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28. September 2020
Was Versicherer und Vermittler im Jahr 2030 erwartet

Was Versicherer und Vermittler im Jahr 2030 erwartet

Eine neue Studie beleuchtet, wie die Assekuranz 2030 aussehen könnte. Mit der zunehmenden Vernetzung technischer Geräte erhält der Versicherer mehr Daten vom Kunden, muss aber auch höheren Ansprüchen gerecht werden. Und Vermittler sind Begleiter des Kunden in der gesamten Customer Journey. 

Das kommende Jahrzehnt wird die Assekuranz mehr als die vergangenen Jahrzehnte insgesamt beeinflussen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Beratungsunternehmens BearingPoint, die einen Blick in die Zukunft wirft und ein mögliches Bild der Versicherungswelt im Jahr 2030 skizziert. In ihrer Zukunftsvision beschreiben die Studienautoren zunächst aktuelle Megatrends, die bereits im Jahr 2020 erkennbar sind und sich ihrer Einschätzung nach auf Versicherungen im Jahr 2030 auswirken. 

Die Silver Society wächst

Im Zuge des demografischen Wandels wird der Anteil von Menschen höheren Alters in der Bevölkerung künftig weiter wachsen. Diese Zunahme ist von zentraler Bedeutung für Versicherungen. Es gilt, diese Entwicklung von einem „Problem“ – etwa in der Versicherungskalkulation – zu einer Chance zu machen durch die Übernahme neuer und durchaus lukrativer Risiken. So werden diejenigen Gesellschaften im Jahr 2030 erfolgreich sein, die ihre Strategie im Vorfeld entsprechend ausgerichtet und ihr Portfolio an die wachsende „Silver Society“ angepasst haben.

Gesundheit erhalten

Als weiterer Trend richtet sich der Fokus der Menschen verstärkt auf die Gesundheit. Krankenversicherungen sollten im Blick haben, dass das Interesse von Versicherten zunächst der Gesunderhaltung gilt und erst in einem zweiten Schritt deren Absicherung. Die Bedeutung der Gesunderhaltung nimmt laut Studie bis 2030 noch zu und wird von den Versicherern entsprechend belohnt. Dank Digital Health und die damit einhergehende Zentralisierung, Strukturierung und Analyse einer großen Menge an Benutzerdaten gewinnen Mediziner weitere Einblicke in den Gesundheitszustand und das Verhalten ihrer Patienten und können so präzisere Behandlungsschemata und -empfehlungen erstellen. Versicherer können Kunden hyper-personalisierte Produkte bieten, passgenau auf deren Bedürfnisse abgestimmt.

Konnektivität ist die Devise

Das Internet der Dinge zusammen mit Big Data, intelligenten Geräten, Wearables und Sensoren eröffnen den Versicherern viele Möglichkeiten, das Kundenverhalten zu analysieren, ihre Marketingstrategien zu verbessern und individualisierte Produkte anzubieten. In der Vision von 2030 gleichen Versicherungslösungen nicht nur Schäden aus, sondern wirken aktiver denn je daran mit, Schäden zu vermeiden und Risiken in Echtzeit zu bewerten. Konnektivität ist das Stichwort: Die derzeit beliebten Fitness-Tracker wandeln sich zu komplexen Geräten, die nicht nur verschiedene körperliche Parameter und Gesundheitsgewohnheiten erfassen. Vielmehr identifizieren sie auch Trends und Muster, mit denen der Nutzer, weitere Gesundheitsdienstleister, Rettungsdienste und auch der Versicherer den Gesundheitsstand der Träger verbessern kann.

Auch im Fahrzeug geht die Vernetzung voran: In-Car-Geräte analysieren Fahrbedingungen, Wetter, Fahrzeugnutzung und Verkehr und stellen diese Informationen dem Fahrer und Versicherer bereit. Die Geräte können unter anderem auch die Funktionalität des Fahrzeugs bewerten und vorbeugende Wartungsoptionen vorschlagen. Sind die In-Car-Devices mit den individuell tragbaren Sensoren verknüpft, die eine gesundheitliche Bedrohung wie einen beginnenden Schwindel feststellen, greifen die In-Car-Geräte ein, bevor es zu einem Unfall kommt.

