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27. Juli 2025
Was im Rechtsschutz für Beschwerden sorgt
Was im Rechtsschutz für Beschwerden sorgt

Was im Rechtsschutz für Beschwerden sorgt

Im vergangenen Jahr hat sich die Anzahl der eingegangenen Beschwerden bei der Schlichtungsstelle erhöht. Wie es im Bereich Rechtsschutz aussieht und welche (neuen) Themen bei Verbrauchern besonders für Unmut sorgen, erläutert die Versicherungsombudsfrau im Interview mit AssCompact.

Interview mit Dr. Sibylle Kessal-Wulf, Versicherungsombudsfrau
Frau Dr. Kessal-Wulf, die Beschwerdezahlen haben 2024 deutlich zugelegt. Gilt dies auch für den Bereich der Rechtsschutzversicherung?

Im Jahr 2024 haben die Schlichtungsstelle 3.438 Eingaben im Bereich Rechtsschutz erreicht. Dies stellt einen Zuwachs um 438 Beschwerden im Vergleich zum Vorjahr dar.

Worauf lässt sich dieser Anstieg zurückführen?

Für den Anstieg gibt es nicht den einen Grund. Wir erklären uns das Mehr an Beschwerden zum einen damit, dass Schlichtungsanträge heute viel schneller gestellt werden, was möglicherweise mit der gestiegenen Erwartungshaltung der Versicherungsnehmer zu tun hat. Man beschwert sich schneller, wenn man mit dem, was man vom Versicherer erhält, nicht einverstanden ist. Zum anderen ist der Versicherungsombudsmann e. V. in den 24 Jahren seines Bestehens immer bekannter geworden. Versicherungsnehmer und auch Anwälte wissen um die Möglichkeit des Streitbeilegungsverfahrens und nutzen dies immer mehr.

Auf welche Themenbereiche entfällt denn ein relativ hohes Beschwerdeaufkommen?

Im Bereich der Rechtsschutzversicherung stellt immer wieder die zeitliche Einordnung des Rechtsschutzfalles einen häufigen Streitpunkt dar. Ein nicht unwesentlicher Teil der Beschwerden geht erkennbar auf die recht komplizierte Konstruktion der allgemeinen Rechtsschutzbedingungen zurück, die durch besonders viele Risikoein- und Risikoausschlüsse gekennzeichnet sind.

Gab es neue Komplexe, die den Versicherten Anlass gaben, sich an die Schlichtungsstelle zu wenden?

Ein neuer Themenkomplex sind Datenlecks bei Social-Media-Plattformen. Unter anderem machen die Betroffenen gegenüber den Unternehmen auch Schadensersatzansprüche geltend. Im Bereich der Rechtsschutzversicherung geht es zum einen um die Frage, wann der Rechtsschutzfall eingetreten ist? Tritt der Leistungsfall schon ein, wenn man sich auf einer Plattform anmeldet, die Datensicherungsstandards nicht einhält? Oder erst, wenn die Daten tatsächlich abgegriffen werden? Strittig ist auch die Höhe des Schmerzensgeldes. Da wurden teilweise 5.000 Euro angemeldet, das haben die Versicherer wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Die Rechtsprechung war dazu lange uneinheitlich, deshalb haben wir oft sagen müssen, dass diese Fälle für eine Schlichtung ungeeignet sind. Zum Jahresende hat der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch eine richtungsweisende Entscheidung getroffen. Sie besagt, dass schon der Kontrollverlust über Daten ausreicht, um immaterielle Ansprüche daran zu knüpfen. Der BGH hat den Anspruch auch größenmäßig ein bisschen eingeordnet. Damit hat sich das Thema für uns ein wenig entschärft.

Wie beurteilen Sie den Austausch zwischen der Schlichtungsstelle und den Versicherern oder anders gefragt: Welchen Beitrag könnten die Versicherer leisten, um das Beschwerdeaufkommen zu verringern?

Tendenziell stellen wir fest, dass Versicherungsnehmer ihre Beschwerde allein darauf stützen, dass sie keinen Kontakt zu ihrem Versicherer bekommen oder dass sie länger auf Antworten warten müssen. Wir bemerken die verzögerte Reaktion der Versicherer im Übrigen auch bei der Bearbeitung der Schlichtungsanträge. Wir müssen teilweise Fristverlängerungen gewähren und mehrfach bei einem Versicherer nachfragen, weil Fragen von uns nicht so vollständig beantwortet werden wie früher.

Lesen Sie auch: Diese Beschwerden führen Kunden gegen Versicherungsvermittler

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 07/2025 und in unserem ePaper.

 
Ein Interview mit
Dr. Sibylle Kessal-Wulf