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7. November 2022
wefox: InsurTech, das auf persönlichen Vertrieb setzt

wefox: InsurTech, das auf persönlichen Vertrieb setzt

Der Digitalversicherer wefox operiert seit Kurzem auch über eine deutsche Niederlassung. Von dort aus soll das Geschäft mit Vertrieben, Mehrfachagenten, Assekuradeuren und Affinity-Partnern ausgebaut werden. Interview zu den Hintergründen dieses Schritts und den Plänen von wefox in Deutschland.

Interview mit Christian Botsch, Vertriebschef der wefox Insurance Deutschland
Herr Botsch, könnten Sie uns bitte noch einmal kurz aufklären: Der wefox Hauptsitz ist in Liechtenstein, in Deutschland gibt es eine Niederlassung. Was ist wo? Und was bedeutet dies für die Bereiche BrokerTech und Insurance?

Aktuell haben wir eine deutsche Niederlassung des in Vaduz ansässigen Versicherers wefox Insurance AG in Berlin gegründet. Damit möchten wir neben dem bisherigen Maklervertrieb auch das Marktsegment um Mehrfachagenten in Deutschland erschließen. Mittelfristig beabsichtigen wir das operative Geschäft für alle Vertriebskanäle über die deutsche Niederlassung abzuwickeln. 

Für die technischen Prozesse nutzen wir unsere globale Technologieplattform, mit der wir länderübergreifend nahezu identische Produkte anbieten können, die an die lokalen Marktstandards angepasst werden. Unsere digitale Produktfabrik, wie wir sie nennen, ist einzigartig in Europa. Darauf sind wir sehr stolz. wefox ist eines der wenigen InsurTechs weltweit, die auf den persönlichen Vertrieb setzen.

Sie sind seit einem Jahr bei wefox und leiten nun den deutschen Vertrieb. Wo liegen Ihre Schwerpunkte? 

Als InsurTech haben wir uns bereits vor Jahren dazu entschlossen, neue Produkte über den persönlichen Vertrieb im B2B-Bereich in den Markt zu bringen. Diesem Fokus auf unsere Vertriebspartner muss natürlich intern Rechnung getragen werden, und die Ausrichtung an die Prozesse unserer Partner ist hierbei ein wichtiger Baustein.

Zu meinem Start haben wir uns im Team die bestehende Marktbearbeitungslogik angeschaut und punktuell wichtige Änderungen vorgenommen. Dazu gehört etwa die Gründung der Niederlassung, der Aufbau der Vertriebskapazitäten in allen Kanälen, das Aufsetzen eines kompetenten Makler-Backoffices und die Einführung von BiPRO-Normen. Neben unserer ständigen intrinsischen Evaluierung beobachten wir selbstverständlich auch den Versicherungsmarkt als solchen. Gerade für uns im Vertrieb ist es essenziell, die Bedürfnisse aller Marktteilnehmer zu verstehen, damit wir uns nahtlos eingliedern können. 

Können Sie uns die Hintergründe etwas näher erläutern?

Ich bin seit nunmehr drei Jahrzehnten im Markt und kenne insbesondere die „alte Welt“. Ich kann klar aufzeigen, was im Markt gut läuft und was nicht. Bei aller Liebe zur Digitalisierung erwarten Vermittler von ihren Versicherungspartnern kompetente Ansprechpartner und persönliche Erreichbarkeit. Dafür haben wir eine Einheit von Fachleuten aufgebaut, die zu festgelegten Servicezeiten für unsere Partner persönlich erreichbar sind und zu allen Fragen rund um wefox zur Verfügung stehen. Auf Wunsch können bestimmte Geschäftsvorfälle besprochen und direkt geklärt werden. Aber auch vertriebliche und prozessuale Fragen zu unseren digitalen und automatisierten Prozessen können schnell und unkompliziert gelöst werden.

Damit unterstützen wir auch den persönlichen Kontakt zwischen Kunde und Vermittler, unseres Erachtens das wichtigste Element im Vertrieb von Versicherungslösungen. Diesem persönlichen Kontakt mit dem Kunden wollen wir durch unsere Einfachheit im Prozess Rechnung tragen. Mit Blick auf die Produktwelt ist die Switch-Logik ein gutes Beispiel für eine moderne Versicherungslösung. Wir versuchen den finalen Verkaufsprozess beim Endkunden so einfach wie möglich zu gestalten und so wertvolle Zeit für das wichtige Beratungsgespräch beim Kunden zu gewinnen. Dazu gehört natürlich auch die bereits erwähnte Einführung von den in Deutschland üblichen BiPRO-Normen zur einfachen Übertragung von standardisierten Daten zwischen unseren Partnern und uns.

