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12. März 2019
Waidmannsheil – Vom passenden Versicherungsschutz für Jäger

Waidmannsheil – Vom passenden Versicherungsschutz für Jäger

Die Zahl der Jagdscheininhaber in Deutschland steigt stetig. Statistiken zufolge gab es im Jagdjahr 2017/2018 über 384.000 Personen mit Jagdschein. Worauf es beim Versicherungsschutz für Jäger zu achten gilt, erklärt Gernold Lengert, Vorstandsvorsitzender der GVO Versicherung, im Interview.

Herr Lengert, Jäger sind gesetzlich dazu verpflichtet, eine Jagdhaftpflichtversicherung abzuschließen. Gilt dies auch für Personen, die nicht berufsmäßig jagen?

Der Gesetzgeber hat vorgeschrieben, dass man die Jagd nur ausüben darf, wenn man einen ausreichenden Versicherungsschutz hat. Dies gilt für Hobbyjäger wie auch Berufsjäger in Deutschland. Ohne gültige Jagdhaftpflichtversicherung mit den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestdeckungssummen kann kein Jagdschein gelöst werden. Dies soll gewährleisten, dass kein Geschädigter auf seinem Schaden sitzen bleibt. Die gesetzlichen Mindestdeckungssummen sind heutzutage nicht mehr zeitgemäß und erschreckend gering (500.000 Euro für Personenschäden, 50.000 Euro für Sachschäden). Deshalb beinhalten viele Jagdhaftpflichtprodukte mittlerweile die Forderungsausfalldeckung, die den Versicherungsnehmer entschädigt, wenn er durch einen anderen Jäger verletzt wird, der über zu geringen Versicherungsschutz verfügt.

Warum ist eine solche Absicherung denn so wichtig?

Personenschäden können neben den reinen Verletzungsschäden mit Arzt- und Krankenhauskosten auch Invaliditätsansprüche und Hinterbliebenenversorgung nach sich ziehen. Eine falsche oder zu geringe Absicherung bedroht alle Beteiligten, sowohl den Versicherungsnehmer als auch den Anspruchsteller, in ihrer Existenz. Wie alle anderen Haftpflichtversicherungen beinhaltet auch diese Form den wichtigen passiven Rechtsschutz. Unberechtigte Ansprüche werden abgelehnt. Das bedeutet, dass im Interesse der Versichertengemeinschaft und zur Erhaltung der günstigen Tarife Ansprüche abgewehrt werden, die unberechtigt sind. Für Kunden ist das häufig unverständlich, weil man ja Ruhe haben will, im Interesse der Gerechtigkeit und natürlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen jedoch ein unerlässlicher Vorgang.

Wichtig ist, dass der versicherte Jäger und der ihn betreuende Versicherungsvermittler darauf achten, dass im Produkt der Verzicht auf die Einrede des fehlenden Verschuldens eingeschlossen ist. Das bedeutet, dass den schadenverursachenden Jäger möglicherweise gar kein Verschulden trifft. Er hat alles richtig gemacht, aber zum Beispiel ein Abpraller eines Schrotschusses auf einem Stein verletzt in einem eigentlich völlig unbedenklichen Winkel einen anderen Jäger.

Welche Leistungen umfasst eine entsprechende Police in der Regel?

Für Haftpflichtschäden, die der Versicherungsnehmer oder mitversicherte Hunde verursachen, werden Deckungssummen für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgewiesen. Weitere Leistungen sind beispielsweise die vorher genannte Forderungsausfalldeckung oder eine Produkthaftung für in Verkehr gebrachtes Wild und die Entschädigung von Schäden durch Besitz, Betrieb und Unterhaltung von jagdlichen Einrichtungen wie Hochsitzen, Fütterungen und Jagdhütten. Ich empfehle im Übrigen Deckungssummen nicht unter 10 Mio. Euro zu wählen. Die GVO legt Wert auf weitere Einschlüsse in der Jagdhaftpflicht wie etwa die Innovationsklausel, durch die beitragsfreie Bedingungsverbesserungen automatisch auch für bestehende Verträge gelten. Zudem empfehlen wir die Best-Leistungsgarantie, die verspricht, dass Produktinnovationen auf dem Markt automatisch für das GVO-Produkt gelten. Standard sollte heute auch eine integrierte Jagdhunde-Unfallversicherung sein.

Welche Risiken sind über die Jagdhunde-Unfallversicherung abgedeckt?

Die Ausübung der Jagd ist in vielen Bereichen nur mit einem ausgebildeten und geprüften Jagdhund möglich. Bis man seinen Hund so weit hat, dass er alle Prüfungen bestanden hat und seinen Dienst im Zusammenspiel mit dem Jäger erfüllt, vergeht eine lange Zeit. Man muss wissen, dass dieser Begleiter neben der ideellen Beziehung einen großen Wert darstellt. Man überlegt sich als Jäger schon, ob man seinen Hund trotz Straßenverkehr, Drückjagdsituationen oder im Einsatz der Nachsuche auf wehrhaftes Wild einsetzt. Wird der vierbeinige Jagdbegleiter auf der Jagd verletzt, zum Beispiel durch Stacheldraht, wehrhaftes Wild, Kraftfahrzeuge oder Schüsse, werden die Tierarztkosten entschädigt. Sollte der Jagdhund verloren gehen oder getötet werden, wird darüber hinaus eine Todesfallleistung gezahlt.

