AssCompact suche
Home
Management & Wissen
24. Juni 2021
Von Versicherern, MVP-Herstellern und den Leiden des Maklers

Von Versicherern, MVP-Herstellern und den Leiden des Maklers

Während Makler Änderungen von Anschriften per Fax oder Mail übermitteln, schwärmen digitale Lautsprecher der Branche von der Künstlichen Intelligenz. Ein Erfahrungsbericht und kurzer Appell für langweilige, aber zwingend erforderliche Grundlagen in den Maklerprozessen.

Von Henning Plagemann, deutsche-versicherungsboerse.de

Millionen von Euro geben die Versicherungsgesellschaften seit einigen Jahren dafür aus, ihre IT-Systeme zu erneuern. Ziel ist die Automatisierung von Prozessen, auch im Vertrieb. Eine gute Idee, die aber nur aufgeht, wenn alle Beteiligten moderne Systeme nutzen, also auch und insbesondere der Makler. Dieser kann zwar Standardsysteme für die Verwaltung einkaufen, aber ein hoher Aufwand zur administrativen Einrichtung und laufenden Datenpflege ist und bleibt unausweichlich. Die Rückfragen der Makler zeigen deutlich, dass zumindest Unterstützungsbedarf für die Einführung digitaler Arbeitsprozesse besteht. Ein Henne-Ei-Problem.

Rein in die Praxis

„Müssen wir angehen“, sagte Sascha Beck als Leiter der Makler-Vertriebsunterstützung der Concordia Versicherungen und legte im August 2020 das „Fitnessprogramm Digitales Maklerbüro“ auf. Mit Präsenzworkshops zur Kunden- und Vertragsverwaltung, zu Beratungsprozessen und zu TAA-Prozessen ging es rund um die Digitalisierung – und zwar trotz des Corona-Problems persönlich und gemeinsam vor Ort. Es waren Experten von Smart InsurTech (SmIT) eingebunden, die an einem konkreten System die Möglichkeiten der Maklerdigitalisierung vorstellten.

„BiPRO, GDV-Daten – das ist ja alles hochinteressant, aber wie kann ich das jetzt konkret in meinem System abbilden?“ fragten die Makler im Anschluss. Also musste ein weiterer Angang her, dieses Mal online und auf das System SMART ADMIN (ehemals FinanzOffice) fokussiert. Makler als Nutzer dieses Systems wurden eingeladen und während zwei Onlineseminaren sehr intensiv auf Systemebene geschult. Warum dieses MVP-System? Ein Intensiv-Workshop muss sich zwangsläufig auf ein System beschränken und die Concordia arbeitet eng mit SmIT zusammen, da lag die Entscheidung nahe. Es gibt noch andere Systeme (dazu gibt es sogar Marktuntersuchungen) und auch weitere Maklerversicherer, möge sich die Pluralität des Marktes entfalten!

Von Versicherern, MVP-Herstellern und den Leiden des Maklers

„Lernen durch Erlernen, selbst aktiv werden“ fasst Amit Singh als Schulungsverantwortlicher der Concordia die Workshops methodisch zusammen. Er moderierte mehrere Gruppen parallel, die in Microsoft-Teams unter der fachlichen Anleitung der Expertin Susanne Jakobs von SmIT und ihren Kollegen verschiedene Aufgaben lösen mussten: Wie können wiederkehrende Verwaltungsarbeiten automatisiert werden? Was kommt per BiPRO rein, was sind die Tücken des GDV-Imports, was gibt es für Alternativen dazu? Wie werden Prozesse abgebildet, welche Erfahrungen haben die Maklerkollegen damit in der Praxis gemacht?

Wie geht es im Maklerbüro weiter?