Sie wollen wie eingangs bereits erwähnt die Zusammenarbeit mit Vertrieben und Mehrfachagenten ausbauen. Wie darf man sich das konkret vorstellen?

In Deutschland konnten wir als Versicherer aus Liechtenstein auf einer Freedom-of-Service-Basis nur mit Maklern zusammenarbeiten. Der deutsche Vermittlermarkt ist aber sehr diversifiziert und insbesondere in dem Bereich der einfachen Retail-Produkte wie Kfz-, Haftpflicht- und Hausratversicherungen gibt es viele Marktteilnehmer, die ohne Maklerzulassung agieren. Um auch diesen großen Teilbereich des Marktes bedienen zu können, haben wir unsere deutsche Niederlassung gegründet. Nun können wir zum Beispiel mit kleinen und großen, strukturierten Vertrieben zusammenarbeiten. Gerade bei diesen Partnern punkten wir mit der Einfachheit in unseren Prozessen und erreichen eine deutlich größere Reichweite im Markt.

Das Gleiche gilt natürlich für Assekuradeure, die mit Versicherern zusammen maßgeschneiderte Produkte für bestimmte Zielgruppen entwickeln. Auch sind wir so für Unternehmen, deren initiales Kerngeschäft keine Versicherungsprodukte enthalten, mit unseren standardisierten und automatisierten Produktlösungen ein äußerst interessanter Produktpartner. 

Diese Affinity-Partner können uns einfach in ihre bestehenden Prozesse einbinden und für ihre Kunden und sich selbst Mehrwerte generieren. Hier führen wir aktuell viele Gespräche im Markt und freuen uns über die ersten Abschlüsse wertvoller Kooperationen. 

Was heißt das für das Makler­geschäft? Ist die Anbindung von Einzelmaklern zu aufwendig?

Da wir den gesamten Markt abdecken, ist auch die Anbindung für Einzelmakler enorm einfach gestaltet. Wir haben einen sehr einfachen, automatisierten Anbindungsprozess. Dieser ermöglicht es allen unabhängigen Maklern und Vermittlern, schnell und völlig frustfrei eine Anbindung an uns zu erhalten, um direkt loslegen zu können.

Stehen denn dann auch Maklerpools für Sie im Fokus?

Erfahrungsgemäß ist es so, dass Einzelmakler heutzutage intensiv mit Pools zusammenarbeiten, da sie dort wichtige Mehrwerte für ihren Berufsstand erhalten. Insofern ist die Zusammenarbeit mit ihnen für uns im Fokus. Durch die Pools werden die Prozesse für Makler in der Regel noch einfacher, da sie die vielen unterschiedlichen Prozesse der Versicherer in deren Systemen vereinen.

Was ist denn in Sachen Produktportfolio geplant? Bleibt es weiterhin bei den bisherigen Versicherungsprodukten oder wird es komplett neue Bereiche geben?

Aktuell funktioniert unser Set-up mit den jetzigen Retail-Produkten wie Kfz-, Haftpflicht-, Hausrat- und Fahrrad- bzw. E-Bike-Versicherungen sehr gut. Das sind Produkte, die prinzipiell auch in Krisenzeiten gebraucht werden. Als junger Versicherer werden wir über unsere Produktplattform unser Produktportfolio sukzessive ausbauen. Wir haben gerade neu eine Wohngebäudeversicherung auf den Markt gebracht und arbeiten unter anderem auch an einer Lösung im Bereich der Unfallversicherung. 

Lassen Sie uns noch näher auf das bereits angesprochene Affinity-Geschäft eingehen, das sie auch strategisch erschließen wollen. Was macht diesen Bereich für wefox so interessant? 

Das Affinity-Geschäft bietet zahlreiche Möglichkeiten, speziell auf bestimmte Kundengruppen konzipierte Versicherungsprodukte anzubieten. Wer hier schnell individuelle Lösungen anbieten kann, hat klare Vorteile am Markt. Mit der assona GmbH haben wir in unserer Gruppe bereits einen Spezialisten mit 19 Jahren Erfahrung. Darüber hinaus sprechen wir mit weiteren interessanten externen Partnern.

Können Sie uns Beispiele nennen, in welche Richtung es dabei geht?

