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18. September 2020
Verkehrssicherungspflicht in sakralen Gebäuden: Augen auf beim Besuch

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Verkehrssicherungspflicht in sakralen Gebäuden: Augen auf beim Besuch

Geändertes Kirchenverständnis?

In ihrer Berufung gegen das Urteil legte die Klägerin dann dar, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, die Kennzeichnung und Beleuchtung von Treppenstufen in einer katholischen Kirche nicht zu fordern. Es habe insgesamt in der Bevölkerung ein neues Sicherheitsdenken eingesetzt und berief sich in diesem Zusammenhang auf das Empfehlungsblatt „Kirchliche Gebäude sicher nutzen“ der gesetzlichen Unfallversicherung in Zusammenarbeit mit der evangelischen Fachstelle für Arbeits- und Gesundheitsschutz

OLG Oldenburg: Überraschendes Auftreten einer Gefahrenstelle liegt nicht vor

Das OLG Oldenburg gelangte in seinem Urteil vom 01.09.2020 nun zu der Auffassung, dass das angefochtene LG-Urteil nicht zu beanstanden sei. Der Klägerin stünden gegen die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Sie habe keinen Anspruch auf Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht aufgrund einer Verletzung der Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte gemäß § 823 Abs. 1 BGB. Weder die von der Klägerin gerügte fehlende Markierung noch eine fehlende Beleuchtung der Treppenstufe lassen laut OLG Oldenburg einen Verstoß erkennen. Bei dem Betreten des mit Stufen abgesetzten Altarraums mit Hochaltar muss und kann sich ein Besucher, der diese Ebene betritt, auf die entsprechende bauliche Ausführung einstellen. Das hat die Klägerin nach eigenem Vorbringen auch getan, als sie ohne Sturz die Treppenstufe zum Taufbecken heraufgestiegen ist. Die gesamte Treppenanlage war für sie ohne weiteres erkennbar. Ein überraschendes Auftreten einer Gefahrenstelle liegt ersichtlich nicht vor. Etwaige Beanstandungen hinsichtlich dringender Sicherheitsbedürfnisse wie der Standsicherheit oder der ausreichenden Trittbreite werden nicht gerügt und sind auch nicht ersichtlich. Zutreffend hat das Landgericht die religiöse Besonderheit herausgestellt, dass sich der Publikumsverkehr in katholischen Kirchen im Wesentlichen auf das Kirchenschiff konzentriert. Das Betreten des Altarraums ist die Ausnahme im Fall besonderer Zeremonien, wie hier z.B. der Taufe. Daran ändert auch ein von der Klägerin behauptetes in den letzten 30 Jahren geändertes Kirchenverständnis nichts. (ad)

OLG Oldenburg, Az.: 2 U 83/20, Urteil vom 01.09.2020

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