Welche Folgen hat die lange Prüfdauer für die Betroffenen?
In dieser Zeitspanne fließt kein Geld, was gerade für Selbstständige existenzbedrohend ist. Manche Versicherer bieten inzwischen Übergangszahlungen an, das ist ein guter Weg. Insgesamt aber ist das Verfahren zu langsam. Es fehlt schlicht an Personal in den Leistungsabteilungen. Ich habe Mandanten, die nach 14 Monaten Wartezeit ihr Haus verkaufen mussten, weil keine Leistungen geflossen sind. Das ist dramatisch.
In welchen Punkten haben sich die Versicherer in den letzten Jahren verbessert – und wo hakt es nach wie vor am meisten in der Leistungsprüfung?
Verbesserung sehe ich in der digitalen Antragsbearbeitung. Größter Hemmschuh ist allerdings die lange Prüfungsdauer. Viele Versicherer sind personell unterbesetzt. Die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter arbeiten sich durch Aktenberge, und oft bleiben Fälle über Wochen liegen. Das hat nichts mit Böswilligkeit zu tun, sondern einfach nur mit fehlenden Kapazitäten.
Gibt es für Betroffene oder Versicherungsmakler denn irgendeinen Hebel, um diesen Prozess zu verkürzen?
Leider kaum. Beschwerden oder Klagen verlängern die Verfahren meist noch. Was hilft, ist eine saubere, vollständige Antragsvorbereitung. Alles, was von Kundenseite sauber vorbereitet ist, spart Zeit auf Versichererseite. Aber das strukturelle Kapazitätsproblem bleibt.
Viele Versicherer werben damit, dass sich eine frühe Vorsorge lohnt – am besten schon mit einer sogenannten Schüler-BU. Wie sehen Sie das?
Grundsätzlich ist das eine gute Idee. Je früher man vorsorgt, desto geringer ist das Risiko von Vorerkrankungen – und desto leichter bekommt man Versicherungsschutz. Aber man muss wissen, was man da tatsächlich abschließt.
Bei einer Schüler-BU handelt es sich in vielen Fällen gar nicht um eine echte Berufsunfähigkeitsversicherung, sondern eher um eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung.
Das heißt, der Schutz ist eingeschränkt?
Schüler haben ja noch keinen Beruf, deshalb wird nur eine allgemeine Erwerbsunfähigkeit abgesichert. Das kann im Leistungsfall zu bösen Überraschungen führen. Wer die Police nicht rechtzeitig umstellt, etwa mit Beginn der Ausbildung oder des Studiums, steht im Ernstfall ohne vollen BU-Schutz da. Da sollte man die Vertragsbedingungen genau prüfen. Manche Tarife sehen vor, dass die Schüler-BU ab einem bestimmten Alter automatisch in eine echte BU übergeht – andere nicht. Wichtig ist, die Umstellung aktiv zu begleiten, sonst bleibt der Schutz lückenhaft.
Und an welchen Stellen könnten Makler schon im Vorfeld helfen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden?
Nach unserer Erfahrung sollten Versicherungsmakler unbedingt darauf achten, dass die Vertragsanbahnung sorgfältig und umfassend betreut wird. Denn nicht selten resultieren aus der mangelnden Sorgfalt Haftungsfälle wegen Beratungsverschulden.
Für den Fall, dass die Versicherungsnehmer einen Makler um Unterstützung bei der Leistungsprüfung bitten sollten, haben wir für die erste Information einen umfassenden Leitfaden entwickelt, der als Download auf unserer Website zu finden ist.
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