Ein Artikel von Olaf Czinna, Dipl.-Bankbetriebswirt (BA) und Prokurist der SEB Steuerberatungsgesellschaft mbH
Beim Stöbern in der Finanzfachpresse und in den einschlägigen Branchendiensten für Vermittler und Finanzberater ploppt ein Thema regelmäßig auf: Wie und vor allem für wie viel können Makler ihren Bestand, ihr Unternehmen verkaufen? Umtriebige Marktteilnehmer haben daraus längst ein Geschäftsmodell gemacht und bieten Versicherungsmaklern ihre Dienste bei der Bewertung und bei der Suche nach potenziellen Käufern an. Pools entwickeln seit geraumer Zeit Modelle für eine Maklerrente, um für ausscheidende Kooperationspartner eine Altersvorsorge aus den vorhandenen Beständen zu generieren und diese Bestände im eigenen Haus zu behalten. Regelmäßig tauchen in den Medien zudem Nachrichten auf, dass renommierte Maklerhäuser von anderen übernommen worden sind. Dabei mischen auch die Akteure aus der Private-Equity-Szene mit, die Maklerunternehmen in der jüngeren Vergangenheit als ein interessantes Geschäftsfeld entdeckt haben. Der Konsolidierungsprozess ist also in vollem Gange und er gewinnt zunehmend an Fahrt.
Gute Vorbereitung nimmt mehrere Jahre in Anspruch
Das hat einen guten Grund: Die Gesellschaft altert und die Makler mit ihr. Das Durchschnittsalter der Vermittler beträgt nach Erhebungen des AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e. V. (AfW) 53,7 Jahre. Der Mittelwert klingt beim ersten Hinhören nicht unbedingt dramatisch. Aber die gesamte Bevölkerung hat ein Durchschnittsalter von 44,6 Jahren und die Verteilung der Altersgruppen unter den Vermittlern ist klar rechtsschief, sprich, die stark besetzten Segmente sind ab Mitte 50 und älter zu finden. Viele Geschäftsinhaber sind dem Rentenalter nahe, manche sogar schon ein Stück drüber. Daher sollten sich in den nächsten Jahren immer mehr Makler eine Strategie zurechtlegen, wie es mit ihrem Unternehmen weitergeht, wenn sie sich aufs Altenteil zurückziehen.
Viele von ihnen machen bei diesen Überlegungen gleich am Anfang einen schwerwiegenden Fehler: Sie fangen damit zu spät an. Eine gut vorbereitete Unternehmensübergabe nimmt erfahrungsgemäß etwa fünf Jahre in Anspruch. Aber selbst jene, die noch mit mehr als fünf Jahren aktivem Geschäftsleben planen, sollten sich über eine Kardinalfrage Gedanken machen: Wie trimme ich mein Unternehmen auf mehr Effizienz und Umsatzstärke? Das schafft einerseits Argumente für einen ordentlichen Preis, wenn es später verkauft werden soll, bringt aber andererseits auch dem ursprünglichen Eigentümer mehr Ergebnis in den Jahren vor einem möglichen Eigentümerwechsel. Daher sollte sich jeder Makler diese Frage stellen.
Die Antwortsuche beginnt mit einer gründlichen Analyse der persönlichen Situation, der betrieblichen Situation und der Übergabeziele. Allein die individuellen Umstände des Inhabers und seiner Familie führen zu ganz unterschiedlichen Strategien für die letzte Phase des Unternehmens.
Szenario 1:
Ein alter Fahrensmann hat von der Versicherungswelt genug gesehen. Seine Altersvorsorge ist solide. Er hat sich beizeiten Gedanken darum gemacht und genügend Alterskapital angelegt. Die zunehmende Regulierung seiner Arbeit durch immer neue Gesetze und Verordnungen dämpfen seine Lust am Job. In der Familie gibt es keinen potenziellen Nachfolger. Er entscheidet sich daher, sein Geschäft einfach allmählich auslaufen zu lassen. Schreibt keine neuen Verträge mehr, sondern betreut nur noch eine Zeit lang die Bestände.
