Ein Artikel von Pascal Wannicke, Geschäftsführer der SECHZEHN54 GmbH
Ein erfolgreicher Verkaufsprozess eines Maklerhauses beginnt mit einer klaren Strategie – und einer der ersten richtungsweisenden Schritte ist die Auswahl des potenziellen Käuferkreises. Denn jeder Käufer bringt ein individuelles Profil mit, das unterschiedliche Charakteristika wie Zielbild, Kapitalstruktur oder Integrationsgrad aufweist. Diese Unterschiede führen selten zu einer vollständigen Übereinstimmung mit den eigenen Vorstellungen. Eine unüberlegte Käuferwahl kann dazu führen, dass zentrale Verkaufsziele verfehlt werden. Dieser Beitrag beleuchtet daher die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale verschiedener Käuferprofile und bietet eine erste strukturierte Orientierungshilfe für die gezielte Auswahl möglicher Erwerber.
Im Folgenden stehen zwei zentrale Dimensionen im Fokus: die Gesellschafterstruktur des potenziellen Käufers und das angestrebte Zielbild nach der Übernahme. Neben dem reinen Verkaufspreis und dem oft entscheidenden „Nasenfaktor“ spielen diese beiden Aspekte erfahrungsgemäß eine maßgebliche Rolle in den Überlegungen von Verkäufern.
Dimension: Gesellschafterstruktur
Die Gesellschafterstruktur des potenziellen Käufers kann maßgeblichen Einfluss auf die strategische Ausrichtung und die operativen Aktivitäten nach der Übernahme haben. Grundsätzlich lassen sich drei unterschiedliche Modelle im deutschen Versicherungsmaklermarkt beobachten, wobei eine trennscharfe Zuordnung einzelner Konsolidierer nicht immer möglich ist:
- Private Equity-dominierte Unternehmen: Diese Käufer werden maßgeblich von Private Equity-Gesellschaften finanziert. Ihr Fokus liegt auf einer schnellen Wertsteigerung mit dem Ziel, das Unternehmen innerhalb eines definierten Zeitraums gewinnbringend weiterzuveräußern. Dies führt oft zu einer aggressiven Wachstums- oder einer strikten Profitabilisierungsstrategie. Während sich Private-Equity-Investoren in der Vergangenheit auf angelsächsische Versicherungsmärkte konzentrierten, rückte der fragmentierte deutsche Maklermarkt innerhalb der letzten Jahre zunehmend in den Fokus. Im deutschen Maklermarkt ist jedoch zu beobachten, dass reine Private Equity-Konsolidierer kaum existieren und stattdessen meist hybride Modelle seitens der Investoren bevorzugt werden.
- Mischmodelle: Diese Form kombiniert Investorenkapital mit einer fortgesetzten Beteiligung der Alteigentümer. Die bisherigen Gesellschafter behalten (relevante) Anteile am Unternehmen und sind oft strategisch sowie operativ weiterhin involviert. Sie bringen ihre Marktkenntnis ein, unterstützen die Entwicklung des Unternehmens und bleiben häufig in Schlüsselpositionen tätig. Im Gegenzug erhält das Unternehmen frisches Kapital für weiteres Wachstum. Diese Mischform ist im deutschen Markt besonders beliebt, da sie eine Balance zwischen Investoreninteressen und langfristiger Stabilität schafft. Einerseits erschließen sich Kapitalinvestoren eine hinreichend große Plattform – häufig auch als „Nucleus“ bezeichnet –, auf die weitere Akquisitionen möglich sind, und erhalten zudem wertvolle Zugänge zu Maklernetzwerken des Alteigentümers, um das Wachstum vor allem in der Anfangszeit zu begünstigen. Das Rational der Altgesellschafter liegt vor allem in einem schnelleren Wachstum, um künftig weiterhin eine marktbedeutende Stellung einzunehmen bzw. aufzubauen sowie, darauf aufbauend, in der Sicherung des eigenen Lebenswerks. Ebenfalls wird die Wertsteigerung der verbleibenden Unternehmensanteile im Zuge des weiteren Wachstums eine Rolle spielen.
