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12. November 2020
Warum gerade jetzt auf börsennotierte Infrastruktur setzen?

Warum gerade jetzt auf börsennotierte Infrastruktur setzen?

Zoom-Konferenzen, Skypen mit Freunden und Familie, Filme streamen über Netflix – und das alles in einem angenehm temperierten und beleuchteten Zuhause. Die Corona-Pandemie hat noch deutlicher gemacht, wie wichtig eine gut ausgebaute und funktionierende Infrastruktur ist. Verstärkte Investitionen in diese Lebensadern kommen Besitzern und Betreibern physischer Infrastruktur zugute und damit auch Investoren in diesem Segment, sagt Alex Araujo, Fondsmanager des M&G (Lux) Global Listed Infrastructure Fund.

Nachdem der Crash im Frühjahr überwunden war und die Aktienmärkte sich wieder erholten, begann eine bemerkenswerte Rallye – angeführt vom Technologiesektor. In der Anfangsphase der Krise hatten sich börsen­notierte Infrastrukturunternehmen – mit Ausnahme von Transport- und Energieinfrastruktur – als recht widerstandsfähig erwiesen. Später fielen sie allerdings weitgehend zurück und wurden in einigen Fällen geradezu übersehen. Für Investoren mit einem langfristigen Horizont bot das Szenario einzigartige Möglichkeiten für den Einstieg.

Langfristig resilienter als der Gesamtmarkt

Der wochenlange Stillstand und die gebremste Mobilität trafen den Transportbereich besonders hart. Mittlerweile hat die Reisetätigkeit zwar wieder zugenommen, aber besonders Flughäfen dürften strukturell vor größeren Herausforderungen stehen. Profitiert haben hingegen solche Bereiche, die für das Funktionieren von Gesellschaft und Wirtschaft entscheidende Güter beisteuern. Dazu gehören Krankenhausinfrastruktur und die Bereitstellung wesentlicher Versorgungsdienste wie Wasser und Elektrizität.

Generell neigen börsennotierte Infrastrukturunternehmen dazu, sich von Rückschlägen schneller als der Gesamtmarkt zu erholen. In einer unsicheren Welt wachsen sie zuverlässig und stetig, weil sie einerseits das reibungslose Funktionieren der globalen Wirtschaft ermöglichen und Infrastruktur auf der anderen Seite als Anlageklasse von den großen Trends profitiert – Stichwort „erneuerbare Energien“ oder „digitale Konnektivität“. Dazu kommt die Aussicht auf stärkere öffentliche Investitionen in Infrastruktur im Rahmen der Unter­stützungsprogramme nach der Krise.

Auf der Welle der digitalen Infrastruktur reiten

Die digitale Infrastruktur wird die Welt von morgen prägen: Der Datenverkehr in den unterirdischen Glasfasernetzen steigt stetig. Es werden immer mehr Daten produziert, verbreitet und verarbeitet. Die Krise hat damit einen Trend beschleunigt, der bereits vorher be­gonnen hat. Und je weniger mobil die Menschen durch die aktuellen Einschränkungen sein können, desto stärker sind sie von digitaler Unterstützung abhängig – beruflich wie privat.

In Europa steht zum Beispiel die schnelle Einführung von 5G-Netzen ganz vorne auf der Aufgabenliste von Ländern und Gemeinden. Allein der deutsche Plan zur wirtschaftlichen Erholung sieht 50 Mrd. Euro für Digitalisierung, Innovationen und Bekämpfung des Klimawandels vor.

Rechenzentren oder Funkturmbetreiber profitieren von diesem starken strukturellen Wachstum. Darum haben wir aktuell etwa 18% unseres Fondsport­folios in Unternehmen aus dem Bereich der digitalen Infrastruktur investiert.

Mit Versorgern in eine grüne Zukunft starten

Die Europäische Union hat eine umfassende Agenda erstellt, die stark auf eine grüne Erholung abzielt. Unter dem Stichwort „Next Generation EU“ werden dabei Projekte für erneuerbare Energien, sauberen Verkehr und auch regenerative Systeme wie die Kreislaufwirtschaft gefördert. Auf diese Weise soll eine Gesellschaft unterstützt werden, die weiterverwertet und recycelt, statt immer mehr Müll zu produzieren.