Szenario 2:
Die Tochter des Inhabers hat Betriebswirtschaft studiert, arbeitet derzeit für einen großen Konzern, ist da aber nicht so recht glücklich. Ein Gespräch zeigt, dass sie Interesse an einer Selbstständigkeit hat. Eine Übergabe im Rahmen der Familie ist demnach gut möglich. Dann geht es nicht darum, den Kaufpreis möglichst auszureizen. Stattdessen sollte ein gleitender Übergang der Verantwortung beizeiten in Gang gesetzt werden. Voraussetzung dafür: Der bisherige Inhaber muss auch loslassen und vertrauen können.
Szenario 3:
Ein Familienfremder zeigt Interesse am Unternehmen. Das kann ein Berufseinsteiger sein, der nicht bei null beginnen möchte, oder ein Wettbewerber, der nicht nur organisch wachsen will. In diesem Fall ist es legitim, einen möglichst guten Preis beim Verkauf anzustreben. Dieses Ziel lässt sich aber nur mit einigen grundlegenden Vorarbeiten erreichen, vor allem was die Qualität der Daten für das Unternehmen betrifft.
Daher schließt sich nun die Analyse der betrieblichen Situation an. Nicht die rechtliche und steuerliche Gestaltung nimmt bei einer Unternehmensübergabe den größten Raum ein, sondern die Aufbereitung detaillierter Daten für die Einschätzung des Wertes. Für die Katze im Sack gibt es nur einen Preis mit sattem Abschlag, für ein erfolgreiches Rennpferd zahlen Interessenten dagegen ordentlich. Aber dessen Stammbaum und Pokale müssen sauber dokumentiert sein.
Höhe der Courtagen ist für Bewertung zentral
Den Wert eines Maklerunternehmens machen die Kundenbestände aus. Das ist das eigentliche Asset, das zum Verkauf steht. Häufig liest oder hört man dann von vorgeblichen Experten, dass es für sie ein Leichtes sei, mit dem Ertragswertverfahren oder der Multiplikatorenmethode eine Bewertung vorzunehmen. Doch einfach nur die Gewinne der letzten drei Jahre anzuschauen oder Courtagen mit ein paar Faktoren zu multiplizieren, das genügt für eine gründliche Analyse nicht. Da ist ein tieferer Blick in die Bestände und Unternehmensverhältnisse erforderlich.
Das beginnt schon mit der Frage, wo die Bestände des Maklers liegen. Hat er überwiegend Einzelanbindungen an Gesellschaften oder ist er Partner eines Maklerpools, wo all seine Bestände konsolidiert sind. Früher sah es vielleicht der ein oder andere Makler noch als Ritterschlag an, wenn ihn ein Versicherer direkt angebunden hat. Aber schon allein aus Effizienzgründen während des Betriebs und auch beim Verkauf ist eine Partnerschaft mit einem Maklerpool klar von Vorteil. Anderenfalls stehen Gespräche und Verhandlungen mit jeder einzelnen Gesellschaft an, wenn Bestände den Besitzer wechseln sollen. Liegen alle Bestände bei einem Maklerpool, ist eine Umschlüsselung deutlich schneller und weniger aufwendig. Daher macht es Sinn, vor einem Verkauf die Bestände zu einem Maklerpool zu bringen, falls dies noch nicht der Fall ist.
Zentral für die Bewertung ist natürlich die Höhe der Courtagen. Aber ihre alleinige Summe im Verlauf der letzten Jahre sagt zu wenig aus. Wie setzen sich die Umsätze des Maklers zusammen, wenn man nach Abschluss- und Bestandsprovisionen unterscheidet? Abschlussprovisionen können ausgesprochen volatil sein im Zeitverlauf. Es gibt Phasen, da läuft es im Neugeschäft hervorragend, weil vielleicht auch äußere Umstände wie politische Entscheidungen oder Zinsänderungen den Abschluss beflügelt haben. Abschlussprovisionen müssen aber immer wieder neu durch Leistung verdient werden. Bestandsprovisionen auf der Grundlage von langfristigen Vertragslaufzeiten sind dazu im Vergleich viel wertvoller.
Soft Facts und Co.
Zu diesen beiden harten Fakten kommen noch viele weitere Daten, die einem Käufer Aufschluss über die Werthaltigkeit eines Bestandes bieten, darunter auch eine Reihe von Soft Facts, die nicht in der betriebswirtschaftlichen Auswertung oder in der Steuererklärung stehen. Welche dazu gehören und wie sie zu ermitteln sind, lesen Sie im zweiten Teil in der kommenden AssCompact Ausgabe.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 06/2025 und in unserem ePaper.
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