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28. August 2020
Wie nutze ich die vorhandenen Kundenpotenziale optimal?

Wie nutze ich die vorhandenen Kundenpotenziale optimal?

Für eine erfolgreiche Zukunft benötigt jedes Vermittlerunternehmen zunächst eine Standortbestimmung. Die Analyse des Bestands ist die Ausgangsbasis für eine langfristige Strategie. Hilfe von außen kann da manchem Betrieb helfen, unterstreicht Hartmut Pfaffinger, Inhaber der Pfaffinger Consulting.

Der Wert eines Vermittlerbetriebs beruht auf seinen vorhandenen Kunden und der möglichst optimalen Ausnutzung der Kundenpotenziale. Diesen Wert kann man gezielt nach oben steigern. Dazu braucht es eine klar definierte Vorgehensweise, die systematisch und konsequent umgesetzt werden muss. Wenig hilfreich ist es dabei, einfach Tipps von sogenannten „Best Performern“ übernehmen zu wollen. Die Aneinanderreihung von vielleicht gut gemeinten Vorschlägen ist noch kein Garant für die gedeihliche Entwicklung des eigenen Vermittlerbetriebes. Hier braucht es vor allem eine ausführliche Analyse des eigenen Zahlenmaterials, um daraus eine verlässliche Standortbestimmung ableiten zu können.

Dies ist dann die Basis für die weitere Vorgehensweise. In der Praxis zeigt sich aber immer wieder, dass diese Standortbestimmung keine Selbstverständlichkeit ist. Deshalb werden die vorhandenen Kundenpotenziale oftmals nicht voll ausgeschöpft. Für die richtige Vorgehensweise gibt es einige Ansatzpunkte.

Die Potenziale heute und morgen richtig nutzen

In vielen Fällen wird der Kundenbestand nicht richtig genutzt. Sehen wir uns dazu mal typische Verteilungszahlen eines Vermittlerbetriebes im Privatkundenbereich an. Bei den 685 A-Kunden beträgt der Kompositbestand 1,5 Mio. Euro, bei den 1.125 B-Kunden 1,2 Mio. Euro und bei den 3.785 C-Kunden 1,1 Mio. Euro. Im Durchschnitt haben die Kundenhaushalte zwischen sechs und neun Verträge bereits abgeschlossen. Die Frage ist nur, bei wem? Etwas über 4 Mio. Euro Kompositbestand liegen noch beim Wettbewerb.

Hier braucht es also eine konkrete Strategie, die Potenziale zu heben. Sehr zufriedene Kunden sind dabei die Basis. Welche Maßnahmen helfen, kurzfristig das Blatt zu wenden? Ein differenziertes Leistungsversprechen pro Kundengruppe ist der Ausgangspunkt. Die gezielte Ansprache der C-Kunden auf einen Leistungsvergleich zu den aktuell beim Wettbewerb bestehenden Verträgen sollte mindestens zwei – besser vier – Kunden (auf zehn darauf angesprochene Kunden) dazu bringen, den Versicherungsordner zu übergeben.

Bei den bereits sehr zufriedenen Kunden (in der Regel die A-Kunden) hilft eine klar fokussierte Empfehlungsstrategie. Im Durchschnitt spricht jeder sehr zufriedene Kunde 2,1 indirekte Empfehlungen pro Jahr aus. Nur, mit welcher Methodik wird dieser Schatz gehoben? Auch hier braucht es eine klare Vorgehensweise.

Themen außerhalb der eigenen Kernkompetenz

In manchen Vermittlerbetrieben ist die Altersstruktur des Bestandes „in die Jahre“ gekommen. Im Markt liegt die Altersgruppe der 66-Jährigen und älter bei rund 25% der volljährigen Bevölkerung. Wenn der eigene Kundenbestand aber bei dieser Bevölkerungsgruppe 35%, 45% oder mehr als 50% des Kundenbestandes ausmacht, ist dringend Handlungsbedarf gegeben. Deshalb runden Themen außerhalb der eigenen Kernkompetenz das eigene Leistungsprofil ab. Es ist deshalb wichtig zu verstehen, dass Themen wie Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung oder Sorgerechtsverfügung in das Angebot mit aufzunehmen sind, denn hier besteht noch viel Entwicklungspotenzial.

Welche Prozesse müssen unbedingt funktionieren?

