Mit einem aktuellen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) gleich mehrere Fragen rund um den Ausgleich von Versorgungsanrechten für den Fall geklärt, dass über das Vermögen des Ehepartners ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Für die Entscheidung des BGH war maßgeblich, ob der Insolvenzverwalter nach Kenntnisnahme des Versorgungsausgleichs Rechtsmittel eingelegt hat.
Schuldner erhält Scheidungsantrag seiner Frau
Im konkreten Fall ging es um die Versorgungsansprüche eines Mannes und seiner damaligen Ehefrau. Über das Vermögen des Ehemannes war im Januar 2010 ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Zusammenhang mit der Eröffnung des Verfahrens, hatte der Insolvenzverwalter unter anderem auch die private Rentenversicherung des Schuldners gekündigt und den Versicherer zur Auszahlung des Guthabens aufgefordert. Noch bevor das Guthaben ausgezahlt war, wurde dem Schuldner im August 2010 der Scheidungsantrag seiner Ehefrau zugestellt.
Familiengericht regelt Scheidung und Versorgungsausgleich
Im Zuge des Scheidungsverfahrens, informierte der Rentenversicherer das Familiengericht über den Grund und die Höhe der Versorgungsanrechte. Auch über das eröffnete Insolvenzverfahren und die Kündigung des Versicherungsvertrags wurde das Gericht informiert. Im Juli 2011 schied das Familiengericht die Ehe und regelte dabei auch den Versorgungsausgleich. Das Gericht wies eine interne Teilung an und sprach der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von knapp 32.300 Euro zu. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel eingelegt. Der Insolvenzverwalter war jedoch am Verfahren vor dem Familiengericht auch nicht beteiligt.
Insolvenzverwalter fordert Rentenversicherer zur Zahlung auf
Der Rentenversicherer setzte die Entscheidung des Gerichts um, entnahm den Ausgleichsbetrag und schlug ihn der Ehefrau des Versicherten zu. Der Vertragswert des Ehemannes wurde dementsprechend reduziert. Im April 2012 forderte der Insolvenzverwalter den Versicherer schließlich auf, die Ansprüche aus der Rentenversicherung des Schuldners in die Insolvenzmasse zu überführen. Der Versicherer kam dem nach und zahlte ungefähr 37.440 Euro an den Verwalter. Das war der Betrag, der nach dem vollzogenen Versorgungsausgleich übrig geblieben war.
Insolvenzverwalter erhält erst 2014 Kenntnis
Nun erst wurde der Insolvenzverwalter auf den fehlenden Betrag aufmerksam, der an die Ehefrau des Schuldners geflossen war. Der Verwalter klagte daraufhin gegen den Rentenversicherer und verlangte die 32.300 Euro nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten zurück. Über den konkreten Verbleib des Geldes erlangte der Insolvenzverwalter jedoch erst im April 2014 Kenntnis.
Prozessverlauf
Seine Klage gegen den Versicherer hatte weder im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf noch im Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf Erfolg. Und auch vor dem BGH sah es für den Verwalter nicht besser aus.
Fehlerhafte Entscheidung erlangt ohne Beschwerde Rechtskraft
Die Bundesrichter kommen in ihrer Urteilsbegründung zu dem Schluss, dass die Versorgungsausgleichsentscheidung durch das Familiengericht rechtskräftig geworden ist. Die interne Teilung hätte zwar eigentlich nicht vollzogen werden dürfen, da die privaten Rentenansprüche zur Insolvenzmasse gehört hätten. Jedoch erwachse auch aus einer rechtsfehlerhaften Entscheidung Rechtskraft, wenn keine Beschwerde gegen sie eingeht. Der Insolvenzverwalter hatte kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Familiengerichts eingelegt. Auf welchen Zeitraum diese Beschwerdemöglichkeit befristet ist, ließ der BGH in seiner Urteilsbegründung offen. Ein Monat, fünf Monate oder ein Jahr seien mögliche Fristen. (tku)
BGH, Urteil vom 10.06.2021 – IX ZR 6/18
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