Am Ende der Workshop-Serie sind zwei Dutzend Makler deutlich schlauer und hoffentlich auch prozessual automatisierter als vorher. Und damit könnte dieser Erfahrungsbericht enden, wenn der Vollständigkeit halber nicht noch einige Erkenntnisse zum aktuellen Stand der Makler und ihrer IT genannt werden müssen:

Die Vermittlerpost der Concordia und anderer Versicherer kommt bei vielen Maklern bereits digital ins Haus, BiPRO ist bekannt und wird aktiv genutzt. Aber es fehlt an automatisierten Prozessen für die Weiterverarbeitung. Viele MVP-Systeme bieten die Möglichkeit, solche Prozesse einzurichten und auf den eigenen Betrieb anzupassen, aber die Mehrheit der Makler nutzt diese Funktionen nicht. Heute lässt sich dieser manuelle Aufwand noch kompensieren, auf Dauer ist das keine Alternative. Ein Drittel der befragten Makler sagten in der letzten Umfrage der deutschen-versicherungsboerse.de, dass ihnen die prozessualen Möglichkeiten des eigenen MVP-Systems nicht bekannt seien. Das ist nicht akzeptabel, die Makler müssen das Thema jetzt mal angehen.

Wie geht das? Die Abbildung von Weiterverarbeitungsregeln überfordert viele Anwender. Makler sind Versicherungs- und Vertriebsexperten, nicht jeder hat IT-Automatisierung zu seinem Hobby gemacht. Es fehlt an technischem Know-how und hier brauchen die Makler Unterstützung. Die Concordia ist da konsequent und gutes Vorbild in der Branche: Nach Investition in die Technik werden jetzt Maklerbetreuer zu „Digitalen Coaches“ fortgebildet und mithilfe von diesen Intensiv-Workshops das Know-how an die Makler vermittelt. Ein Teilnehmer fasste die Erfahrungen zusammen: „So eine Workshop-Serie hätte mir bereits sehr viel Zeit und Aufwand erspart!“

Notwendige Kommunikation zwischen den Beteiligten

Die Maklerprozesse in unserer Branche sind noch nicht perfekt. Es gibt falsche Kategorisierungen von Dokumenten und Prozessen. Das muss dem Versicherer gemeldet werden, damit er das korrigieren kann. Der Makler muss das in seinem Prozess berücksichtigen und der MVP-Hersteller eine technische Hilfestellung im System bereitstellen. Aber dazu müssen alle Prozessbeteiligten in den Erfahrungsaustausch treten, das ersetzt keine BiPRO-Norm. Deswegen ist der konsequente Angang dieses Themas durch die Concordia so bemerkenswert. Der nächste Workshop ist bereits in Planung: Ein Erfahrungsaustausch unter Maklerpraktikern zur Daten- und Dokumentübernahme als Vorbereitung einer MVP-Migration. (ad)

Bild im Text: Amit Singh (Concordia), Susanne Jakobs (Smart InsurTech) sowie viele Maklerkollegen, © dvb; Artikelbild © sitthiphong – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Harry Fuchs (218449) am 25. Juni 2021 - 13:43

Da kann der Makler noch so gut aufgestellt sein, wie er will. Kaum ein Versicherer bietet die Möglichkeit, nur halbwegs automatisch eine Kontoverbindung oder Adresse zu ändern. Nicht mal Dokumente kann man auf den Versichererportalen zu einem Vertrag ablegen. Gesellschaften, wie z. B. HK oder Auxilia sind da schon eine Ausnahme, obwohl auch da eine automatisierte Ablage über z. B. Versicherungsnummer nicht möglich ist. Die Marktführer sind da sogar grottenschlecht. Keine einheitliche Regelung z. B. über den GDV möglich. Jeder macht sein Ding und der Makler soll's dann richten. Anstatt mal einen Makler zu fragen, werden die IT'ler (Praxisidioten, sorry für die lebensnahe Bezeichnung) bemüht, von denen noch keiner hunderte von Vorgängen am Tag abzuwickeln hatte. Aber dann halt weiterhin Adressänderungen per Mail/pdf. Soll doch der Innendienst den Vorgang händisch irgendwann mal erledigen. Eines ist aber sicher, es liegt nicht (nur) an den Maklern, dass es hier nicht weiter geht.
mfg
Harry Fuchs