Gibt es auch kurzfristige Versicherungen, wenn beispielsweise Gäste an einer Jagd teilnehmen wollen?

Es gibt Jäger, die keinen Jahresjagdschein lösen, weil sie nur hin und wieder einer jagdlichen Einladung folgen. Oder sie kommen aus dem Ausland, wo möglicherweise die Jagdhaftpflichtversicherung keine Pflichtversicherung ist. Auch diese Jäger dürfen in Deutschland die Jagd nur mit nachgewiesenem Versicherungsschutz ausüben. Sonst erhalten Sie keinen Tagesjagdschein. Für diese Fälle erhalten Jäger bei der GVO die Tagesjagdschein-Jagdhaftpflicht, die an 14 aufeinanderfolgenden Tagen gilt.

Welcher Versicherungsschutz empfiehlt sich darüber hinaus für Jäger?

Wie alle Menschen müssen sich auch Jäger privat absichern, weil gesetzliche Leistungen im Zweifel nicht ausreichen. Zum Beispiel empfehlen wir eine Jägerunfallversicherung. Zur Unterstützung bei Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Jagd kann eine Jägerrechtsschutzversicherung abgeschlossen werden. Für viele Jäger dürfte auch die Jagdwaffen- und Jagdausrüstungsversicherung von Interesse sein: Waffen und Ausrüstung sind dabei gegen verschiedenste Schäden abgesichert. Besonders die Absicherung gegen Diebstahl dürfte von größtem Interesse sein. Die GVO hat speziell für Jäger ein Rundum-Paket entwickelt.

Gilt der Versicherungsschutz eigentlich auch, wenn ein Jäger sein Gewehr verliert oder liegen lässt?

Solch einen Fall wollen wir gar nicht erst heraufbeschwören. Der Gesetzgeber verlangt vom Jäger größte Sorgfaltspflicht im Umgang mit und in der Aufbewahrung von Waffen. Dieses ist bundeseinheitlich im Waffengesetz geregelt und würde unweigerlich einen Verstoß gegen dieses Gesetz nach sich ziehen. Einen Jagdschein darf nur der haben, der als zuverlässig gilt. Die aus anderen Versicherungsbereichen bekannten Risiken „Stehen-, Hängen- oder Liegenlassen“ würden die Zuverlässigkeit eines Jägers infrage stellen. Dabei würde ein Jäger auch weitaus mehr verlieren als seine Waffe: nämlich seine Zuverlässigkeit, ohne die ihm sein Jagdschein entzogen wird. Wurde Ausrüstung hingegen bei fachgerechter Aufbewahrung aus einem Fahrzeug oder Gebäude gestohlen, greift der Versicherungsschutz.

Sie haben auch eine Jagdrechtsschutzversicherung im Portfolio. Welche Streitfälle kommen denn in der Praxis vor und was fällt eher unter die Kategorie „Kurioses“?

Unser Zusammenleben hat sich so entwickelt, dass jeder nur schaut, wie man jemand anderen drankriegt. Auch Jäger werden verklagt, sind juristisch gezwungen, sich zu wehren oder ihre eigenen Ansprüche durchzusetzen. Ganz besonders bei Vorgängen mit Behörden. So ist bei Streitigkeiten mit den Jagdbehörden beispielsweise wegen der Zuverlässigkeit oder bei Verstößen gegen die Kirr- und Fütterungsvorschriften juristische Hilfe erforderlich und ohne Jagdrechtsschutzversicherung möglicherweise ein verlustreiches Unterfangen.

Zur Frage nach kuriosen Schadenfällen fällt mir spontan dieses Beispiel ein: Ein Student fuhr in die Heimat, um mit seinem Vater zu jagen. Er hatte es so eilig, ins heimische Revier zu kommen, dass er sich vor Ort direkt seinen Rucksack griff, die Waffe aus dem Futteral zog und das Futteral im Auto liegen ließ. Dabei fiel ihm nicht auf, dass das Futteral beim Hineinschauen ins Auto so aussah, als ob sich darin noch eine Waffe befände. Ein Jogger bemerkte die scheinbar unachtsam zurückgelassene Waffe und schickte ein Foto von Futteral und Kennzeichen an die Behörde. Auch hier wurde die Zuverlässigkeit infrage gestellt und es drohte der Entzug des Jagdscheins.

Sie legen Wert auf Fachwissen. So kümmert sich in Ihrem Unternehmen eine Diplom-Forstwirtin um den Bereich der Jagdversicherung. Ist dies Standard in der Branche?

Ob das Standard ist, kann ich nicht beantworten, aber unser Unternehmen, die GVO, legt in allen Bereichen Wert darauf, dass wir verstehen, was der Kunde braucht und der Vermittler wünscht. Ob Jagd, Forst, Pferd oder Hund – man muss etwas von den Risiken verstehen, die man absichert. Ich bin stolz auf unsere Spezialisten und im Übrigen ist die Jagd unsere Leidenschaft.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 03/2019 auf Seite 32 f. und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Gernold Lengert