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17. Juni 2019
Viridium: „Vermittler sind und bleiben für uns enorm wichtige Partner“

Viridium: „Vermittler sind und bleiben für uns enorm wichtige Partner“

Die Viridium Gruppe hat den Kauf der Generali-Lebensversicherungsverträge vollzogen. Der Run-Off-Spezialist kann die emotionale Dimension des Themas verstehen, will aber mit Mythen aufräumen. AssCompact-Interview mit Markus Eschbach, COO und Mitglied der Vorstände der Viridium Gruppe.

Herr Eschbach, können Sie – zumindest – die emotionale Reaktion auf das Thema Run-Off verstehen?

Externes Bestandsmanagement ist ein Beitrag, die private Altersvorsorge von Millionen Menschen langfristig sicher und attraktiv zu halten. Es ist vollkommen natürlich, dass bei einem Thema von so existenzieller Bedeutung auch Emotionen im Spiel sind.

Sie glauben aber nicht, dass Run-Offs der privaten Altersvorsorge per Lebensversicherung einen Bärendienst erweisen?

Der öffentliche Diskurs war einige Zeit von einem Mangel an Fakten und mancherorts auch von Opportunismus geprägt. Das war gewiss nicht hilfreich. Inzwischen ist das Gros der Beiträge konstruktiv, ausgewogen und sachlich. Dazu hat sicher beigetragen, dass wir in den vergangenen zwei Jahren auf allen Ebenen sehr viel kommuniziert haben. Natürlich wurde das Geschäftsmodell vor dem Hintergrund der Generali-Leben-Transaktion von allen berufenen Akteuren – Gesetzgeber, Regulator, Verbraucherschutzorganisationen – intensiv beleuchtet. Ganz aktuell von der Stiftung Warentest. Mit den Beurteilungen sind wir absolut einverstanden.

Mit dem erwähnten Erwerb der Generali Leben haben Sie den mit Abstand größten Deal abgeschlossen. Wie schwierig war es, von der BaFin grünes Licht zu erhalten?

Die BaFin hat nach eigener Aussage sozusagen jeden Stein umgedreht. Angesichts der Tragweite und Verantwortung, über die wir hier reden, ist das auch vollkommen angemessen. Insofern ist es auch in unserem Interesse, dass jede erdenkliche Frage gestellt und zur maximalen Zufriedenheit beantwortet wird.

Was passiert nach einer solchen BaFin-Genehmigung?

Liegt der entsprechende Bescheid der BaFin vor, wird der Eigentümerwechsel zeitnah vollzogen. Im Falle des Erwerbs der Generali Leben lagen knapp vier Wochen dazwischen. Das hatte schlicht damit zu tun, dass eine Menge Formalia in die Wege geleitet werden mussten. Diese Dinge kann man nicht beliebig beschleunigen. Davon losgelöst geht es vom Tag eins an um zwei Dinge: volle Konzentration auf die technische, organisatorische und kulturelle Integration und Gewährleistung der uneingeschränkten operativen Stabilität.

Wie erfolgt die Kommunikation in Richtung Kunden und Vermittler, insbesondere Makler, wenn deren Verträge betroffen sind?

Ein Schubladenpaket in Sachen Kommunikation gibt es nicht. Denn die Rahmenbedingungen sind von Bestand zu Bestand unterschiedlich. Zum Beispiel mit Blick auf die Zahl an Vertriebspartnern und die von ihnen bevorzugten Informationskanäle und -gewohnheiten. Hier bespricht man im Vorfeld mit den Verantwortlichen, was sie benötigen. Es geht nicht darum, was wir für richtig halten, sondern was die Vermittler für angemessen halten. Und das variiert.

In Richtung Kunden gilt es abzuwägen, wann der richtige Zeitpunkt ist, sie direkt zu kontaktieren. Hierbei spielen auch die vertraglichen Informationspflichten eine Rolle. Im Fall der Generali Leben, der über einen langen Zeitraum eine hohe mediale Präsenz hatte, haben wir entschieden, die Kunden zeitnah wegen der transaktionsbedingt notwendigen Umbenennung im Herbst dieses Jahres schriftlich zu kontaktieren. Dass abgebende und erwerbende Gesellschaft zum Closing umfassende Informationsangebote im Internet bereithalten, versteht sich.

Schnellen Stornoquoten – oder auch Policenverkäufe – nach einer Übernahme in die Höhe?

