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21. Dezember 2020
Wann Courtagerückforderungen unberechtigt sind

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Wann Courtagerückforderungen unberechtigt sind

LG München gibt der Klage nur teilweise statt

Das Landgericht München II gab der Klage nur hinsichtlich des Restbetrages aus dem Anerkenntnis statt. Im Übrigen wies das Gericht die Klage ab. Eine Kontokorrentabrede habe die Klägerin nicht nachweisen können. Zurecht führte der Beklagte jedoch aus, dass den zur Courtagezusage der Klägerin vorgelegten Unterlagen eine Kontokorrentabrede nicht zu entnehmen sei. Es seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Klägerin binnen einer bestimmten Frist abrechnungspflichtig sein sollte und der Beklagte seinerseits wiederum bestimmte Widerspruchsfristen einzuhalten hatte, nach deren Ablauf Einwendungen ausgeschlossen sein sollten. Den vorgelegten Abrechnungen könne entnommen werden, dass die Abrechnungen in unregelmäßigen Zeiträumen erfolgten, ohne dass ersichtlich wäre, woran die Parteien ihren Abrechnungsbedarf zeitlich orientiert haben und welche Folgen Sie damit verknüpfen wollten. Welche Folgen die widerspruchsfreie Hinnahme der Abrechnung haben sollte, sei aus den vorgelegten Unterlagen ebenfalls nicht ersichtlich. Unabhängig davon sei eine bestehende Kontokorrentabrede jedenfalls durch Beendigung des zugrunde liegenden Geschäftsvertrages, namentlich durch den Widerruf der Courtagezusage, beendet.

Verletzung der Pflichten zur Nachbearbeitung der stornogefährdeten Verträge

Der vertraglichen Rückzahlungsabrede stehe aber die Verletzung der Pflichten zur Nachbearbeitung der stornogefährdeten Verträge entgegen. Zwar sei die Vorschrift des § 87 Abs. 3 HGB nicht unmittelbar anwendbar, da der Beklagte für die Klägerin als Versicherungsmakler tätig war. Ob aber die Vorschrift, die für Versicherungsvertreter gilt (§ 92 Abs. 2 HGB), auf Versicherungsmakler analog anwendbar ist oder eine solche Analogie mangels planwidriger Lücke ausscheidet, könne offenbleiben, da sich im vorliegenden Fall eine Nachbearbeitungs- bzw. Stornogefahrmitteilungspflicht der Klägerin jedenfalls aus § 242 BGB ergebe. Nach Auffassung des Gerichts sei eine solche Fürsorgepflicht jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Versicherungsmakler laufende Courtagevorschüsse für die vermittelten Verträge erhält, er in die Organisationsstruktur des Versicherers eingebunden ist und sowohl einen Organisationszuschuss als auch ein Bestandspflegegeld erhält und der Versicherer ihm zudem regelmäßig Stornogefahrmitteilungen zuleitet. Dies treffe auch auf den Beklagten zu, der deshalb ähnlich schutzwürdig sei wie ein Versicherungsvertreter, sodass ein Vertragsverhältnis durch die Regelungen der Courtagezusage der Klägerin stark dem eines Versicherungsvertreters angenähert sei. Wie ein solcher erhielt der Beklagte während laufender Geschäftsbeziehung unstreitig vorschüssige Vergütung über eine Art Agenturkonto, Bestandspflegegeld und Bestandschutz für bestimmte Kunden. Der Beklagte stand zur Klägerin auf Grundlage der Courtagezusage, die wie ein Rahmenvertrag wirkte, in einer ständigen Geschäftsbeziehung. Die Handhabung des Vertragsverhältnisses zeige, dass auch die Parteien während der Dauer der Gültigkeit der Courtagezusage von einer Nachbearbeitungspflicht ausgingen, zumal der Beklagte unstreitig Stornogefahrmitteilungen der Klägerin erhielt. Auch gegenüber dem Beklagten traf die Klägerin damit eine Fürsorgepflicht wie gegenüber einem Versicherungsvertreter (§ 242 BGB).

Eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen oder Stornogefahrmitteilungen an den Beklagten hat die Klägerin nicht dargetan. Der Beklagte habe den Versand solcher Mitteilungen zulässig mit Nichtwissen bestritten. Vor diesem Hintergrund seien Rückforderungsansprüche nicht durchsetzbar, ohne dass es auf das Vorbringen des Beklagten zu treuwidrigem Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit dem Fortfall von Prämienzahlungshindernis nach Ausbildungs- oder Schwangerschaftsunterbrechung der Versicherung noch ankäme.

Das Landgericht München II hat vorliegend durch die Einbindung des Versicherungsmaklers, die dem eines Versicherungsvertreters angenähert war, eine Fürsorgeverpflichtung und damit die Nachbearbeitung stornogefährdeter Verträge angenommen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Berufung zum Oberlandesgericht München ist eingelegt.

LG Müchen II, Urteil vom 15.10.2020, Az.: 2 0 5357/19

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