Versicherungsvermittler sind laut VersVermV verpflichtet, ein Beschwerdemanagement einzurichten. Bisher wurde dies in der Breite noch wenig behandelt. Die Kanzlei Wirth Rechtsanwälte klärt auf und hat einen Vorschlag für die Umsetzung ausgearbeitet. Zunächst werden dabei die Grundlagen erläutert und dann jeweils ein Muster für einen internen Leitfaden und für die Kundeninformation vorgestellt.
I. Erläuterung zur Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Beschwerdemanagementsystems für kleinere Versicherungsvermittlerunternehmen
Versicherungsvermittler sind aufgrund der IDD dazu verpflichtet, über Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung zu verfügen, diese umzusetzen und ihre Einhaltung zu überwachen. Die Einzelheiten hierzu sind im neu gefassten § 17 der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) geregelt, die in der veränderten Fassung am 20.12.2018 in Kraft getreten ist.
Sofern der Gewerbetreibende Beschäftigte mit der Beschwerdebearbeitung betraut, hat er diesen Personen die Leitlinien schriftlich zugänglich zu machen. Da im Verordnungstext nicht der Begriff „Schriftform“ gebraucht wird, sondern nur von „schriftlich“ die Rede ist, müssen die Leitlinien nicht zwingend in Papierform vorliegen. Es ist namentlich auch zulässig, die verschriftlichten Leitlinien digital zu speichern.
Eine Beschwerdemanagementfunktion als gesonderte Institution ist nur von größeren Betrieben einzurichten. Unter einer Beschwerdemanagementfunktion ist eine Person oder eine Gruppe von Personen zu verstehen, der die Aufgabe zugewiesen ist, eingehende Beschwerden zu untersuchen und dabei mögliche Interessenkonflikte festzustellen und zu vermeiden. Eine feste Betriebsgröße, ab der der Umfang des Gewerbebetriebs eine solche Einrichtung erfordert, hat der Gesetzgeber nicht vorgegeben. Zumindest Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern dürfte eine Verpflichtung zur Einrichtung einer Beschwerdemanagementfunktion nicht treffen.
Eingehende Beschwerden sind vom Vermittler zu registrieren. Der zuständigen Industrie- und Handelskammer ist jederzeit Einsicht in dieses Register zu gestatten. Eine konkrete Form, die das Register haben muss, ist nicht vorgeschrieben. Denkbar wäre, eine Art Registrierbuch zu verwenden oder die Beschwerden digital in einer Excel-Tabelle zu erfassen, versehen mit einer laufenden Nummer, dem Datum des Beschwerdeeingangs, dem Namen des Beschwerdeführers und einer knappen, stichwortartigen Angabe des Beschwerdegrunds.
Der Gewerbetreibende hat Angaben über das Verfahren zur Beschwerdebearbeitung einschließlich der Angabe, wie eine Beschwerde einzureichen ist, in geeigneter Weise zu veröffentlichen. Da die meisten Vermittler heute über eine eigene Website verfügen, bietet es sich an, diese Informationen dort auf einer verlinkten Unterseite zu veröffentlichen, wie dies beispielsweise schon mit den Impressumsangaben oder den Datenschutzhinweisen geschieht.
Nachfolgend wird ein Vorschlag unterbreitet, wie die Leitlinien und die zu veröffentlichenden Angaben bei kleineren Vermittlerbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern ausgestaltet werden könnten. Der hier unterbreitete Vorschlag ist naturgemäß allgemein gehalten und berücksichtigt nur die gesetzlichen Mindestvorgaben. Bei den Stellen mit den Auslassungszeichen sind konkretisierende Angaben erforderlich. Der hier gemachte Vorschlag kann selbstverständlich weitergehend an die individuellen Verhältnisse angepasst werden.
II. Vorschlag für interne Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung
Leitlinien zur Beschwerdebearbeitung
Mit der Bearbeitung von Beschwerden ist [Frau/Herr ...] betraut.
