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7. Dezember 2025
Was die Alkoholwissenschaft Maklern beibringen kann
Was die Alkoholwissenschaft Maklern beibringen kann

Was die Alkoholwissenschaft Maklern beibringen kann

Was Leberzirrhose und Bestandsübertragung gemeinsam haben – und warum Prävention immer zu spät kommt, das erklärt Andreas Grimm in diesem Teil seiner AssCompact Kolumne.

Ein Artikel von Andreas Grimm, Gründer des Resultate Institut

Die Medien widersprechen sich: Mal heißt es, kein Alkoholkonsum sei sicher, mal wird moderater Genuss als gesundheitsfördernd angepriesen. Wissenschaftlich ist die Lage eindeutig: WHO, International Agency for Research on Cancer und Global Burden of Disease Study belegen, dass es keine unbedenkliche Alkoholdosis gibt. Selbst geringe Mengen erhöhen das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Trotzdem lieben Menschen die Illusion des „vernünftigen Maßes“ – das Glas Rotwein zum Essen, das Feierabendbier, das angeblich entspannt.

Auch manche Makler lieben diese Illusion: Ein bisschen unprofessionell ist schon okay, solange der Kunde es nicht merkt. Fehlende Beratungsdokumentation, keine unterzeichnete Maklervollmacht, unklare Vergütungsvereinbarungen mit Vermittlern – das sind die „ersten Tropfen im Glas“ des Risikos. Keiner verklagt, weil alles perfekt war. Aber jeder Schaden beginnt mit einem kleinen Versäumnis.

Risiken multiplizieren sich

Die Alkoholforschung zeigt: Risiken addieren sich nicht, sie multiplizieren sich. Alkohol plus Tabak ergibt drastisch erhöhtes Krebsrisiko. Alkohol plus Übergewicht verstärkt Leberschäden. Jeder Faktor allein wäre beherrschbar – gemeinsam bilden sie ein Systemrisiko.

In der Maklerpraxis funktioniert der gleiche Mechanismus. Veraltete Maklerverträge, lückenhafte Dokumentation, unvorsichtig gewählte Kapitalanlagen, schlecht konstru­ierte Versorgungszusagen – jede Schwäche wäre isoliert beherrschbar. Doch sie kumulieren. Und nirgendwo wird das brutaler sichtbar als bei der Maklernachfolge. Nachlaufende Haftungsrisiken aus Beratungen, eine Maklerrente, die nicht trägt, ein Kaufpreis mit heftigen Risikoabschlägen, Unverkäuflichkeit wegen problematischer Versorgungszusagen oder illiquider Kapital- anlagen.

Es ist selten das eine Bier, das schadet. Es ist die Kombination aus Gewohnheit, Gelegenheit und Wiederholung.

„Glücksillusion“

Jahrzehntelang galt die J-Kurve als Beweis, dass moderater Alkoholkonsum schützend wirke. Neuere Analysen zeigen: Das war ein methodisches Artefakt. Viele „Abstinenzler“ waren Ex-Trinker, die aus gesundheitlichen Gründen aufgehört hatten – ihre höhere Sterblichkeit wurde fälschlicherweise dem Nicht-Trinken zugeschrieben. Für Krebs gibt es keine schützende Dosis.

In der Praxis vieler Makler existiert der gleiche Denkfehler: „Ein bisschen unprofessionell ist schon okay, ist ja noch nie was passiert.“ Man verwechselt Glück mit Stabilität. Der Nachbar, der trotz Alkohol und Rauchen 90 wird. Der Maklerkollege, der trotz chaotischer Unternehmensführung einen tollen Kaufpreis erhalten hat. Doch wer auf Glück gesetzt hat, merkt es bei der Nachfolge: Der Bestand ist unverkäuflich, die Maklerrente kollabiert, weil Kunden die andere Betreuung ablehnen, Haftungsrisiken wirken nach, der Kaufpreis schmilzt. Wenn man es merkt, ist es zu spät.

„Rechtzeitig anfangen“ lautet die Devise

Alkoholwissenschaft und Maklerpraxis lehren dasselbe: Risiko ist schleichend, kumulativ und selbstverstärkend. Glück ersetzt keine Struktur. Die WHO sagt: kein sicherer Konsum. Für Makler gilt: kein sicheres Maß an Nachlässigkeit. Doch ein entscheidender Unterschied existiert: Bei Alkohol sind viele Schäden irreversibel. Bei der Maklernachfolge sind mit genügend Vorlauf fast alle Probleme heilbar. Verträge aktualisieren, Dokumentation nachziehen, Versorgungs- zusagen neu strukturieren, Kapitalanlagen umschichten. Voraussetzung: rechtzeitig anfangen. Nicht fünf Jahre vor dem Ausstieg, sondern zehn oder fünfzehn Jahre davor. Konsequente Umsetzung. Professionelle Unternehmensführung.

Ob in der Leber oder in der Bilanz – entscheidend ist, was man vorher lässt, nicht was man nachher bereut. Aber anders als bei Alkohol hat der Makler eine zweite Chance: solange noch Zeit ist.

Über den Autor

Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.

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Ein Artikel von
Andreas W. Grimm