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21. August 2020
Versicherungen, Vermittler, FinTechs: Gemeinsam gegen die Corona-Krise

Versicherungen, Vermittler, FinTechs: Gemeinsam gegen die Corona-Krise

Mehr denn je zur Überlebensfrage ist für viele Unternehmen in der Coronavirus-Pandemie die Finanzierung geworden. Jenseits der KfW-Schnellkredite können FinTechs eine entscheidende Rolle spielen – nicht zuletzt als Bindeglied zwischen Firmen, Vermittlern und Versicherungswirtschaft.

Von Thorsten Seeger, CEO der October Deutschland GmbH

Jüngst warnte das Münchner ifo-Institut vor einer massiven Insolvenzwelle in den kommenden Monaten. Ebenso wie Creditreform sieht es jedes fünfte Unternehmen in Deutschland in seiner Existenz bedroht. Dienstleistung, Einzelhandel und verarbeitendes Gewerbe seien die besonders gefährdeten Sektoren. Allein der Einzelhandel erwartet 50.000 Insolvenzen in diesem Jahr. Gesellschaftlich hat Deutschland während des Ausbruchs der Pandemie im Frühjahr großen sozialen Zusammenhalt bewiesen. Die wirtschaftliche Rechnung für den Lockdown und dessen Folgen allerdings wird wohl erst gegen Ende des Jahres präsentiert. Die jetzt schon geschlossenen Geschäfte und Gaststätten, die in Schieflage befindlichen großen und kleinen Unternehmen scheinen nur ein milder Vorgeschmack darauf zu sein.

Frankreich ist Deutschland weit voraus

Mit nie vorstellbaren finanziellen Mitteln will sich die Bundesregierung gegen Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste stemmen und hat versprochen, so viele Existenzen zu retten wie nur möglich. Wir erinnern uns: Bundesfinanzminister Olaf Scholz holte die „Bazooka“ raus und versprach einen „Wumms“. Dennoch klemmt es ganz offensichtlich. Mag die Bundesrepublik bei Infektionsschutz und Prävention vorbildlich sein, bei der Unterstützung der Wirtschaft könnten sich die Verantwortlichen trotz großer Versprechen und der Ankündigung gigantischer Hilfspakete einiges in den Nachbarländern abschauen. So ist die Vergabe von KfW-Schnellkrediten gerade an kleine und mittelständische Unternehmen hierzulande bislang im europaweiten Vergleich auf relativ niedrigem Niveau.

Rund 71.000 Kreditanträge über insgesamt gut 50 Mrd. Euro wurden bis Anfang Juli bei der staatlichen Förderbank KfW registriert. 66.000 Anträge mit einem Gesamtvolumen von über 33 Mrd. Euro waren zu diesem Zeitpunkt genehmigt. Dem gegenüber stehen geschätzte 750.000 Unternehmen, die hierzulande Kurzarbeit beantragt hatten. In Frankreich waren bereits im Juni rund eine halbe Million Anträge auf staatliche Unterstützungskredite eingegangen. Vor allem aber war nahezu die dreifache Summe – fast 90 Mrd. Euro – an Unternehmen geflossen.

Die Bundesregierung hat einen unnötigen Engpass geschaffen

Das zeigt: Es mangelt zwar nicht an Geld hierzulande. Obwohl durch die staatliche Garantie die zeitaufwendige Risikoprüfung bei der Kreditvergabe entfällt, kommt es offenbar nicht immer schnell genug dort an, wo es dringend gebraucht wird. Ein Grund dafür ist ein Engpass, den der Staat – ob mutwillig oder leichtfertig sei dahingestellt – geschaffen hat: Die KfW-Kredite dürfen nur über die jeweilige Hausbank beantragt und ausgezahlt werden. Denn nur etablierte Verfahren würden sicherstellen, dass die Mittel schnell bei jenen ankommen, die sie dringend benötigen, so die Argumentation. Das darf getrost bezweifelt werden. Im Gegenzug wächst die Angst bei Unternehmern, Mitarbeitern und Selbstständigen.