Kundenbeschwerden sind nach Maßgabe der folgenden Leitlinien zu bearbeiten:
1. Jede eingehende Beschwerde wird im [... konkrete Beschreibung des hierfür vorgesehenen Registers] registriert. Der zuständigen Industrie- und Handelskammer wird jederzeit gestattet, Einsicht in dieses Register zu nehmen und die Daten zur Beschwerdebearbeitung fortlaufend zu untersuchen und zu bewerten.
2. Der Eingang einer Beschwerde ist dem Beschwerdeführer unverzüglich zu bestätigen. Gleichzeitig ist der Beschwerdeführer über den Gang des Verfahrens zur Beschwerdebearbeitung zu unterrichten. Dabei ist ihm auch die voraussichtliche Dauer der Bearbeitungszeit mitzuteilen.
Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass er auch die Möglichkeit hat, eine Beschwerde bei der in der Kundenerstinformation genannten Schlichtungsstelle einzulegen. Dem Beschwerdeführer sind die Adresse, die Fax- und die Telefonnummer der Schlichtungsstelle mitzuteilen.
3. Sollte die Beschwerde einen Gegenstand betreffen, für den unser Unternehmen nicht zuständig ist, ist der Beschwerdeführer hierüber unter Erläuterung der Gründe umgehend zu unterrichten. Soweit möglich, ist dem Beschwerdeführer die zuständige Stelle bekanntzugeben. Zuständig ist unser Unternehmen für alle Beschwerden, die unsere gesamte Vermittlungstätigkeit betreffen, einschließlich der Beratung vor und nach Versicherungsvertragsschluss sowie das Mitwirken bei Verwaltung und Erfüllung von Versicherungsverträgen, auch im Schadenfall.
4. Die Beschwerde ist umfassend zu prüfen und in klarer, verständlicher Sprache zu beantworten.
5. Die Beschwerde ist grundsätzlich unverzüglich zu beantworten. Sollte eine unverzügliche Antwort nicht möglich sein, ist der Beschwerdeführer über die Gründe für die Verzögerung und darüber, wann die Prüfung voraussichtlich abgeschlossen sein wird, zu unterrichten.
III. Muster für zu veröffentlichende Angaben über das Verfahren zur Beschwerdebearbeitung
Informationen zum Umgang mit Beschwerden
Sehr verehrter Kunde,
Ihre Zufriedenheit hat für uns höchste Priorität. Falls Sie dennoch einmal nicht mit unserer Tätigkeit zufrieden sein sollten, haben Sie die Möglichkeit, eine Beschwerde bei uns einzureichen.
Die Beschwerde kann schriftlich per Brief, per Fax oder per E-Mail eingereicht werden. Sie können dazu die im Impressum unserer Internetseite angegebenen Adress- und Kontaktdaten verwenden.
Erhalten wir von Ihnen eine Beschwerde, bestätigen wir Ihnen unverzüglich deren Eingang und unterrichten Sie über das Verfahren der Beschwerdebearbeitung sowie die ungefähre Bearbeitungszeit. Sollten wir feststellen, dass Ihre Beschwerde einen Gegenstand betrifft, für den wir nicht zuständig sind, informieren wir Sie umgehend hierüber und teilen Ihnen, soweit uns dies möglich ist, die zuständige Stelle mit.
Wir werden Ihre Beschwerde umfassend prüfen und uns bemühen, diese schnellstmöglich zu beantworten. Sollte dies einmal nicht möglich sein, unterrichten wir Sie über die Gründe der Verzögerung und darüber, wann die Prüfung voraussichtlich abgeschlossen sein wird.
Auf Wunsch erteilen wir Ihnen alle Benachrichtigungen und Informationen schriftlich.
Sofern wir Ihrem Anliegen nicht oder nicht vollständig nachkommen können, erläutern wir Ihnen die Gründe hierfür und weisen Sie auf etwaig bestehende Möglichkeiten hin, wie Sie Ihr Anliegen weiter verfolgen können.
Hier gibt es den gesamten Vorschlag der Kanzlei noch einmal als pdf zum Download
Bild: © MH – stock.adobe.com
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