Der Übergang zu grüner Energie steht für viele Versorger im Mittelpunkt ihrer Geschäftsmodelle. Beispiele für die vorbildliche Entwicklung und den Einsatz von Strom- und Windenergie gibt es weltweit. Seit dem Ausbruch der Krise haben wir unser Engagement im Versorgungssektor erheblich ausgeweitet und sechs neue Namen aufgenommen. Dazu gehören Nextera Energy Partners, ein in den USA ansässiger Marktführer im Bereich der erneuerbaren Energieerzeugung und China Gas Holdings, ein in Hongkong börsennotiertes Erdgasversorgungsunternehmen mit Anlagen in China. Dieses Unternehmen leistet einen bedeutenden Beitrag zur Umstellung chinesischer Unternehmen und Haushalte von der Nutzung von Kohle auf sauber verbrennendes Erdgas. Insgesamt ist der Umstieg auf Erdgas eine Schlüsselvoraussetzung für die Energiewende, sozusagen als Zwischenstadium, bevor der Energiebedarf vollständig durch Erneuerbare gedeckt werden kann.

Gerade in stürmischen Zeiten gelten Versorgungsunternehmen als stabil, denn ohne sie ist eine Grundversorgung mit Strom, Wasser oder Gas nicht möglich. Weil sich physische Infrastrukturanlagen wie zum Beispiel Gasleitungen nicht beliebig duplizieren lassen, bilden sie für ihre Eigentümer eine starke Basis. Was diesen Sektor zudem auszeichnet, ist die nahezu beispiellose Zuverlässigkeit in puncto Dividendenzahlungen.

Im US-Wahljahr Impulse für Infrastruktur nutzen

Auf der ganzen Welt sind Regierungen dabei, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Gerade in den USA könnten sich finanzpolitische Impulse in naher Zukunft als positiv für börsennotierte Infrastrukturunternehmen auswirken. Denn der Kampf gegen die marode Infrastruktur des Landes ist einer der wenigen Punkte, die sich in den Wahlkampfprogrammen sowohl der Demokraten als auch der Republikaner wiederfinden. Darum ist zu erwarten, dass eine neue US-Regierung die zum Teil bereits angestoßenen Projekte vorantreibt. Mehr öffentliche Gelder werden dann in den Ausbau von Straßen, Stromnetzen oder den öffentlichen Personenverkehr fließen. Ein Beispiel dafür, wie das schon jetzt umgesetzt wird, kommt von der staatlichen Betreiberin eines der am meisten befahrenen Straßennetze der USA, der New Jersey Turnpike Authority. Das Unternehmen kündigte vor Kurzem eine Mauterhöhung von 36% an, um die anstehenden Ausbaupläne für ihre Autobahnen in Höhe von 24 Mrd. Dollar über die nächsten 15 bis 20 Jahre zu realisieren.

Wenn auch kurz- und mittelfristig viele Infrastrukturunternehmen von den fiskalischen Anreizen zur Konsolidierung der Weltwirtschaft profitieren können, so sollten Investoren nicht vergessen, dass es gerade die langfristigen Trends sind, die dieser Anlageklasse ihren Schwung verleihen.

Inflation wäre keine schlechte Nachricht

Wenn die staatlichen Programme zu mehr Inflation führen, ist das keine schlechte Nachricht, sondern sogar begrüßenswert. Denn in einer Welt des kontrollierten Wirtschaftswachstums mit sanft ansteigender Inflation können Infrastrukturunternehmen direkt oder indirekt wachsen. Steigende wirtschaftliche Aktivität bedeutet mehr Verkehr auf gebührenpflichtigen Straßen und mehr Passagiere auf Flughäfen und in der Folge mehr Cashflows aus inflationsgebundenen Einnahmen für Anleger in börsennotierte Infrastruktur.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 62f., und in unserem ePaper.

Bild: © Jan Becke – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Alex Araujo