Virtual Reality auch in der Schadenbearbeitung

Auch die Weiterentwicklung im Bereich Augmented bzw. Virtual Reality eröffnet der Versicherungsbranche neues Potenzial. Zum einen braucht es Versicherungslösungen für AR/VR-Technologien, die zunehmend auch für Geschäftszwecke eingesetzt werden (von Cyberkriminalität über Gesundheits- bis hin zu Unfallrisiken). Zudem setzen Versicherer 2030 auch selbst diese Technik verstärkt ein, um etwa mit interaktiven Videos über Produkte zu informieren. Mit den AR/VR-Technologien werden auch die Arbeitsprozesse der Versicherer effizienter wie etwa bei der Schadensabschätzung oder der Bearbeitung von Schadensfällen per Fernzugriff. Somit können Drohnen Versicherungsvermittler bzw. Versicherer in Echtzeit mit Videomaterial zu einem Vorfall versorgen. Besuche vor Ort sind nicht mehr erforderlich, was den zeitlichen und finanziellen Aufwand der Schadenbearbeitung reduziert.

Zunehmende Vernetzung bietet neue Informationsquellen

Mit den gesammelten Daten der vernetzten Geräte können Versicherer Risiken besser einschätzen und die Preise für Versicherungsschutz auf dynamische Weise anpassen. Doch auch die Kunden haben mehr Zugriff auf Informationen, was sie stärker und anspruchsvoller macht für transparente Organisationen, die einfache und doch innovative Produkte anbieten. In der Vision der Studienautoren von 2030 erhalten Kunden auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene und in Echtzeit über den Kanal ihrer Wahl gelieferte Produkte. Die modernen Kunden wollen jederzeit, überall und von jedem Gerät aus Lösungen für ihre Bedürfnisse.

Bessere Verzahnung von Schadenmanagement und Vertrieb

In den kommenden Jahren werden die Erwartungen der Kunden an ein individuelles und reibungsloses Kundenerlebnis beim Kauf weiter steigen. Vor allem im Moment der Wahrheit, nämlich dem Schadenfall, müssen Versicherer die erhöhte Anspruchshaltung gut erfüllen können. Eine besonders kompetente Lösung eines Schadenvorfalls führt im Anschluss zu erhöhter Affinität für zusätzliches Geschäft auf Kundenseite. Im Jahr 2030 sieht die Studie Schadenmanagement und Vertrieb deutlich besser miteinander verzahnt. Die Analytik sei dann in der Lage, Informationen aus Schadensfällen direkt als Inputgröße für zusätzliche Leadgenerierung zu nutzen. Umgekehrt gilt, dass Vertriebskanäle künftig verstärkt für Services und Nicht-Versicherungsprodukte genutzt werden.

Vermittler als Begleiter in der Customer Journey

Was bedeutet dies für Vermittler? Sie sind 2030 längst keine reinen Verkäufer mehr, sondern begleiten den Kunden beim gesamten Prozess und sind Ansprechpartner an allen Positionen der Customer Journey. Dadurch sieht die Studie „erhebliche zusätzliche Ansprüche“ in Sachen Kompetenz auf Vermittler hinzukommen.

Persönliche Betreuung bleibt gefragt – per Video oder Chat

Mit Blick auf das Jahr 2030 sind die Studienautoren außerdem überzeugt, dass persönliche Betreuung weiterhin entscheidend bleibt für den Vertriebserfolg. Die „Vertriebspower“ des persönlichen Kontakts sei nach wie vor unstrittig und beweise sich Jahr für Jahr in erfolgreichen Zahlen des vermittler- und maklergestützten Geschäfts, wie es in der Studie heißt. 2030 wird die Beratung flächendeckend per Videotelefonie und Chat erfolgen. Dies gilt dann insbesondere auch für komplexe Themen wie Lebensversicherungen oder Altersvorsorge.

Bots als Vermittler?

2030 hat sich künstliche Intelligenz (KI) im Kundenmanagement längst durchgesetzt. In zehn Jahren setzt auch der Vertrieb auf die Vorteile von KI. Im Leadmanagement erfolgt ein Lead Scoring, die künstliche Intelligenz dahinter liefert dem Vermittler Hinweise für die Erfolgschancen von Vertriebspotenzialen. Dies gilt nach Ansicht der Studienautoren vor allem für Cross-Selling-Potenziale im Privatkundengeschäft, bei Gewerbe- und Industriekunden hat sich diese Technologie dann längst durchgesetzt. Im Direktvertrieb kommen zunehmend Chatbots zum Einsatz, Kontakt zu einem menschlichen Vermittler ist aber an allen Stellen des Prozesses jederzeit möglich. Aufgaben wie der Abschluss einer Versicherung werden dann aber an die Bots ausgelagert. (tk)

Weitere Informationen zur Studie finden sich unter www.bearingpoint.com.

Bild: © Stefan – stock.adobe.com