beschränkung

Allerdings macht der Senat den Maklern die Beschränkung nicht leicht. Die dazu erforderliche Information darf sich nach seiner Ansicht nicht darin erschöpfen, die in die Marktuntersuchung einbezogenen Versicherer zu nennen. Zu informieren sei über die Marktgrundlage und die davon zu unterscheidende Informationsgrundlage der Tätigkeit des Maklers. Informationsgrundlage sei die Art und Weise, wie der Makler die Information gewinne. Denn der Versicherungsnehmer solle sich ein Bild machen können über die fachliche Kompetenz und die Interessengebundenheit des Versicherungsmaklers. Zudem habe er ein Interesse an Informationen darüber, welche Bedeutung der Beratungsgrundlage bezogen auf den Gesamtmarkt zukommt. Der Makler müsse daher auch offenlegen, ob ihm der Marktüberblick fehle und er sich diesen nicht verschaffen könne.

Der Senat hat zwar nicht abschließend entschieden, welche Informationen ein Hinweis auf eine beschränkte Beratungsgrundlage erfordere. Allerdings bringt er in den Gründen seines Urteils zum Ausdruck, dass zumindest auch darüber zu informieren ist, welchen Marktanteil und welche relative Bedeutung die der Marktuntersuchung zugrunde gelegten Versicherer im Verhältnis zu den übrigen Versicherern haben. Denn der Kunde soll mit dem Hinweis erkennen können, inwieweit die Marktabdeckung des Maklers erhebliche Lücken aufweise. Sofern dem Makler keine offiziellen Zahlen vorliegen, könne er sie schätzweise angeben; zumindest müsse er offenlegen, wenn er mangels umfassenden Marktüberblicks überhaupt nicht beurteilen kann, welchen Marktanteil der von ihm vorgenommene Vergleich abdeckt.

Folgen unterlassener oder unzureichender Hinweise

Unterbleibt der gebotene Hinweis auf die eingeschränkte Beratungsgrundlage oder wird er unvollständig erteilt, verletzt der Makler § 60 Abs. 1 VVG mit der Folge, dass er gemäß §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3, 3a UWG, § 60 VVG von Verbraucherschutzverbänden, Versicherern oder Versicherungsvertretern auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann (vgl. LG Heidelberg, 06.03.2020 – 6 O 7/19 – EversOK LS 5). Wettbewerber können auch Schadensersatz verlangen (§ 9 UWG). Der Kunde kann den Makler nach §§ 63, 60 VVG wegen fehlerhafter Beratung auf Schadensersatz für nicht, unzureichend oder zu teuer eingedeckte Risiken in Anspruch nehmen (vgl. dazu LG Konstanz, 21.01.2021 – Me 4 O 90/19).

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Ein Artikel von
Jürgen Evers

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Thorsten Freye… am 08. November 2021 - 00:18

Wer bislang nicht vom Glauben abgefallen ist, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen. Ich möchte mich bei den verantwortlichen Richtern/ Rechtsgelehrten entschuldigen, dass ich in meiner angagierten und verantwortungsvollen Tätigkeit mit nunmehr 31 Jahren Berufserfahrung meinen Lebensunterhalt verdient habe. Ich werde mein Gewerbe abmelden und mit sofortiger Wirkung ehrenamtlich tätig sein. Vielleicht habe ich eine Chance beim Verbraucherschutz, denn da kann man uneingeschränkt beraten.