- Familien- bzw. inhabergeführte Unternehmen: Diese Käufer sind vollständig oder überwiegend in Familienbesitz und verfolgen oft eine langfristigere Strategie. Da sie nicht dem kurzfristigen Renditedruck externer Investoren unterliegen, agieren sie selektiver bei Zukäufen und setzen stärker auf organisches Wachstum. Zukäufe erfolgen meist zur Erschließung neuer Vertriebsregionen, zur Ergänzung um fehlende Specialties oder zur Stärkung und Ausbau vorhandener Expertise. Im deutschen Maklermarkt gibt es wenige große Maklergruppen, welche diese gesellschaftsrechtliche Aufstellung gewählt haben. Perspektivisch wird sich die Frage stellen, ob solche Marktteilnehmer mit den oft dynamischeren, kapitalstarken Wettbewerbern mithalten können bzw. wollen oder ob die gewählte Anteilssituation bewusst zur strategischen Differenzierung zu anderen Käufern im Markt dienen soll.
Die Bandbreite an Käufertypen bietet für jeden Verkäufer eine passende Option: von eher kurz- bis mittelfristig orientierten Private-Equity-Modellen bis hin zu eher langfristig ausgerichteten, familiengeführten Unternehmen. Mischmodelle können dabei eine Brücke zwischen diesen beiden „Extremen“ darstellen. Entscheidend ist, dass der Verkäufer die für seine Ziele und Vorstellungen potenziell passenden Käufer frühzeitig analysiert, da die jeweils vorliegende gesellschaftsrechtliche Aufstellung bedeutende Implikationen für die Perspektive der eigenen Unternehmung nach einem Verkauf haben kann.
Dimension: Zielbild
Ein weiterer zentraler Faktor bei der Wahl des Käufers ist das angestrebte Zielbild nach der Übernahme, insbesondere der Integrationsgrad des übernommenen Maklerunternehmens in die Strukturen des Käufers. Das Spektrum reicht von einer weitgehend eigenständigen Fortführung des Maklerhauses bis hin zur vollständigen Eingliederung. Verkäufer sollten daher frühzeitig folgende Aspekte für sich prüfen und sich die Frage stellen, wie viel sie bereit sind, auf- bzw. abzugeben:
- Zentrale Services: Viele Käufer verfolgen das Ziel, Synergien zu heben und Skaleneffekte zu generieren. Dieses kann die Zentralisierung von IT, Buchhaltung, Marketing oder Personalthemen bedeuten. Während der Bezug von zentralen Services Effizienzsteigerungen mit sich bringt, bedeutet es zugleich den Verlust eigenständiger administrativer Prozesse vor Ort. Inwiefern ein Käufer Funktionen zentralisieren möchte, für die beim Verkäufer bereits bestimmte Mitarbeiter zuständig sind (zum Beispiel Buchführung), ist oftmals eine Individualabsprache zwischen den beiden Parteien und somit einzelfallbezogen.