Diese Annahme ist einer der Mythen, die sich um unser Geschäftsmodell ranken. Das Gegenteil ist der Fall. Bei keinem Erwerb, den wir als Viridium durchgeführt haben, konnten wir auffällige Bestandsbewegungen beobachten. Weder im unmittelbaren zeitlichen Kontext des Eigentümerwechsels noch in der Folge. Vielmehr sind die Stornoquoten bei Heidelberger Leben, Skandia und Entis kontinuierlich gesunken, auf historische Tiefststände. Per Ende 2018 lag die Stornoquote Viridium-weit bei 3,1%.

Bestandsmanager könnten effektiver arbeiten, ist das Argument für eine Übernahme. Wie entstehen diese Effizienzvorteile?

Indem wir sämtliche Ressourcen allein dem Bestand widmen, Technologie an Marktstandards ausrichten und Prozesse konsequent daraufhin abklopfen, ob sie im Sinne der Versicherten einen wirklichen Nutzen stiften. In diesen Punkten sind wir sehr konsequent. Hinzu kommt eine umsichtige Kapitalanlage, die die Größenvorteile der Gruppe mit inzwischen rund 60 Mrd. Euro Assets under Management nutzt.

Der Aufbau einer solchen IT-Struktur kostet aber Geld. Es ist sicherlich auch einiges an Vorbereitung zu leisten, bevor so große Bestände wie beim Generali-Deal in Ihr Haus kommen. Wie gelingt dies aufseiten finanzieller, technischer und personeller Ressourcen?

Wir haben mittlerweile einen hohen zweistelligen Millionenbetrag investiert – vordringlich in IT und Bestandsführungssysteme. Viridium hat heute eine Systemlandschaft, die operativ ist und auf die Voll- und Teilbestände erfolgreich migriert wurden. Wir haben dabei eine Menge Erfahrungen gesammelt – manchmal auch schmerzhafte. Sie versetzen uns in die Lage, die mit dem Generali-Leben-Bestand einhergehenden Herausforderungen realistisch einzuschätzen und sorgfältig zu planen. Das war einer der Aspekte, die sich die BaFin genau angesehen hat.

Sehen Sie neben den schon genannten Aspekten weitere positive Aspekte aus Sicht der Kunden?

Jeder Vertrag wird über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbarungsgemäß fortgeführt. Das beinhaltet zum einen, dass die Versicherten alle garantierten Kapital- und Rentenzahlungen erhalten. Zum anderen werden sie auf Basis der gesetzlichen Regelungen weiter an den Überschüssen beteiligt.

Darüber hinaus profitieren die Kollektive vom Viridium Modell des externen Bestandsmanagements, indem die Aufwände für die Verwaltung der Verträge von uns langfristig fixiert werden – zu Konditionen, die unterhalb der bisherigen Aufwandsniveaus liegen. So sind die Kunden zum einen vor dem zwangsläufigen Fixkostenanstieg eines schrumpfenden Bestands und vor Modernisierungsinvestitionen geschützt. Zum anderen führt die dauerhafte Kostensenkung – nach Maßgabe der Mindestzuführungsverordnung – bei entsprechender wirtschaftlicher Entwicklung der jeweiligen Gesellschaft zu Vorteilen bei der Zuführung zur RfB und damit auch bei der Überschussbeteiligung.

Sehen wir auf den Versicherungsmakler: Inwieweit bleibt er eingebunden? Wie erfolgen Betreuung und Vergütung?

Uns ist vollkommen klar, dass die Makler den Wechsel eines Bestands sehr genau verfolgen. Sie haben die Verträge vermittelt, stehen gegenüber den Kunden im Wort und haben Rechte auf Provisionsvergütungen erworben. Der Anspruch auf die vereinbarten Provisionsarten bleibt unberührt. Niedrige Stornoziffern sind für uns ein Schlüsselindikator, wie wir unseren Job machen – die Vermittler sind und bleiben deshalb für uns enorm wichtige Partner, das ist sonnenklar.

Gesellschafter der Viridium Gruppe sind Cinven, Hannover Rück und nun auch die Generali. Wie sehen das Engagement und die Absichten der Beteiligungsfirma und des Rückversicherers aus?

Unsere Gesellschafter sind mit unserer Entwicklung sehr zufrieden. Ihnen ist bewusst, dass man ein Modell wie das unsrige langfristig begleiten muss. Die mit dem Generali-Einstieg begründete Partnerschaft unterstreicht das.

Wohin wird sich der Run-Off-Markt entwickeln? Sind bereits weitere Übernahmen im Gespräch?

Wir haben immer gesagt, dass unser Modell eine Option ist. Für welches und wie viele Unternehmen sie letztendlich infrage kommt, hängt von einer Menge Faktoren ab. Die Generali-Leben-Transaktion dürfte aber sicher nicht der letzte Deal gewesen sein.

Bild: © everythingpossible – stock.adobe.com

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 06/2019, Seite 32 f. und in unserem ePaper.

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