Wir sehen hier Potenziale zum Beispiel in den Bereichen Automotive, Banking und Handel. Im Handelsgeschäft kann dies etwa die Zusammenarbeit mit einem Partner sein, der in seiner Warenwirtschaft exklusiv nur unsere Produkte als Annex vertreibt. Dies erleichtert dem Händler den Verkauf von Versicherungsprodukten erheblich. Bei uns ist dies im Fahrradbereich der Fall. Ein weiteres Beispiel ist der stark wachsende Markt im Dienstrad-Leasing. Mit jedem vermittelten Leasing-Fahrrad wird auch eine spezielle Versicherung verkauft. Bei einem der größten Anbieter im Markt wird der Ver­sicherer nun die wefox sein. 

Sie haben auch Ihr Vertriebsteam neu aufgestellt. Persönliche Ansprechpartner, die es bisher nur für Makler gab, sollen nun auch für strukturierte Vertriebe und im Affinity-Markt zum Einsatz kommen. Werden dann künftig alle Kanäle aus einer Hand betreut?

Es ergibt durchaus Sinn, die Vertriebssteuerung zentral zu gestalten, da die Themen bei allen Vertriebskanälen ähnlich sind. Heute geht es primär um Prozesse und Services. Die persönlichen Betreuer unserer Partner im Vertrieb sind Spezialisten in ihrem jeweiligen Marktsegment. 

Lassen Sie uns noch bei den Prozessen bleiben: Ab Herbst wollen Sie schrittweise BiPRO-Normen implementieren. Das klingt für uns, als ob das etwas spät kommt. Ist das für Versicherer nicht schon fast eine Voraussetzung in der Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern?

Das Thema BiPRO wird seit vielen Jahren heiß in der Branche diskutiert. Es ist allerdings nicht so, dass BiPRO flächendeckend zum Einsatz kommt und ohne BiPRO der Marktzugang verwehrt wäre. Als international agierender Versicherer werden wir den zukünftigen Anforderungen des deutschen Marktes begegnen und bringen uns heute schon dafür in Stellung. Für unsere Partner und auch uns als junges B2B-InsurTech bringt es Vereinfachung und Mehrwerte in den Prozessen. Wir verzichten bereits seit Gründung auf Papier und sind ein digitales Versicherungsunternehmen mit einer hohen Dunkelverarbeitungsquote. Dazu gehört in Deutschland auch das Vorhalten der BiPRO-Normen in einer guten und soliden Ausprägung. 

Können Sie denn quantifizieren, mit wie vielen Maklern, Vertrieben, Mehrfachagenten, Pools usw. Sie jeweils zusammenarbeiten und wie es mit der Kundenzahl in Deutschland aussieht?

In unserem Modell spielt das profitable Wachstum eine wichtige Rolle. Die reine Anzahl an Partnern ist kein zeitgemäßer Indikator für Erfolg. Wir haben Prozesse, Strukturen und Services geschaffen, um die Vielfalt des Marktes zu bedienen, vom Einzelmakler bis hin zu den großen Multiplikatoren. Als junges Unternehmen decken wir natürlich noch nicht den gesamten Markt ab, laden aber jeden herzlich ein, mit uns Kontakt aufzunehmen. wefox verfügt aktuell über zwei Millionen Kunden, eine Aufschlüsselung in unsere Ländermärkte wird in naher Zukunft folgen. 

Der Versicherungsvertrieb hat mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. Bei den Versicherern ist es nicht viel anders. Was läuft, was nicht? Worauf liegt der Fokus?

Wir haben uns dieses Jahr sehr stark darauf konzentriert, das rasante Wachstum der letzten Jahre zu managen und die Backoffice-Einheiten und die Vertriebsprozesse zu optimieren. Deshalb stand der Vertrieb unserer Produkte nicht alleinig im Fokus unseres Handelns. Auch das Aufsetzen der Niederlassung in Deutschland, der Ausbau des Backoffices und die Implementierung von BiPRO bindet Ressourcen und Energie. Diese Zeit der Neuausrichtung ist nun größtenteils abgeschlossen und wir konzentrieren uns nun wieder auf den Absatz unserer Produkte. Wir merken bereits sehr stark das anziehende Kfz-Wechselgeschäft. 

Unsere Produktlinien sind nicht so stark von politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen in der Welt und im Markt abhängig. Wir bieten automatisierte Standard-Lösungen für Privatkunden. Insbesondere unsere Switch-Produkte finden großen Anklang im Markt. Sie werden auch in Krisenzeiten stark nachgefragt und wir sind uns sicher, mit unseren Produktkonzepten in schwierigen Zeiten die Bedürfnisse der Vermittler und der Kunden besonders gut zu treffen. Für die nächsten Jahre erwarten wir weiterhin ein starkes Wachstum bei wefox.

Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 11/2022, S. 34 ff., und in unserem ePaper.

Bild: Christian Botsch, wefox Insurance Deutschland

 
Ein Interview mit
Christian Botsch