- Markenauftritt: Während einige Käufer das erworbene Unternehmen unter der bestehenden Marke weiterführen, setzen andere auf eine vollständige Integration in ihr Branding. Eine einheitliche Markenstrategie kann Vorteile in der Marktkommunikation, Wiedererkennbarkeit und im Recruiting bringen, könnte aber auch den Verlust einer etablierten Identität bedeuten. Im deutschen Markt zeigt sich, dass kleinere Makler meist direkt in der Marke des Käufers aufgehen, während größere Makler oder Spezialmakler oft ihre Marken-Eigenständigkeit behalten. Insbesondere Spezialmakler haben sich bei ihren spezifischen Zielgruppen über Jahre bzw. Jahrzehnte hinweg etabliert und ein Untergang ihrer Marken könnte zu massiven Kundenverlusten führen. Eine interessante Übergangslösung kann die Nutzung einer Hybridmarke sein, bei der der bisherige Markenname für einen definierten Zeitraum von zumeist zwei bis vier Jahren mit einem Zusatz wie „Ein Unternehmen der …“ versehen wird. Verkäufer sollten sich bewusst machen, ob eine eigenständige Markenführung für ihr Unternehmen zwingend notwendig ist oder ob dieses lediglich aus emotionalen Gründen gewünscht ist. Ratsam ist in jedem Fall, dieses Thema frühzeitig in Verkaufsgesprächen zu adressieren, um eine passende Lösung mit dem potenziellen Käufer zu finden.
- Standort und Mitarbeiter: Große Käufer verfügen oft über eine flächendeckende regionale Präsenz, was dazu führen kann, dass Standorte zusammengelegt oder geschlossen werden, um Kosten zu optimieren und betriebliche Abläufe auf Unternehmensstandards zu bringen. Dies kann die betriebliche Effizienz steigern und neue Entwicklungsmöglichkeiten für Mitarbeiter bieten. Auf der anderen Seite besteht das Risiko von Kulturkonflikten und Anpassungsschwierigkeiten zwischen den beiden Organisationen führen. Ebenso besteht die Gefahr von Mitarbeiterverlusten, sofern der neue Standort in unzumutbarer Entfernung zum bisherigen Arbeitsplatz des Angestellten liegt. Besonders kritisch ist dies, wenn langjährige Kundenbeziehungen durch den Wegfall gewohnter Ansprechpartner beeinträchtigt werden oder im Extremfall auch zu einem Kundenabrieb führen.
Die vorherigen Ausführungen zeigen, dass das angestrebte Zielbild eines Käufers maßgeblich die Art und Weise der Fortführung des verkaufenden Maklerunternehmens beeinflusst. In der Praxis gibt es hinsichtlich der genannten Aspekte häufig Verhandlungsspielräume. Verkäufer sollten sich jedoch frühzeitig klar darüber werden, in welchem Maß sie bereit sind, sich in eine größere Organisation zu integrieren und welche Kompromisse sie eingehen möchten. Es ist regelmäßig in der Praxis zu beobachten, dass eine hohe Kompromissbereitschaft in bestimmten Bereichen oftmals zu attraktiveren Kaufpreiskonditionen führt und die Weichen für eine erfolgreiche Übergabe stellt. Wer jedoch zu keinen Zugeständnissen bereit ist, schränkt seine Verhandlungsposition sowie den potenziellen Käuferkreis erheblich ein.
Fazit
Die Konsolidierung des Marktes schreitet voran, Investorenstrategien und Zielbilder verändern sich laufend. Auch die Bedürfnisse der Maklerunternehmen selbst unterliegen einem stetigen Wandel. In diesem Umfeld ist die Auswahl des Käufers ein Balanceakt zwischen wirtschaftlichen, strategischen und emotionalen Aspekten. Je klarer sich Verkäufer ihrer Prioritäten bei der Käuferwahl bewusst sind, desto erfolgreicher wird der Verhandlungs- und Verkaufsprozess verlaufen – sowohl im Hinblick auf die finanzielle Ausgestaltung als auch auf die nachhaltige Fortführung des Unternehmens.
Über SECHZEHN54
SECHZEHN54 ist ein auf Finanz- und Versicherungsmakler spezialisiertes und unabhängiges Beratungsunternehmen und unterstützt bei sämtlichen Aktivitäten des Unternehmensverkaufs sowie der strategischen Nachfolge. Die Mission von SECHZEHN54 ist es, mittels maßgeschneiderter Lösungsansätze den wichtigsten Schritt im unternehmerischen Leben zu begleiten: die erfolgreiche Übergabe des Lebenswerks in die nächste Generation.

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