FinTechs wie October wurden von dem Kreditvergabeprozess ausgenommen. Die in Frankreich beheimatete Gesellschaft ist in fünf europäischen Ländern aktiv und gilt mittlerweile als größte derartige Finanzierungsplattform für kleine und mittlere Unternehmen in Kontinentaleuropa. In all ihren Märkten ist sie an der staatlichen Vergabe von Notkrediten beteiligt, nur nicht in Deutschland. Dass durch die speziellen Sicherheitsverfahren bei FinTechs die Möglichkeit zum Betrug bei den KfW-Krediten minimiert würde, sei in diesem Zusammenhang nur am Rande erwähnt.

Schnelle, schlanke und kostengünstige Prozesse

Mit der Ausklammerung von FinTechs wurde ein gangbarer Weg für eine effektivere Krisenfinanzierung verschlossen. Aufgrund ihres digitalen Geschäftsmodells können gerade technologiebasierte Finanzdienstleister Prozesse schneller, schlanker und kostengünstiger als traditionelle Banken gestalten. FinTechs konzentrieren sich in der Regel auf nur ein einziges Produkt und versuchen permanent, dieses zu optimieren. Bankhäuser hingegen verfügen über eine breite Palette an Produkten – und vielfach über geschrumpfte Kapazitäten, diese alle in der nötigen Intensität zu betreuen. Ein Beispiel dafür ist die Kreditvergabe an kleine und mittlere Unternehmen, auf die October spezialisiert ist. Auch der Möglichkeit von Kooperationen zwischen Banken und FinTechs verweigert die Förderbank KfW die Zustimmung. In Frankreich ist man da deutlich weiter. Dort ist es Firmen über October möglich, einen Kredit mit staatlicher Garantie binnen fünf Stunden zu erhalten. Derzeit wird an einer – wohlgemerkt betrugssicheren – Lösung in 15 Minuten gearbeitet.

Die Rolle von Versicherungen und Vermittlern

Hier kommt die Versicherungswirtschaft als Partner ins Spiel. In zweierlei Hinsicht: Zum einen speist sich der hauseigene Fonds von October, aus dem die Kredite ausschließlich vergeben werden, aus Mitteln von großen Investoren wie Family Offices oder namhaften internationalen Versicherungsgesellschaften. Die Assekuranzen haben diese Möglichkeit im Zinstief bei ihrer Suche nach Renditemöglichkeiten entdeckt – und sie hat sich bewährt, um die Returns zu steigern.

Zum anderen arbeitet October eng mit einem Pool an Vermittlern, Kreditmaklern und Kreditversicherungsmaklern zusammen. Sie alle haben erkannt, dass der Weg über ein spezialisiertes FinTech der schnellste und flexibelste ist, wenn ihre Unternehmenskunden liquide Mittel benötigen. Gerade in der Corona-Krise ist das für Firmen eine zusätzliche Chance auf Hilfe. Und eine Möglichkeit, sich über die staatliche Unterstützung, die je nach Größe des Kreditnehmers meist auf 500.000 oder 800.000 Euro beschränkt ist, hinaus zu finanzieren.

Am Ende stehen solvente Kunden

Das Besondere an der Rolle der Vermittler ist, dass sie nah am Kunden sind wie sonst kaum jemand. Sie wissen um die Besonderheiten und individuellen Bedürfnisse eines Unternehmens, um die Perspektiven und Möglichkeiten gerade auch nach der Krise. Sie wissen, ob ein KfW-Schnellkredit ausreicht oder überhaupt Sinn macht. Und schließlich: Wer in der Krise die Möglichkeit hat, über den Tellerrand hinaus zu blicken und mittel- oder langfristige Chancen erkennt, in die er investieren möchte, benötigt dazu zusätzliche Mittel.

Zudem genießen die Versicherungsvermittler das wichtigste Gut im Finanzwesen überhaupt: das Vertrauen ihrer Kunden. Wenn dazu auch noch das Vertrauen in den digitalen Kredit­vermittler kommt, stehen am Ende schnelle, flexible Lösungen und solvente Unternehmen. Also genau das, was alle – inklusive der Bundesregierung – wollen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.

Bild: © yingyaipumi - stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Thorsten Seeger