Eine Kolumne von Prof. Michael Hauer, Geschäftsführer des Instituts für Vorsorge und Finanzplanung (IVFP)
Das Bundeskabinett hat am 17.12.2025 den Entwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge beschlossen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf diesen Stand. Wobei es unwahrscheinlich ist, dass noch größere Änderungen bis zur endgültigen Verabschiedung im Frühjahr 2026 kommen werden.
Die geplante Reform der privaten Altersvorsorge ordnet die Produktlandschaft grundlegend neu. Kernstück ist das neue Altersvorsorgedepot. Dahinter steckt eine einfache Idee: Wer fürs Alter spart, soll unkompliziert am Kapitalmarkt investieren können – ohne Garantien. Die Anlage soll in Fonds, ETFs, alternative Anlagen usw. erfolgen, was eine breite Streuung ermöglicht. Es soll ein möglichst kostengünstiges, renditestarkes Vehikel für den langfristigen Kapitalaufbau sein. Parallel dazu bleibt eine zweite Produktlinie erhalten: Garantieprodukte, bei denen zu Beginn der Auszahlungsphase entweder 10% oder mindestens 80% der eingezahlten Beiträge inklusive Zulagen garantiert zur Verfügung stehen.
Standardprodukt: Onlineabschluss ohne Beratung
Neu ist ein Standardprodukt als einfacher Sparplan mit wenigen Wahlmöglichkeiten (zwei Fonds) und einem Kostendeckel: Die Effektivkosten dürfen höchstens 1,5% pro Jahr betragen. Dieses sog. Standarddepot soll so aufgebaut sein, dass man es grundsätzlich auch ohne persönliche Beratung und online abschließen kann.
Neu ist auch die stärkere Trennung von Anspar- und Entsparphase. Abschlusskosten werden auf die gesamte Ansparzeit verteilt. Vor Beginn der Auszahlungsphase ist zudem ein Wechsel in ein reines Auszahlungsprodukt möglich. Die Altersgrenze wird einheitlich auf 65 Jahre festgelegt. Ab dann gibt es zwei Wege: eine lebenslange Leibrente oder ein Auszahlungsplan mindestens bis zum 85. Lebensjahr.
So soll die neue Förderlogik funktionieren
Die staatliche Förderlogik wird ebenfalls neu aufgesetzt – einfacher und berechenbarer (siehe Grafik). Für die ersten 1.200 Euro Eigenbeitrag pro Jahr gibt es 30 Cent Zulage pro Euro, für den Anteil von 1.201 bis 1.800 Euro noch 20 Cent pro Euro. Wer 1.800 Euro im Jahr einzahlt, kann so auf 480 Euro Grundzulage kommen. Die Kinderzulage funktioniert künftig ähnlich: 25 Cent pro Euro Eigenbeitrag und Kind, bis maximal 1.200 Euro pro Jahr – also bis zu 300 Euro pro Kind. Die alte Unterscheidung nach Geburtsjahr (185 Euro/300 Euro) fällt weg. Junge Sparer:innen (bis inkl. 25 Jahre) erhalten zusätzlich einmalig 200 Euro Berufseinsteigerbonus. Und wichtig: Künftig reicht ein fester Mindesteigenbeitrag von 120 Euro pro Jahr, um überhaupt Zulagen zu bekommen – die komplizierte 4%-Regel auf Basis des Vorjahreseinkommens verschwindet.
Riester bleibt im Vorteil
Im Vergleich zur bisherigen Riester-Förderung ergeben sich damit deutliche Unterschiede. In einigen Konstellationen ist Riester aber weiterhin stark: Wer z. B. nur 120 Euro im Jahr einzahlt und zwei Kinder hat, kann bei Alt-Riester auf rund 775 Euro Zulagen kommen – eine Förderquote von etwa 87%. Beim neuen Depot wären es in diesem Fall nur 96 Euro Zulage und damit einer Förderquote von 44%. Hier bleibt Riester eindeutig im Vorteil. Somit dürfte das Jahr 2026 zum „Riester-Jahr“ werden – alle, die es betrifft, sollten diesen Vorteil noch nutzen.
Bestehende Riester-Verträge bleiben grundsätzlich bestehen und können mit der bisherigen Förderung ganz normal weitergeführt werden. Wer möchte, kann jedoch in die neue Förderlogik wechseln. Außerdem ist vorgesehen, dass das bisher angesparte Kapital förderunschädlich in ein neues Altersvorsorgeprodukt übertragen werden kann.
Persönliche Beratung ist weiterhin entscheidend
Eines ändert sich jedoch nicht: Die passende Lösung hängt immer von der persönlichen Situation ab – also insbesondere vom Einkommen, Beitragshöhe, Anzahl der Kinder, Risikobereitschaft, Familienkonstellation, geplanter Laufzeit und gewünschter Flexibilität. Die Reform stellt dafür zwar einen deutlich moderneren „Werkzeugkasten“ bereit, doch welche Werkzeuge im Einzelfall wirklich sinnvoll sind, wird auch künftig gute, individuelle Beratung entscheiden müssen.
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