Die fachlichen Prozesse wie Antragsbearbeitung, Schadenbearbeitung usw. setzen wir mal als gegeben voraus. Das Hauptproblem mancher Vermittlerbetriebe ist die Tatsache, dass die Beratung der Kunden und die Betreuung der Kunden zwar zwei Seiten der gleichen Medaille sind, dies aber nicht erkannt wird. Die Vorgehensweise bei der Neukundengewinnung muss sich konsequent über ein besonderes „Wohlfühlpaket“ der nächsten zwölf Monate hin zu einer regelmäßigen Betreuung und Beratung des Kunden entwickeln. Über regelmäßige Risiko- und VorsorgeChecks muss es zu einer Fortschreibung des persönlichen Sicherheits- und Vorsorgekonzeptes für den Kunden und seiner Familie kommen. Dazwischen erfolgen regelmäßige Serviceanrufe oder digitale Varianten in der Kommunikation und Umsetzung.

Das alles braucht ein differenziertes Betreuungskonzept und ein modernes Beratungskonzept aus einem Guss, sprich aus einer Hand. „Zusammenstückeln“ hilft hier nicht wirklich. Jeder, der im Kundenkontakt steht, also auch der vermeintliche „nur“ Innendienstmitarbeiter, hat hier seine „Vertriebsaufgabe“ zu erfüllen. Erkennt er diese aber auch und kann entsprechend handeln? Oftmals sind hier starke Verbesserungspotenziale vorhanden.

Gibt es bisher nicht erkannte oder nicht genutzte Ressourcen?

In fast jedem Vermittlerbetrieb gibt es diese nicht erkannten oder nicht genutzten Ressourcen. Deshalb sollte es eine jährliche Überprüfung der relevanten Prozesse geben. Hier können exemplarisch nur einige Beispiele aufgezeigt werden.

Beispiel 1

Um einen Kunden überhaupt zu gewinnen, ist man am Anfang auch mal mit einem Teilmandat zufrieden. Aber wenn dies noch nach einigen Jahren so ist, muss in der Regel was falsch gelaufen sein. Noch prekärer wird es, wenn man zwar ein Vollmandat hat, aber noch nicht alle Verträge in der eigenen Betreuung sind.

Beispiel 2

Zu einem bestehenden Kompositvertrag erkennt der Versicherer das Mandat nicht voll an, vielmehr beruft er sich auf die Position des Korrespondenzmaklers. Jetzt kann es vorkommen, dass der Mitarbeiter des Maklers dies wegen Arbeitsüberlastung nicht besonders beachtet. In einem konkreten Fall waren das schon mal gut mehr als 200 Hausrat- und Gebäudeverträge. Von der wichtigen Haftungsfrage mal abgesehen ergeben sich hier auch deutliche Ertragsausfälle.

Beispiel 3

Für jeden Außendienstmitarbeiter sollte es Ziel sein, im Jahr mindestens 15 Empfehlungen zu erhalten. 25 bis 30 Empfehlungen wäre schon eine stabile Leistung.

Beispiel 4

Ziel einer digitalen Betreuung und Beratung sollte sein, innerhalb von zwei Jahren zwischen 20 und 30% der Gespräche über digitale Kanäle zu führen. Beginnen muss man aber jetzt. Jeder Kontakt mit dem Kunden birgt Vertriebsansätze. Die systematische Ansprache der Kunden ist aber Voraussetzung. Wird dies geübt?

Wie kann ich in wenigen Schritten den notwendigen Kurswechsel einleiten?

Das Erkennen möglicher Ansatzpunkte ist die leichtere Übung. Kunden und Mitarbeiter geben jede Menge Ansatzpunkte. Viel wichtiger ist die Fokussierung auf wenige Themen, vielleicht auf zwei bis drei. Ein spitzer Ansatz ist fast immer dem breiten Angehen eines Themas vorzuziehen. Nur in Ausnahmefällen sollte man anders vorgehen.

Die entscheidenden Themen sind die vorhandene oder auch nicht vorhandene Kompetenz zur Analyse der Ausgangssituation, zur Erarbeitung von Lösungsansätzen und die Umsetzungsgeschwindigkeit im Vorhaben. Reiner Aktionismus ist hier nicht wirklich zielführend. Diese Vorgehensweise sollte auf jeden Fall vermieden werden.

Wenn man sich in den Bergen in einem unbekannten Gebiet oder schwierigen Gelände bewegt, ist es oftmals ratsam, sich die Dienste eines Bergführers zu sichern. Warum soll diese Erkenntnis nicht auch im unternehmerischen Alltag gelten? Nicht jeder kann alles oder muss alles wissen. Ein erfahrener Unternehmensberater, spezialisiert auf Vermittlerbetriebe, kann hier schnelle und wirksame Unterstützung geben. Da dies noch vom Bund mit bis zu 80% Zuschuss zu den Beratungskosten gefördert wird, sollten Vermittler mit der Umsetzung gleich beginnen.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.

Bild oben: © oatawa – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Hartmut Pfaffinger